§. 8. Es wird mit dem Vogel-Schießen eini- ge Tage angehalten, biß der Vogel ab ist, es müste denn seyn, daß der Wind, wie es bißweilen zu ge- schehen pflegt, den letzten Spahn herunter schmisse. Der Haupt-Gewinn bestehet in Räumung der Spille oder in Herunterschießen des letzten Spah- nes. Die Neben-Gewinste aber im Herunter- schießen des Kopffes, der Klauen, der Flügel, der Schwäntze, der Crone, nach der Größe und Schwere der Stücken, die von den Judicirern ge- wogen werden.
§. 9. Zu Judicirern werden ein oder ein paar Hochfürstliche Räthe erwehlet, nebst dem Hof- Marschalls-Secretario, die alles registriren müssen. Dergleichen Vogel-Schießen geschehen bißweilen auf Landes-herrliche Unkosten, bißweilen müssen aber auch die Cavaliers bey Hofe eine gewisse Ein- lage thun, von welcher die Gewinste angeschafft werden.
§. 10. Jn einigen Fürstlichen teutschen Residenz- Städten ist es von einigen Jahrhunderten ge- bräuchlich gewesen, daß die Hochfürstlichen Lan- des-Herrschafften zu dem Bürgerlichen Vogel- Schießen mit eingeladen werden. Sie erschei- nen nachgehends entweder in höchster Person, oder per Deputatos, da sie ihre Vices einigen hoch cha- racterisirten Hof-Ministres auftragen.
§. 11. Wenn nun ein junger Printz das Glück hat, die Spille zu räumen, und als ein König des Vogel-Schießens aufgeführt zu werden, so pflegt
die
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Von unterſch. Arten der Luſt-Schießen.
§. 8. Es wird mit dem Vogel-Schießen eini- ge Tage angehalten, biß der Vogel ab iſt, es muͤſte denn ſeyn, daß der Wind, wie es bißweilen zu ge- ſchehen pflegt, den letzten Spahn herunter ſchmiſſe. Der Haupt-Gewinn beſtehet in Raͤumung der Spille oder in Herunterſchießen des letzten Spah- nes. Die Neben-Gewinſte aber im Herunter- ſchießen des Kopffes, der Klauen, der Fluͤgel, der Schwaͤntze, der Crone, nach der Groͤße und Schwere der Stuͤcken, die von den Judicirern ge- wogen werden.
§. 9. Zu Judicirern werden ein oder ein paar Hochfuͤrſtliche Raͤthe erwehlet, nebſt dem Hof- Marſchalls-Secretario, die alles regiſtriren muͤſſen. Dergleichen Vogel-Schießen geſchehen bißweilen auf Landes-herrliche Unkoſten, bißweilen muͤſſen aber auch die Cavaliers bey Hofe eine gewiſſe Ein- lage thun, von welcher die Gewinſte angeſchafft werden.
§. 10. Jn einigen Fuͤrſtlichen teutſchen Reſidenz- Staͤdten iſt es von einigen Jahrhunderten ge- braͤuchlich geweſen, daß die Hochfuͤrſtlichen Lan- des-Herrſchafften zu dem Buͤrgerlichen Vogel- Schießen mit eingeladen werden. Sie erſchei- nen nachgehends entweder in hoͤchſter Perſon, oder per Deputatos, da ſie ihre Vices einigen hoch cha- racteriſirten Hof-Miniſtres auftragen.
§. 11. Wenn nun ein junger Printz das Gluͤck hat, die Spille zu raͤumen, und als ein Koͤnig des Vogel-Schießens aufgefuͤhrt zu werden, ſo pflegt
die
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Von unterſch. Arten der Luſt-Schießen.
§. 8. Es wird mit dem Vogel-Schießen eini-
ge Tage angehalten, biß der Vogel ab iſt, es muͤſte
denn ſeyn, daß der Wind, wie es bißweilen zu ge-
ſchehen pflegt, den letzten Spahn herunter ſchmiſſe.
Der Haupt-Gewinn beſtehet in Raͤumung der
Spille oder in Herunterſchießen des letzten Spah-
nes. Die Neben-Gewinſte aber im Herunter-
ſchießen des Kopffes, der Klauen, der Fluͤgel, der
Schwaͤntze, der Crone, nach der Groͤße und
Schwere der Stuͤcken, die von den Judicirern ge-
wogen werden.
§. 9. Zu Judicirern werden ein oder ein paar
Hochfuͤrſtliche Raͤthe erwehlet, nebſt dem Hof-
Marſchalls-Secretario, die alles regiſtriren muͤſſen.
Dergleichen Vogel-Schießen geſchehen bißweilen
auf Landes-herrliche Unkoſten, bißweilen muͤſſen
aber auch die Cavaliers bey Hofe eine gewiſſe Ein-
lage thun, von welcher die Gewinſte angeſchafft
werden.
§. 10. Jn einigen Fuͤrſtlichen teutſchen Reſidenz-
Staͤdten iſt es von einigen Jahrhunderten ge-
braͤuchlich geweſen, daß die Hochfuͤrſtlichen Lan-
des-Herrſchafften zu dem Buͤrgerlichen Vogel-
Schießen mit eingeladen werden. Sie erſchei-
nen nachgehends entweder in hoͤchſter Perſon, oder
per Deputatos, da ſie ihre Vices einigen hoch cha-
racteriſirten Hof-Miniſtres auftragen.
§. 11. Wenn nun ein junger Printz das Gluͤck
hat, die Spille zu raͤumen, und als ein Koͤnig des
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/881>, abgerufen am 22.11.2024.
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