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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Rang u. Praecedenz grosser Herren.
Gottesdienst und sonst aller Orten, wo sie zusam-
men kommen.

§. 11. Wo ein Cron-Printz, dessen regierender
Herr Vater und König der Zeit annoch am Leben,
und dann ein regierender Churfürst in des Vaters
des Königes oder eines andern Churfürsten oder
Fürsten Hof-Lager, und in publicis conventibus
zusammen kommen, da ist die Sache ratione des
Vortritts und der Praecedenz noch nicht so ausge-
macht. Die Cron-Printzen führen an, daß sie
in dem Blute bereits die Königliche Majestät trü-
gen, da hingegen die Churfürsten nur den Königen
gleiche Dignitaet aber keine Succession zur König-
lichen Majestät hätten, es wäre nie erhört, daß ein
Cron-Printz am dritten Orte einem Churfürsten
den Rang und die Praecedenz gegeben, und also
stritte in diesen Fall eine perpetuirliche Possess für
die Cron-Printzen. Die Churfürsten führen an,
der Vorzug den ein König vor den Churfürsten
hätte, schlöße die Cron-Printzen nicht mit in sich, es
wäre nur eine eintzige Majestät in der Person des
Königes, und keinen Cron-Printzen wäre iemahls
ein actus possessionis zugestanden worden.

§. 12. Man hat unterschiedene Exempel, daß Kö-
nigliche Prinzeßinnen nicht allein den Rang vor al-
len souverainen Fürstinnen in Europa, sondern
auch den Churfürstinnen öffters praetendiret, iedoch
die regierenden Churfürstinnen haben dergleichen
praetendirte Praerogativ niemahls directe agno-
sci
ren wollen. Die Königlichen Brüder haben

eben
Y 5

Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
Gottesdienſt und ſonſt aller Orten, wo ſie zuſam-
men kommen.

§. 11. Wo ein Cron-Printz, deſſen regierender
Herr Vater und Koͤnig der Zeit annoch am Leben,
und dann ein regierender Churfuͤrſt in des Vaters
des Koͤniges oder eines andern Churfuͤrſten oder
Fuͤrſten Hof-Lager, und in publicis conventibus
zuſammen kommen, da iſt die Sache ratione des
Vortritts und der Præcedenz noch nicht ſo ausge-
macht. Die Cron-Printzen fuͤhren an, daß ſie
in dem Blute bereits die Koͤnigliche Majeſtaͤt truͤ-
gen, da hingegen die Churfuͤrſten nur den Koͤnigen
gleiche Dignitæt aber keine Succeſſion zur Koͤnig-
lichen Majeſtaͤt haͤtten, es waͤre nie erhoͤrt, daß ein
Cron-Printz am dritten Orte einem Churfuͤrſten
den Rang und die Præcedenz gegeben, und alſo
ſtritte in dieſen Fall eine perpetuirliche Poſſeſs fuͤr
die Cron-Printzen. Die Churfuͤrſten fuͤhren an,
der Vorzug den ein Koͤnig vor den Churfuͤrſten
haͤtte, ſchloͤße die Cron-Printzen nicht mit in ſich, es
waͤre nur eine eintzige Majeſtaͤt in der Perſon des
Koͤniges, und keinen Cron-Printzen waͤre iemahls
ein actus poſſeſſionis zugeſtanden worden.

§. 12. Man hat unterſchiedene Exempel, daß Koͤ-
nigliche Prinzeßinnen nicht allein den Rang vor al-
len ſouverainen Fuͤrſtinnen in Europa, ſondern
auch den Churfuͤrſtinnen oͤffters prætendiret, iedoch
die regierenden Churfuͤrſtinnen haben dergleichen
prætendirte Prærogativ niemahls directe agno-
ſci
ren wollen. Die Koͤniglichen Bruͤder haben

eben
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[345/0369] Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren. Gottesdienſt und ſonſt aller Orten, wo ſie zuſam- men kommen. §. 11. Wo ein Cron-Printz, deſſen regierender Herr Vater und Koͤnig der Zeit annoch am Leben, und dann ein regierender Churfuͤrſt in des Vaters des Koͤniges oder eines andern Churfuͤrſten oder Fuͤrſten Hof-Lager, und in publicis conventibus zuſammen kommen, da iſt die Sache ratione des Vortritts und der Præcedenz noch nicht ſo ausge- macht. Die Cron-Printzen fuͤhren an, daß ſie in dem Blute bereits die Koͤnigliche Majeſtaͤt truͤ- gen, da hingegen die Churfuͤrſten nur den Koͤnigen gleiche Dignitæt aber keine Succeſſion zur Koͤnig- lichen Majeſtaͤt haͤtten, es waͤre nie erhoͤrt, daß ein Cron-Printz am dritten Orte einem Churfuͤrſten den Rang und die Præcedenz gegeben, und alſo ſtritte in dieſen Fall eine perpetuirliche Poſſeſs fuͤr die Cron-Printzen. Die Churfuͤrſten fuͤhren an, der Vorzug den ein Koͤnig vor den Churfuͤrſten haͤtte, ſchloͤße die Cron-Printzen nicht mit in ſich, es waͤre nur eine eintzige Majeſtaͤt in der Perſon des Koͤniges, und keinen Cron-Printzen waͤre iemahls ein actus poſſeſſionis zugeſtanden worden. §. 12. Man hat unterſchiedene Exempel, daß Koͤ- nigliche Prinzeßinnen nicht allein den Rang vor al- len ſouverainen Fuͤrſtinnen in Europa, ſondern auch den Churfuͤrſtinnen oͤffters prætendiret, iedoch die regierenden Churfuͤrſtinnen haben dergleichen prætendirte Prærogativ niemahls directe agno- ſciren wollen. Die Koͤniglichen Bruͤder haben eben Y 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/369>, abgerufen am 24.11.2024.