§. 2. Die Schützen schießen nach der Ordnung wie sie das Looß trifft, und gehen ihre Rennen durch. Die gantze Gesellschafft wird vorher durch eine lustige Anrede, die ein Pritzschmeister zu halten pflegt, dazu invitirt. Es werden auch gewisse Ge- setze und Articul, wie es in einen und dem andern gehalten werden soll, vorher publicirt.
§. 3. Die Scheiben werden bißweilen mit artig inventirten Gemählden, und curieusen Versen ausgezieret. Es werden vor die Sieger besondere Gewinste aufgesetzt, die in silbernen Geschirren, kostbahren Pistohlen, schönen Uhren, Tabatieren u. d. g. bestehen. Die Pritzschmeister pflegen ge- meiniglich ihnen solche zu überreichen. Uber dieses bekommen sie eine silberne Schaale mit Marzipa- nen oder andern Confituren und ein zierlich ge- schnitten Chrystallinen Glaß mit Wein, den an- dern aber, die Weit-Schüße thun, wird mehren- theils ein Teller mit Bratwurst und Sauerkraut, oder Erbsen u. d. g. praesentirt, und ihre schlechten Verdienste noch dazu in Knittel-Versen besun- gen.
§. 4. Zuweilen werden Nacht-Schiessen gehal- ten, da denn die Logen, die Seiten-Wände, und der gantze Platz, wo das Nacht-Schießen gehalten wird, mit Lampen illuminirt ist. Die Scheiben werden auf ein paar hundert Schritte also formirt, daß iedesmahl, wenn der Zweck getroffen wird, ei- ne in der Lufft zuspringende Raquete aufsteigt. Zu- weilen wird es durch eine noch künstlichere Inven-
tion
IV. Theil. XII. Capitul.
§. 2. Die Schuͤtzen ſchießen nach der Ordnung wie ſie das Looß trifft, und gehen ihre Rennen durch. Die gantze Geſellſchafft wird vorher durch eine luſtige Anrede, die ein Pritzſchmeiſter zu halten pflegt, dazu invitirt. Es werden auch gewiſſe Ge- ſetze und Articul, wie es in einen und dem andern gehalten werden ſoll, vorher publicirt.
§. 3. Die Scheiben werden bißweilen mit artig inventirten Gemaͤhlden, und curieuſen Verſen ausgezieret. Es werden vor die Sieger beſondere Gewinſte aufgeſetzt, die in ſilbernen Geſchirren, koſtbahren Piſtohlen, ſchoͤnen Uhren, Tabatieren u. d. g. beſtehen. Die Pritzſchmeiſter pflegen ge- meiniglich ihnen ſolche zu uͤberreichen. Uber dieſes bekommen ſie eine ſilberne Schaale mit Marzipa- nen oder andern Confituren und ein zierlich ge- ſchnitten Chryſtallinen Glaß mit Wein, den an- dern aber, die Weit-Schuͤße thun, wird mehren- theils ein Teller mit Bratwurſt und Sauerkraut, oder Erbſen u. d. g. præſentirt, und ihre ſchlechten Verdienſte noch dazu in Knittel-Verſen beſun- gen.
§. 4. Zuweilen werden Nacht-Schieſſen gehal- ten, da denn die Logen, die Seiten-Waͤnde, und der gantze Platz, wo das Nacht-Schießen gehalten wird, mit Lampen illuminirt iſt. Die Scheiben werden auf ein paar hundert Schritte alſo formirt, daß iedesmahl, wenn der Zweck getroffen wird, ei- ne in der Lufft zuſpringende Raquete aufſteigt. Zu- weilen wird es durch eine noch kuͤnſtlichere Inven-
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IV. Theil. XII. Capitul.
§. 2. Die Schuͤtzen ſchießen nach der Ordnung
wie ſie das Looß trifft, und gehen ihre Rennen
durch. Die gantze Geſellſchafft wird vorher durch
eine luſtige Anrede, die ein Pritzſchmeiſter zu halten
pflegt, dazu invitirt. Es werden auch gewiſſe Ge-
ſetze und Articul, wie es in einen und dem andern
gehalten werden ſoll, vorher publicirt.
§. 3. Die Scheiben werden bißweilen mit artig
inventirten Gemaͤhlden, und curieuſen Verſen
ausgezieret. Es werden vor die Sieger beſondere
Gewinſte aufgeſetzt, die in ſilbernen Geſchirren,
koſtbahren Piſtohlen, ſchoͤnen Uhren, Tabatieren
u. d. g. beſtehen. Die Pritzſchmeiſter pflegen ge-
meiniglich ihnen ſolche zu uͤberreichen. Uber dieſes
bekommen ſie eine ſilberne Schaale mit Marzipa-
nen oder andern Confituren und ein zierlich ge-
ſchnitten Chryſtallinen Glaß mit Wein, den an-
dern aber, die Weit-Schuͤße thun, wird mehren-
theils ein Teller mit Bratwurſt und Sauerkraut,
oder Erbſen u. d. g. præſentirt, und ihre ſchlechten
Verdienſte noch dazu in Knittel-Verſen beſun-
gen.
§. 4. Zuweilen werden Nacht-Schieſſen gehal-
ten, da denn die Logen, die Seiten-Waͤnde, und
der gantze Platz, wo das Nacht-Schießen gehalten
wird, mit Lampen illuminirt iſt. Die Scheiben
werden auf ein paar hundert Schritte alſo formirt,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 854. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/878>, abgerufen am 22.11.2024.
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