Ewre Excellenz mit der Zeit genennet werden, und oben an sitzen, hergegen ein Handwercks- Mann heist Meister Niclas, und bleibet Mei- ster Niclas und muß für jenem den Hut in der Hand tragen, durch welches Mittel es dahin ge- bracht, daß fast allezeit mehr Doctores und s. v. sich so nennende Gelehrten, als Schuster o- der Schneider an einem Orte zu finden, oder zu haben seynd. Was ist aber der effect von dieser übel eingerissenen Maxime? Die will ich deutlich an den Tag legen, 1.) Zu Erlernung künstlicher Manufacturen, durch welche ein Land und Landes-Fürst reich und mächtig werden soll, werden lauter dumme Narren und Ochsen- Köpffe gebraucht, eben ob gehörte nicht so viel oder mehr Naturell dazu, wenn einer im Handwerck recht exceliren, als wenn er lernen solte, wie er dermahleinsten einem Bauer einen Hochzeit-Brief schreiben, oder eine Supplica- tion an seinen Pfleger oder Richter stylisiren könne. Wie soll denn die Erhebung der Ma- nufacturen von solchen Ausschüßlingen zu hof- fen seyn? Zum zweyten, wenn ein rechtschaf- fener Kerl sein Handwerck, und seine Kunst wohl begriffen und excoliret hat, und darneben sich selbst kennet, und weiß wie hoch seines glei- chen in andern Ländern estimiret wird, siehet aber die grosse Verachtung seiner Person in sei-
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Ewre Excellenz mit der Zeit genennet werden, und oben an ſitzen, hergegen ein Handwercks- Mann heiſt Meiſter Niclas, und bleibet Mei- ſter Niclas und muß fuͤr jenem den Hut in der Hand tragen, durch welches Mittel es dahin ge- bracht, daß faſt allezeit mehr Doctores und ſ. v. ſich ſo nennende Gelehrten, als Schuſter o- der Schneider an einem Orte zu finden, oder zu haben ſeynd. Was iſt aber der effect von dieſer uͤbel eingeriſſenen Maxime? Die will ich deutlich an den Tag legen, 1.) Zu Erlernung kuͤnſtlicher Manufacturen, durch welche ein Land und Landes-Fuͤrſt reich und maͤchtig werden ſoll, werden lauter dumme Narren und Ochſen- Koͤpffe gebraucht, eben ob gehoͤrte nicht ſo viel oder mehr Naturell dazu, wenn einer im Handwerck recht exceliren, als wenn er lernen ſolte, wie er dermahleinſten einem Bauer einen Hochzeit-Brief ſchreiben, oder eine Supplica- tion an ſeinen Pfleger oder Richter ſtyliſiren koͤnne. Wie ſoll denn die Erhebung der Ma- nufacturen von ſolchen Ausſchuͤßlingen zu hof- fen ſeyn? Zum zweyten, wenn ein rechtſchaf- fener Kerl ſein Handwerck, und ſeine Kunſt wohl begriffen und excoliret hat, und darneben ſich ſelbſt kennet, und weiß wie hoch ſeines glei- chen in andern Laͤndern eſtimiret wird, ſiehet aber die groſſe Verachtung ſeiner Perſon in ſei-
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Ewre Excellenz mit der Zeit genennet werden,
und oben an ſitzen, hergegen ein Handwercks-
Mann heiſt Meiſter Niclas, und bleibet Mei-
ſter Niclas und muß fuͤr jenem den Hut in der
Hand tragen, durch welches Mittel es dahin ge-
bracht, daß faſt allezeit mehr Doctores und
ſ. v. ſich ſo nennende Gelehrten, als Schuſter o-
der Schneider an einem Orte zu finden, oder zu
haben ſeynd. Was iſt aber der effect von
dieſer uͤbel eingeriſſenen Maxime? Die will
ich deutlich an den Tag legen, 1.) Zu Erlernung
kuͤnſtlicher Manufacturen, durch welche ein Land
und Landes-Fuͤrſt reich und maͤchtig werden
ſoll, werden lauter dumme Narren und Ochſen-
Koͤpffe gebraucht, eben ob gehoͤrte nicht ſo viel
oder mehr Naturell dazu, wenn einer im
Handwerck recht exceliren, als wenn er lernen
ſolte, wie er dermahleinſten einem Bauer einen
Hochzeit-Brief ſchreiben, oder eine Supplica-
tion an ſeinen Pfleger oder Richter ſtyliſiren
koͤnne. Wie ſoll denn die Erhebung der Ma-
nufacturen von ſolchen Ausſchuͤßlingen zu hof-
fen ſeyn? Zum zweyten, wenn ein rechtſchaf-
fener Kerl ſein Handwerck, und ſeine Kunſt
wohl begriffen und excoliret hat, und darneben
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1050. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1070>, abgerufen am 22.11.2024.
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