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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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II. Theil. III. Capitul.
dem Türckischen Kayser anno 1720. am 24.
Octobr. seinen öffentlichen Einzug und Audienz
hatte, so ließ ihm der Groß-Vezier und den 30.
Personen von seinem Gefolge, kostbahre Caftane
überreichen, die sie über ihre Kleider anlegten; wie
solches geschehen, ward der Herr Gesandte nebst
den vornehmsten Personen, so bey ihm waren,
durch einen Capigi-Bassa in das Apartement des
Groß-Sultans geführt.

§. 56. Es hat sich von ein 50 oder 100 Jahren
her so wohl bey dem Audienz-Wesen der Abge-
sandten, als bey den andern Stücken des Ceremo-
niel-
Wesens an den meisten Höfen gar vieles ge-
ändert. Johann Finet gedencket in seinen auser-
lesenen Anmerckungen über das Ceremoniel der
Ambassadeurs p. 45. daß als anno 1618 die Rus-
sischen Gesandten am Englischen Hofe Audienz
gehabt, die Menge des Volcks verursacht hätte,
daß sie ihre unmäßige tieffe Ehrerbielung oder
vielmehr Anbetung nicht verrichten können, indem
sie nach ihren damahligen Gebrauch mit ihren
Häuptern dreymahl hätten die Erde schlagen sol-
len, es hätte aber dieses nur einmahl geschehen kön-
nen, und zwar da sie gantz nahe vor ihre Majestät
gestanden, welches sie nicht wenig aus ihrer Con-
tenance
gesetzt. Doch dieses ist heutiges Ta-
ges nicht mehr in Gebrauch.

§. 57. Die Gesandten thun ihre Anrede entwe-
der in ihrer eigenen Mutter-Sprache, oder in der
Sprache des Volcks zu welchen sie geschickt wer-

den.

II. Theil. III. Capitul.
dem Tuͤrckiſchen Kayſer anno 1720. am 24.
Octobr. ſeinen oͤffentlichen Einzug und Audienz
hatte, ſo ließ ihm der Groß-Vezier und den 30.
Perſonen von ſeinem Gefolge, koſtbahre Caftane
uͤberreichen, die ſie uͤber ihre Kleider anlegten; wie
ſolches geſchehen, ward der Herr Geſandte nebſt
den vornehmſten Perſonen, ſo bey ihm waren,
durch einen Capigi-Baſſa in das Apartement des
Groß-Sultans gefuͤhrt.

§. 56. Es hat ſich von ein 50 oder 100 Jahren
her ſo wohl bey dem Audienz-Weſen der Abge-
ſandten, als bey den andern Stuͤcken des Ceremo-
niel-
Weſens an den meiſten Hoͤfen gar vieles ge-
aͤndert. Johann Finet gedencket in ſeinen auser-
leſenen Anmerckungen uͤber das Ceremoniel der
Ambaſſadeurs p. 45. daß als anno 1618 die Ruſ-
ſiſchen Geſandten am Engliſchen Hofe Audienz
gehabt, die Menge des Volcks verurſacht haͤtte,
daß ſie ihre unmaͤßige tieffe Ehrerbielung oder
vielmehr Anbetung nicht verrichten koͤnnen, indem
ſie nach ihren damahligen Gebrauch mit ihren
Haͤuptern dreymahl haͤtten die Erde ſchlagen ſol-
len, es haͤtte aber dieſes nur einmahl geſchehen koͤn-
nen, und zwar da ſie gantz nahe vor ihre Majeſtaͤt
geſtanden, welches ſie nicht wenig aus ihrer Con-
tenance
geſetzt. Doch dieſes iſt heutiges Ta-
ges nicht mehr in Gebrauch.

§. 57. Die Geſandten thun ihre Anrede entwe-
der in ihrer eigenen Mutter-Sprache, oder in der
Sprache des Volcks zu welchen ſie geſchickt wer-

den.
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[404/0428] II. Theil. III. Capitul. dem Tuͤrckiſchen Kayſer anno 1720. am 24. Octobr. ſeinen oͤffentlichen Einzug und Audienz hatte, ſo ließ ihm der Groß-Vezier und den 30. Perſonen von ſeinem Gefolge, koſtbahre Caftane uͤberreichen, die ſie uͤber ihre Kleider anlegten; wie ſolches geſchehen, ward der Herr Geſandte nebſt den vornehmſten Perſonen, ſo bey ihm waren, durch einen Capigi-Baſſa in das Apartement des Groß-Sultans gefuͤhrt. §. 56. Es hat ſich von ein 50 oder 100 Jahren her ſo wohl bey dem Audienz-Weſen der Abge- ſandten, als bey den andern Stuͤcken des Ceremo- niel-Weſens an den meiſten Hoͤfen gar vieles ge- aͤndert. Johann Finet gedencket in ſeinen auser- leſenen Anmerckungen uͤber das Ceremoniel der Ambaſſadeurs p. 45. daß als anno 1618 die Ruſ- ſiſchen Geſandten am Engliſchen Hofe Audienz gehabt, die Menge des Volcks verurſacht haͤtte, daß ſie ihre unmaͤßige tieffe Ehrerbielung oder vielmehr Anbetung nicht verrichten koͤnnen, indem ſie nach ihren damahligen Gebrauch mit ihren Haͤuptern dreymahl haͤtten die Erde ſchlagen ſol- len, es haͤtte aber dieſes nur einmahl geſchehen koͤn- nen, und zwar da ſie gantz nahe vor ihre Majeſtaͤt geſtanden, welches ſie nicht wenig aus ihrer Con- tenance geſetzt. Doch dieſes iſt heutiges Ta- ges nicht mehr in Gebrauch. §. 57. Die Geſandten thun ihre Anrede entwe- der in ihrer eigenen Mutter-Sprache, oder in der Sprache des Volcks zu welchen ſie geſchickt wer- den.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/428>, abgerufen am 22.11.2024.