Wein zu dem Frießländischen Bauer, und sagten zu ihm: Er wüste wohl, daß er den Groß-Czaar von Moscau wohl kennte, dessen Gesundheit er ihm hiermit brächte. Worauf der verkleidete Frieß- ländische Bauer sich auf das höflichste bedanckte, das Glaß nahm, und antwortete: Er müste aller- dings gestehen, daß er den Groß-Czaar in- und auswendig wohl kennte, er sey ein Freund von Jh- rer Kayserlichen Majestät, und ein Feind seiner Feinde, ja so gar vor des Kaysers Interesse und Liebe portirt, daß er, wenn auch das Glaß voll Gifft wäre, dasselbe dennoch austrincken wolte. Als er nun das Glaß ausgetruncken, und es dem Kayser leer wieder geben wolte, sagte der Kayser, weil er gar nichts in dem Glase gelassen, wolte er es ihm hiemit geschenckt haben, welches er auch mit grossen Vergnügen annahm, und versicherte, daß, weil er lebte, sein Hertz bey Erinnerung dieses Gla- ses zu Jhrer Kayserlichen Majestät Diensten stehen solte. Nach diesen gieng er zu dem Römischen Kö- nig, und sagte: Ewre Majestät sind noch jung, und können den Trunck besser vertragen als dero Herr Vater, nöthigte ihn also, daß er ihm Gesundheits- Gläser Bescheid that, und dieses Festin zu höchsten Vergnügen beschlossen ward.
§. 5. Auf dem Saale, oder in dem Hause, wo die Tafel dieser Wirthschaffts-Assemblee gehalten werden soll, wird gemeiniglich ein curieuser und lu- stiger Schild angehefftet, mit einer inventieusen und artigen Einfassung, und zu der Materie sich
wohl
Von Wirthſch. u. Bauer-Hochzeiten.
Wein zu dem Frießlaͤndiſchen Bauer, und ſagten zu ihm: Er wuͤſte wohl, daß er den Groß-Czaar von Moſcau wohl kennte, deſſen Geſundheit er ihm hiermit braͤchte. Worauf der verkleidete Frieß- laͤndiſche Bauer ſich auf das hoͤflichſte bedanckte, das Glaß nahm, und antwortete: Er muͤſte aller- dings geſtehen, daß er den Groß-Czaar in- und auswendig wohl kennte, er ſey ein Freund von Jh- rer Kayſerlichen Majeſtaͤt, und ein Feind ſeiner Feinde, ja ſo gar vor des Kayſers Intereſſe und Liebe portirt, daß er, wenn auch das Glaß voll Gifft waͤre, daſſelbe dennoch austrincken wolte. Als er nun das Glaß ausgetruncken, und es dem Kayſer leer wieder geben wolte, ſagte der Kayſer, weil er gar nichts in dem Glaſe gelaſſen, wolte er es ihm hiemit geſchenckt haben, welches er auch mit groſſen Vergnuͤgen annahm, und verſicherte, daß, weil er lebte, ſein Hertz bey Erinnerung dieſes Gla- ſes zu Jhrer Kayſerlichen Majeſtaͤt Dienſten ſtehen ſolte. Nach dieſen gieng er zu dem Roͤmiſchen Koͤ- nig, und ſagte: Ewre Majeſtaͤt ſind noch jung, und koͤnnen den Trunck beſſer vertragen als dero Herr Vater, noͤthigte ihn alſo, daß er ihm Geſundheits- Glaͤſer Beſcheid that, und dieſes Feſtin zu hoͤchſten Vergnuͤgen beſchloſſen ward.
§. 5. Auf dem Saale, oder in dem Hauſe, wo die Tafel dieſer Wirthſchaffts-Aſſemblee gehalten werden ſoll, wird gemeiniglich ein curieuſer und lu- ſtiger Schild angehefftet, mit einer inventieuſen und artigen Einfaſſung, und zu der Materie ſich
wohl
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Von Wirthſch. u. Bauer-Hochzeiten.
Wein zu dem Frießlaͤndiſchen Bauer, und ſagten
zu ihm: Er wuͤſte wohl, daß er den Groß-Czaar
von Moſcau wohl kennte, deſſen Geſundheit er ihm
hiermit braͤchte. Worauf der verkleidete Frieß-
laͤndiſche Bauer ſich auf das hoͤflichſte bedanckte,
das Glaß nahm, und antwortete: Er muͤſte aller-
dings geſtehen, daß er den Groß-Czaar in- und
auswendig wohl kennte, er ſey ein Freund von Jh-
rer Kayſerlichen Majeſtaͤt, und ein Feind ſeiner
Feinde, ja ſo gar vor des Kayſers Intereſſe und
Liebe portirt, daß er, wenn auch das Glaß voll
Gifft waͤre, daſſelbe dennoch austrincken wolte.
Als er nun das Glaß ausgetruncken, und es dem
Kayſer leer wieder geben wolte, ſagte der Kayſer,
weil er gar nichts in dem Glaſe gelaſſen, wolte er
es ihm hiemit geſchenckt haben, welches er auch mit
groſſen Vergnuͤgen annahm, und verſicherte, daß,
weil er lebte, ſein Hertz bey Erinnerung dieſes Gla-
ſes zu Jhrer Kayſerlichen Majeſtaͤt Dienſten ſtehen
ſolte. Nach dieſen gieng er zu dem Roͤmiſchen Koͤ-
nig, und ſagte: Ewre Majeſtaͤt ſind noch jung, und
koͤnnen den Trunck beſſer vertragen als dero Herr
Vater, noͤthigte ihn alſo, daß er ihm Geſundheits-
Glaͤſer Beſcheid that, und dieſes Feſtin zu hoͤchſten
Vergnuͤgen beſchloſſen ward.
§. 5. Auf dem Saale, oder in dem Hauſe, wo
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 827. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/851>, abgerufen am 22.11.2024.
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