dem Titul der Churfürsten von Sachsen und Bayern, daß der Hertzogliche Titul eher kommt, und der Churfürstliche zuletzt, weil der Hertzogliche Titul zu dem Churfürstlichen Gelegenheit ge- geben.
§. 34. Die grossen Herren richten sich mit ih- ren Tituln gar offt nach dem Genie der Völcker und Zeiten. Als Julius Caesar wuste, daß der Titul des Königs dem Volck nicht gar angenehm war, so antwortete er dem Volcke da sie ihm ei- nen König nannten: se Caesarem, non Regem esse. Cronwell in Engelland hielt in Ansehung der da- mahligen Conjuncturen nicht vor rathsam sich einen König zu nennen, sondern war damit zu frie- den daß er Protector von Engelland hieß. So beobachten auch einige Regenten darinnen die Regeln der Klugheit, daß sie den Titulaturen der höhern Puissancen, denen sie an Macht und Anse- hen nicht gleich kommen, im geringsten nicht aspi- riren, und die ihnen angebothenen auch wohl noch dazu ausschlagen.
§. 35. Es ist mehr als zu gewiß, daß mit den Titulaturen manches eitele falsche und irrige We- sen vermenget sey. Der Römische Pabst nennet sich nach einem blossen Ceremoniel, einen Servum Servorum Dei; Pabst Gregorius I. soll sich die- ses Tituls aus besonderer Demuth zu erst ange- maßt haben, und in den folgenden Zeiten machte man eine Parade damit. Die Päbste können die- sen Titul auf keinerley Weyse behaupten, denn sie
sind
II. Theil. IV. Capitul.
dem Titul der Churfuͤrſten von Sachſen und Bayern, daß der Hertzogliche Titul eher kommt, und der Churfuͤrſtliche zuletzt, weil der Hertzogliche Titul zu dem Churfuͤrſtlichen Gelegenheit ge- geben.
§. 34. Die groſſen Herren richten ſich mit ih- ren Tituln gar offt nach dem Genie der Voͤlcker und Zeiten. Als Julius Cæſar wuſte, daß der Titul des Koͤnigs dem Volck nicht gar angenehm war, ſo antwortete er dem Volcke da ſie ihm ei- nen Koͤnig nannten: ſe Cæſarem, non Regem eſſe. Cronwell in Engelland hielt in Anſehung der da- mahligen Conjuncturen nicht vor rathſam ſich einen Koͤnig zu nennen, ſondern war damit zu frie- den daß er Protector von Engelland hieß. So beobachten auch einige Regenten darinnen die Regeln der Klugheit, daß ſie den Titulaturen der hoͤhern Puiſſancen, denen ſie an Macht und Anſe- hen nicht gleich kommen, im geringſten nicht aſpi- riren, und die ihnen angebothenen auch wohl noch dazu ausſchlagen.
§. 35. Es iſt mehr als zu gewiß, daß mit den Titulaturen manches eitele falſche und irrige We- ſen vermenget ſey. Der Roͤmiſche Pabſt nennet ſich nach einem bloſſen Ceremoniel, einen Servum Servorum Dei; Pabſt Gregorius I. ſoll ſich die- ſes Tituls aus beſonderer Demuth zu erſt ange- maßt haben, und in den folgenden Zeiten machte man eine Parade damit. Die Paͤbſte koͤnnen die- ſen Titul auf keinerley Weyſe behaupten, denn ſie
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II. Theil. IV. Capitul.
dem Titul der Churfuͤrſten von Sachſen und
Bayern, daß der Hertzogliche Titul eher kommt,
und der Churfuͤrſtliche zuletzt, weil der Hertzogliche
Titul zu dem Churfuͤrſtlichen Gelegenheit ge-
geben.
§. 34. Die groſſen Herren richten ſich mit ih-
ren Tituln gar offt nach dem Genie der Voͤlcker
und Zeiten. Als Julius Cæſar wuſte, daß der
Titul des Koͤnigs dem Volck nicht gar angenehm
war, ſo antwortete er dem Volcke da ſie ihm ei-
nen Koͤnig nannten: ſe Cæſarem, non Regem eſſe.
Cronwell in Engelland hielt in Anſehung der da-
mahligen Conjuncturen nicht vor rathſam ſich
einen Koͤnig zu nennen, ſondern war damit zu frie-
den daß er Protector von Engelland hieß. So
beobachten auch einige Regenten darinnen die
Regeln der Klugheit, daß ſie den Titulaturen der
hoͤhern Puiſſancen, denen ſie an Macht und Anſe-
hen nicht gleich kommen, im geringſten nicht aſpi-
riren, und die ihnen angebothenen auch wohl noch
dazu ausſchlagen.
§. 35. Es iſt mehr als zu gewiß, daß mit den
Titulaturen manches eitele falſche und irrige We-
ſen vermenget ſey. Der Roͤmiſche Pabſt nennet
ſich nach einem bloſſen Ceremoniel, einen Servum
Servorum Dei; Pabſt Gregorius I. ſoll ſich die-
ſes Tituls aus beſonderer Demuth zu erſt ange-
maßt haben, und in den folgenden Zeiten machte
man eine Parade damit. Die Paͤbſte koͤnnen die-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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