Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Visiten u. Zusammenk. grosser Herren.
ihn wieder auf, der Kayser giebt dem anredenden
Fürsten ein Zeichen, daß er sich auch bedeckt. Kurtz
darauf nimmt der Fürst den Hut wieder ab, und
redet ferner unbedeckt mit dem Kayser, welcher be-
deckt bleibet.

§. 30. Kan der Kayser Alters- oder Unpäßlich-
keit halber nicht stehen, sondern läst sich auf seinem
gesetzten Fauteuil nieder, so wird dem Fürsten eine
Chaise a dos oder schlechter Rücken-Stuhl gesetzt,
darauf er sich zu setzen vom Kayser genöthiget wird.
Nimmt er seinen Abtritt aus der Audienz, entdeckt
sich der Kayser wieder, setzt aber alsobald wieder auf,
und giebt ihm 2 biß 3 Schritte in dem Audienz-
Zimmer zur Thüre hinzu das Geleite.

§. 31. Es wird auch darinnen eine Distinction
gemacht, wenn ein geistlicher oder weltlicher Fürst
nicht so wohl in seinem Fürstlichen Character und
Qualität, sondern als ein Verwandter zum Kayser
oder zur Kayserin kommt. Diese werden nebst ih-
ren Gemahlinnen durch specielle Commissarios
unter Weges, und ehe sie zum Kayserlichen Hof-
Lager kommen, angenommen und becomplimen-
ti
ret, auch unter Weges defrayirt. Man logirt
sie zwar nicht in das Kayserliche ordentliche, sondern
Neben-Hof-Lager, so zu Wien die Stall-Burg
benennet wird. Sie und ihre Leute werden, so
lange sie in dem Kayserlichen Hof-Lager anwesend,
frey gehalten. Man nimmt sie an der Kayserin
Tafel, wenn der Kayser auf der Kayserin Seite

speist,
A a 2

Von Viſiten u. Zuſam̃enk. groſſer Herren.
ihn wieder auf, der Kayſer giebt dem anredenden
Fuͤrſten ein Zeichen, daß er ſich auch bedeckt. Kurtz
darauf nimmt der Fuͤrſt den Hut wieder ab, und
redet ferner unbedeckt mit dem Kayſer, welcher be-
deckt bleibet.

§. 30. Kan der Kayſer Alters- oder Unpaͤßlich-
keit halber nicht ſtehen, ſondern laͤſt ſich auf ſeinem
geſetzten Fauteuil nieder, ſo wird dem Fuͤrſten eine
Chaiſe a dos oder ſchlechter Ruͤcken-Stuhl geſetzt,
darauf er ſich zu ſetzen vom Kayſer genoͤthiget wird.
Nimmt er ſeinen Abtritt aus der Audienz, entdeckt
ſich der Kayſer wieder, ſetzt aber alſobald wieder auf,
und giebt ihm 2 biß 3 Schritte in dem Audienz-
Zimmer zur Thuͤre hinzu das Geleite.

§. 31. Es wird auch darinnen eine Diſtinction
gemacht, wenn ein geiſtlicher oder weltlicher Fuͤrſt
nicht ſo wohl in ſeinem Fuͤrſtlichen Character und
Qualitaͤt, ſondern als ein Verwandter zum Kayſer
oder zur Kayſerin kommt. Dieſe werden nebſt ih-
ren Gemahlinnen durch ſpecielle Commiſſarios
unter Weges, und ehe ſie zum Kayſerlichen Hof-
Lager kommen, angenommen und becomplimen-
ti
ret, auch unter Weges defrayirt. Man logirt
ſie zwar nicht in das Kayſerliche ordentliche, ſondern
Neben-Hof-Lager, ſo zu Wien die Stall-Burg
benennet wird. Sie und ihre Leute werden, ſo
lange ſie in dem Kayſerlichen Hof-Lager anweſend,
frey gehalten. Man nimmt ſie an der Kayſerin
Tafel, wenn der Kayſer auf der Kayſerin Seite

ſpeiſt,
A a 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0395" n="371"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en u. Zu&#x017F;am&#x0303;enk. gro&#x017F;&#x017F;er Herren.</hi></fw><lb/>
ihn wieder auf, der Kay&#x017F;er giebt dem anredenden<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten ein Zeichen, daß er &#x017F;ich auch bedeckt. Kurtz<lb/>
darauf nimmt der Fu&#x0364;r&#x017F;t den Hut wieder ab, und<lb/>
redet ferner unbedeckt mit dem Kay&#x017F;er, welcher be-<lb/>
deckt bleibet.</p><lb/>
          <p>§. 30. Kan der Kay&#x017F;er Alters- oder Unpa&#x0364;ßlich-<lb/>
keit halber nicht &#x017F;tehen, &#x017F;ondern la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich auf &#x017F;einem<lb/>
ge&#x017F;etzten <hi rendition="#aq">Fauteuil</hi> nieder, &#x017F;o wird dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten eine<lb/><hi rendition="#aq">Chai&#x017F;e a dos</hi> oder &#x017F;chlechter Ru&#x0364;cken-Stuhl ge&#x017F;etzt,<lb/>
darauf er &#x017F;ich zu &#x017F;etzen vom Kay&#x017F;er geno&#x0364;thiget wird.<lb/>
Nimmt er &#x017F;einen Abtritt aus der <hi rendition="#aq">Audienz,</hi> entdeckt<lb/>
&#x017F;ich der Kay&#x017F;er wieder, &#x017F;etzt aber al&#x017F;obald wieder auf,<lb/>
und giebt ihm 2 biß 3 Schritte in dem <hi rendition="#aq">Audienz-</hi><lb/>
Zimmer zur Thu&#x0364;re hinzu das Geleite.</p><lb/>
          <p>§. 31. Es wird auch darinnen eine <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tinction</hi><lb/>
gemacht, wenn ein gei&#x017F;tlicher oder weltlicher Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
nicht &#x017F;o wohl in &#x017F;einem Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">Character</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Qualit</hi>a&#x0364;t, &#x017F;ondern als ein Verwandter zum Kay&#x017F;er<lb/>
oder zur Kay&#x017F;erin kommt. Die&#x017F;e werden neb&#x017F;t ih-<lb/>
ren Gemahlinnen durch <hi rendition="#aq">&#x017F;pecielle Commi&#x017F;&#x017F;arios</hi><lb/>
unter Weges, und ehe &#x017F;ie zum Kay&#x017F;erlichen Hof-<lb/>
Lager kommen, angenommen und be<hi rendition="#aq">complimen-<lb/>
ti</hi>ret, auch unter Weges <hi rendition="#aq">defrayi</hi>rt. Man <hi rendition="#aq">logi</hi>rt<lb/>
&#x017F;ie zwar nicht in das Kay&#x017F;erliche ordentliche, &#x017F;ondern<lb/>
Neben-Hof-Lager, &#x017F;o zu Wien die Stall-Burg<lb/>
benennet wird. Sie und ihre Leute werden, &#x017F;o<lb/>
lange &#x017F;ie in dem Kay&#x017F;erlichen Hof-Lager anwe&#x017F;end,<lb/>
frey gehalten. Man nimmt &#x017F;ie an der Kay&#x017F;erin<lb/>
Tafel, wenn der Kay&#x017F;er auf der Kay&#x017F;erin Seite<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;pei&#x017F;t,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0395] Von Viſiten u. Zuſam̃enk. groſſer Herren. ihn wieder auf, der Kayſer giebt dem anredenden Fuͤrſten ein Zeichen, daß er ſich auch bedeckt. Kurtz darauf nimmt der Fuͤrſt den Hut wieder ab, und redet ferner unbedeckt mit dem Kayſer, welcher be- deckt bleibet. §. 30. Kan der Kayſer Alters- oder Unpaͤßlich- keit halber nicht ſtehen, ſondern laͤſt ſich auf ſeinem geſetzten Fauteuil nieder, ſo wird dem Fuͤrſten eine Chaiſe a dos oder ſchlechter Ruͤcken-Stuhl geſetzt, darauf er ſich zu ſetzen vom Kayſer genoͤthiget wird. Nimmt er ſeinen Abtritt aus der Audienz, entdeckt ſich der Kayſer wieder, ſetzt aber alſobald wieder auf, und giebt ihm 2 biß 3 Schritte in dem Audienz- Zimmer zur Thuͤre hinzu das Geleite. §. 31. Es wird auch darinnen eine Diſtinction gemacht, wenn ein geiſtlicher oder weltlicher Fuͤrſt nicht ſo wohl in ſeinem Fuͤrſtlichen Character und Qualitaͤt, ſondern als ein Verwandter zum Kayſer oder zur Kayſerin kommt. Dieſe werden nebſt ih- ren Gemahlinnen durch ſpecielle Commiſſarios unter Weges, und ehe ſie zum Kayſerlichen Hof- Lager kommen, angenommen und becomplimen- tiret, auch unter Weges defrayirt. Man logirt ſie zwar nicht in das Kayſerliche ordentliche, ſondern Neben-Hof-Lager, ſo zu Wien die Stall-Burg benennet wird. Sie und ihre Leute werden, ſo lange ſie in dem Kayſerlichen Hof-Lager anweſend, frey gehalten. Man nimmt ſie an der Kayſerin Tafel, wenn der Kayſer auf der Kayſerin Seite ſpeiſt, A a 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/395
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/395>, abgerufen am 23.11.2024.