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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. XV. Capitul.
den allergrösten Staats-Ministris vorgehen, wie
denn auch wohl keinen einfallen wird, ein Dubium
herüber zu erregen; Mit den natürlichen Kindern
aber hat es eine andere Bewandniß. Das Glück
das einige die von dem König in Franckreich Lud-
wig den XIV aus unächten Ehe-Bette erzeuget,
genossen, da sie vor Printzen vom Geblüthe erklä-
ret worden, wiederfähret nicht allen. Man hat
bey den natürlichen Kindern bißweilen ein gewisses
Reglement. An einigen Höfen wird ihr Rang
in den Rang-Ordnungen mit exprimiret, ohne
daß der Unterscheid ihrer Mütter, von denen sie
gebohren worden, in Betrachtung gezogen wird,
an andern aber bekommen sie einen Platz nach
dem Unterschied ihrer Dignitaeten, und des Stan-
des den sie erhalten, auch nach dem unterschiednen
grad der Liebe, mit dem ihre Durchlauchtigsten
Väter ihnen zugethan.

§. 12. Die Hoch-Fürstlichen Herren Vettern
und hohen Anverwandten von Hause, haben die
nächste Stelle nach den Fürstlichen Kindern, und
werden allen Officianten von Adelichen und Gräf-
lichen Stande vorgezogen. Bißweilen setzet es
aber sehr scharffe Disputen nicht allein unter ihnen
selbsten, sondern auch unter den höchsten Hof-
Staats- und Kriegs-Ministern, die mit ihnen ei-
nes gleichen Standes sind, diese und andere der-
gleichen Rang-Streitigkeiten werden meistentheils
durch mancherley Temperamente beygelegt. Jm
Monath December anno 1723. ward ein Rang-

Streit

I. Theil. XV. Capitul.
den allergroͤſten Staats-Miniſtris vorgehen, wie
denn auch wohl keinen einfallen wird, ein Dubium
heruͤber zu erregen; Mit den natuͤrlichen Kindern
aber hat es eine andere Bewandniß. Das Gluͤck
das einige die von dem Koͤnig in Franckreich Lud-
wig den XIV aus unaͤchten Ehe-Bette erzeuget,
genoſſen, da ſie vor Printzen vom Gebluͤthe erklaͤ-
ret worden, wiederfaͤhret nicht allen. Man hat
bey den natuͤrlichen Kindern bißweilen ein gewiſſes
Reglement. An einigen Hoͤfen wird ihr Rang
in den Rang-Ordnungen mit exprimiret, ohne
daß der Unterſcheid ihrer Muͤtter, von denen ſie
gebohren worden, in Betrachtung gezogen wird,
an andern aber bekommen ſie einen Platz nach
dem Unterſchied ihrer Dignitæten, und des Stan-
des den ſie erhalten, auch nach dem unterſchiednen
grad der Liebe, mit dem ihre Durchlauchtigſten
Vaͤter ihnen zugethan.

§. 12. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Herren Vettern
und hohen Anverwandten von Hauſe, haben die
naͤchſte Stelle nach den Fuͤrſtlichen Kindern, und
werden allen Officianten von Adelichen und Graͤf-
lichen Stande vorgezogen. Bißweilen ſetzet es
aber ſehr ſcharffe Diſputen nicht allein unter ihnen
ſelbſten, ſondern auch unter den hoͤchſten Hof-
Staats- und Kriegs-Miniſtern, die mit ihnen ei-
nes gleichen Standes ſind, dieſe und andere der-
gleichen Rang-Streitigkeiten werden meiſtentheils
durch mancherley Temperamente beygelegt. Jm
Monath December anno 1723. ward ein Rang-

Streit
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[266/0290] I. Theil. XV. Capitul. den allergroͤſten Staats-Miniſtris vorgehen, wie denn auch wohl keinen einfallen wird, ein Dubium heruͤber zu erregen; Mit den natuͤrlichen Kindern aber hat es eine andere Bewandniß. Das Gluͤck das einige die von dem Koͤnig in Franckreich Lud- wig den XIV aus unaͤchten Ehe-Bette erzeuget, genoſſen, da ſie vor Printzen vom Gebluͤthe erklaͤ- ret worden, wiederfaͤhret nicht allen. Man hat bey den natuͤrlichen Kindern bißweilen ein gewiſſes Reglement. An einigen Hoͤfen wird ihr Rang in den Rang-Ordnungen mit exprimiret, ohne daß der Unterſcheid ihrer Muͤtter, von denen ſie gebohren worden, in Betrachtung gezogen wird, an andern aber bekommen ſie einen Platz nach dem Unterſchied ihrer Dignitæten, und des Stan- des den ſie erhalten, auch nach dem unterſchiednen grad der Liebe, mit dem ihre Durchlauchtigſten Vaͤter ihnen zugethan. §. 12. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Herren Vettern und hohen Anverwandten von Hauſe, haben die naͤchſte Stelle nach den Fuͤrſtlichen Kindern, und werden allen Officianten von Adelichen und Graͤf- lichen Stande vorgezogen. Bißweilen ſetzet es aber ſehr ſcharffe Diſputen nicht allein unter ihnen ſelbſten, ſondern auch unter den hoͤchſten Hof- Staats- und Kriegs-Miniſtern, die mit ihnen ei- nes gleichen Standes ſind, dieſe und andere der- gleichen Rang-Streitigkeiten werden meiſtentheils durch mancherley Temperamente beygelegt. Jm Monath December anno 1723. ward ein Rang- Streit

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/290>, abgerufen am 22.11.2024.