Diese dancken in dem Antwort-Schreiben vor die übermachten Leich-Predigten, und versichern, daß sie sothane Trauer-Schrifften nicht nur zu schuldi- gen Ehren Seiner hochseeligen Liebden durchsehen, sondern auch zu Dero steten Andencken verwahr- lich beyzubehalten, sich angelegen seyn lassen wol- len.
§. 3. Nach eingekommenen Notification-Schrei- ben wird die Trauer bey Hofe, nach dem Unter- schied der nahen Anverwandtschafft oder andern Considerationen, auf eine kürtzere oder längere Zeit angelegt. Bißweilen dauren die Trauern nur ein sechs Wochen oder ein Viertel-Jahr, und diese werden insgemein die Cammer-Trauern ge- nennet, bißweilen aber auch ein halbes und ein gantz Jahr.
§. 4. Es ist nicht ungewöhnlich, daß die grossen Herren einander betrauren, ob sie schon in Kriege mit einander verwickelt. Sie stellen sich bißwei- len an, als ob ihnen der tödtliche Verlust dessen, der sich doch als Feind gegen sie declarirt, sehr nahe zu Hertzen gehe, oder bemühen sich doch, die Freude die sie in ihrem Gemüthe über einen gewissen To- des-Fall empfunden, vor der Welt zu verbergen. Also ließ der vorige König in Franckreich Ludwig der XIV, so bald er die Zeitung von dem Absterben des Königs in Engelland Williams des III. erfah- ren, dem General-Lieutenant der Policey Mon- sieur d' Argencon anbefehlen, alle benöthigte Sorgfalt anzuwenden, damit der Pöbel über des-
sen
X 5
Von Hof- und Land-Trauern.
Dieſe dancken in dem Antwort-Schreiben vor die uͤbermachten Leich-Predigten, und verſichern, daß ſie ſothane Trauer-Schrifften nicht nur zu ſchuldi- gen Ehren Seiner hochſeeligen Liebden durchſehen, ſondern auch zu Dero ſteten Andencken verwahr- lich beyzubehalten, ſich angelegen ſeyn laſſen wol- len.
§. 3. Nach eingekommenen Notification-Schrei- ben wird die Trauer bey Hofe, nach dem Unter- ſchied der nahen Anverwandtſchafft oder andern Conſiderationen, auf eine kuͤrtzere oder laͤngere Zeit angelegt. Bißweilen dauren die Trauern nur ein ſechs Wochen oder ein Viertel-Jahr, und dieſe werden insgemein die Cammer-Trauern ge- nennet, bißweilen aber auch ein halbes und ein gantz Jahr.
§. 4. Es iſt nicht ungewoͤhnlich, daß die groſſen Herren einander betrauren, ob ſie ſchon in Kriege mit einander verwickelt. Sie ſtellen ſich bißwei- len an, als ob ihnen der toͤdtliche Verluſt deſſen, der ſich doch als Feind gegen ſie declarirt, ſehr nahe zu Hertzen gehe, oder bemuͤhen ſich doch, die Freude die ſie in ihrem Gemuͤthe uͤber einen gewiſſen To- des-Fall empfunden, vor der Welt zu verbergen. Alſo ließ der vorige Koͤnig in Franckreich Ludwig der XIV, ſo bald er die Zeitung von dem Abſterben des Koͤnigs in Engelland Williams des III. erfah- ren, dem General-Lieutenant der Policey Mon- ſieur d’ Argençon anbefehlen, alle benoͤthigte Sorgfalt anzuwenden, damit der Poͤbel uͤber deſ-
ſen
X 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0353"n="329"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von Hof- und Land-Trauern.</hi></fw><lb/>
Dieſe dancken in dem Antwort-Schreiben vor die<lb/>
uͤbermachten Leich-Predigten, und verſichern, daß<lb/>ſie ſothane Trauer-Schrifften nicht nur zu ſchuldi-<lb/>
gen Ehren Seiner hochſeeligen Liebden durchſehen,<lb/>ſondern auch zu Dero ſteten Andencken verwahr-<lb/>
lich beyzubehalten, ſich angelegen ſeyn laſſen wol-<lb/>
len.</p><lb/><p>§. 3. Nach eingekommenen <hirendition="#aq">Notification-</hi>Schrei-<lb/>
ben wird die Trauer bey Hofe, nach dem Unter-<lb/>ſchied der nahen Anverwandtſchafft oder andern<lb/><hirendition="#aq">Conſideration</hi>en, auf eine kuͤrtzere oder laͤngere<lb/>
Zeit angelegt. Bißweilen dauren die Trauern<lb/>
nur ein ſechs Wochen oder ein Viertel-Jahr, und<lb/>
dieſe werden insgemein die Cammer-Trauern ge-<lb/>
nennet, bißweilen aber auch ein halbes und ein gantz<lb/>
Jahr.</p><lb/><p>§. 4. Es iſt nicht ungewoͤhnlich, daß die groſſen<lb/>
Herren einander betrauren, ob ſie ſchon in Kriege<lb/>
mit einander verwickelt. Sie ſtellen ſich bißwei-<lb/>
len an, als ob ihnen der toͤdtliche Verluſt deſſen, der<lb/>ſich doch als Feind gegen ſie <hirendition="#aq">declari</hi>rt, ſehr nahe zu<lb/>
Hertzen gehe, oder bemuͤhen ſich doch, die Freude<lb/>
die ſie in ihrem Gemuͤthe uͤber einen gewiſſen To-<lb/>
des-Fall empfunden, vor der Welt zu verbergen.<lb/>
Alſo ließ der vorige Koͤnig in Franckreich Ludwig<lb/>
der <hirendition="#aq">XIV,</hi>ſo bald er die Zeitung von dem Abſterben<lb/>
des Koͤnigs in Engelland Williams des <hirendition="#aq">III.</hi> erfah-<lb/>
ren, dem <hirendition="#aq">General-Lieutenant</hi> der Policey <hirendition="#aq">Mon-<lb/>ſieur d’ Argençon</hi> anbefehlen, alle benoͤthigte<lb/>
Sorgfalt anzuwenden, damit der Poͤbel uͤber deſ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[329/0353]
Von Hof- und Land-Trauern.
Dieſe dancken in dem Antwort-Schreiben vor die
uͤbermachten Leich-Predigten, und verſichern, daß
ſie ſothane Trauer-Schrifften nicht nur zu ſchuldi-
gen Ehren Seiner hochſeeligen Liebden durchſehen,
ſondern auch zu Dero ſteten Andencken verwahr-
lich beyzubehalten, ſich angelegen ſeyn laſſen wol-
len.
§. 3. Nach eingekommenen Notification-Schrei-
ben wird die Trauer bey Hofe, nach dem Unter-
ſchied der nahen Anverwandtſchafft oder andern
Conſiderationen, auf eine kuͤrtzere oder laͤngere
Zeit angelegt. Bißweilen dauren die Trauern
nur ein ſechs Wochen oder ein Viertel-Jahr, und
dieſe werden insgemein die Cammer-Trauern ge-
nennet, bißweilen aber auch ein halbes und ein gantz
Jahr.
§. 4. Es iſt nicht ungewoͤhnlich, daß die groſſen
Herren einander betrauren, ob ſie ſchon in Kriege
mit einander verwickelt. Sie ſtellen ſich bißwei-
len an, als ob ihnen der toͤdtliche Verluſt deſſen, der
ſich doch als Feind gegen ſie declarirt, ſehr nahe zu
Hertzen gehe, oder bemuͤhen ſich doch, die Freude
die ſie in ihrem Gemuͤthe uͤber einen gewiſſen To-
des-Fall empfunden, vor der Welt zu verbergen.
Alſo ließ der vorige Koͤnig in Franckreich Ludwig
der XIV, ſo bald er die Zeitung von dem Abſterben
des Koͤnigs in Engelland Williams des III. erfah-
ren, dem General-Lieutenant der Policey Mon-
ſieur d’ Argençon anbefehlen, alle benoͤthigte
Sorgfalt anzuwenden, damit der Poͤbel uͤber deſ-
ſen
X 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/353>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.