lichen Contracte wie die übrigen ausgelegt. Man muß auff die Intention der Contrahen- ten sehen, was sie vermuthlich intendiren, und wenn dieselbige entweder dunckel ist, daß sie nicht wohl errathen werden kan, oder aber un- billig scheinet, so ist ein Contract nach der Glückseeligkeit des Landes zu erklären.
§. 31. Jn wie weit den Ständen des heil. Röm. Reichs vergönnt sey ihre Länder zu ver- pfänden, scheinet eben nicht so genau ausge- macht zu seyn. Jn Ansehung der Allodialen zweifelt niemand. Was aber bey dem Lehn- Gütern Statt habe, ist am meisten streitig. Der Antor des deutschen Reichs-Staats mey- net zwar P.I. pag. 343. daß die ohne Einwilli- gung des Käysers an einem Reichs-Stand ge- schehene Verpfändung des Lehns nur ihn und seine descendenten, keinesweges aber seine Agnaten verbinde. Es ist aber diese aus dem Longobardischen Rechte hergehohlte Meynung zu temperiren, und vielmehr zu behaupten, daß, wenn es mit der Verpfändung sonst ihre Rich- tigkeit, und sie die gehörigen Requisita hätte, man nicht sowohl auf die Lehns-vasallische Be- schaffenheit und die praesumirte Anwendung zum Nutzen des Territorii als vielmehr auf die Landesherrliche Hoheit zu sehen habe. Sintemahl alle, die in einer Provintz in
Deutsch-
lichen Contracte wie die uͤbrigen ausgelegt. Man muß auff die Intention der Contrahen- ten ſehen, was ſie vermuthlich intendiren, und wenn dieſelbige entweder dunckel iſt, daß ſie nicht wohl errathen werden kan, oder aber un- billig ſcheinet, ſo iſt ein Contract nach der Gluͤckſeeligkeit des Landes zu erklaͤren.
§. 31. Jn wie weit den Staͤnden des heil. Roͤm. Reichs vergoͤnnt ſey ihre Laͤnder zu ver- pfaͤnden, ſcheinet eben nicht ſo genau ausge- macht zu ſeyn. Jn Anſehung der Allodialen zweifelt niemand. Was aber bey dem Lehn- Guͤtern Statt habe, iſt am meiſten ſtreitig. Der Antor des deutſchen Reichs-Staats mey- net zwar P.I. pag. 343. daß die ohne Einwilli- gung des Kaͤyſers an einem Reichs-Stand ge- ſchehene Verpfaͤndung des Lehns nur ihn und ſeine deſcendenten, keinesweges aber ſeine Agnaten verbinde. Es iſt aber dieſe aus dem Longobardiſchen Rechte hergehohlte Meynung zu temperiren, und vielmehr zu behaupten, daß, wenn es mit der Verpfaͤndung ſonſt ihre Rich- tigkeit, und ſie die gehoͤrigen Requiſita haͤtte, man nicht ſowohl auf die Lehns-vaſalliſche Be- ſchaffenheit und die præſumirte Anwendung zum Nutzen des Territorii als vielmehr auf die Landesherrliche Hoheit zu ſehen habe. Sintemahl alle, die in einer Provintz in
Deutſch-
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lichen Contracte wie die uͤbrigen ausgelegt.
Man muß auff die Intention der Contrahen-
ten ſehen, was ſie vermuthlich intendiren, und
wenn dieſelbige entweder dunckel iſt, daß ſie
nicht wohl errathen werden kan, oder aber un-
billig ſcheinet, ſo iſt ein Contract nach der
Gluͤckſeeligkeit des Landes zu erklaͤren.
§. 31. Jn wie weit den Staͤnden des heil.
Roͤm. Reichs vergoͤnnt ſey ihre Laͤnder zu ver-
pfaͤnden, ſcheinet eben nicht ſo genau ausge-
macht zu ſeyn. Jn Anſehung der Allodialen
zweifelt niemand. Was aber bey dem Lehn-
Guͤtern Statt habe, iſt am meiſten ſtreitig.
Der Antor des deutſchen Reichs-Staats mey-
net zwar P.I. pag. 343. daß die ohne Einwilli-
gung des Kaͤyſers an einem Reichs-Stand ge-
ſchehene Verpfaͤndung des Lehns nur ihn und
ſeine deſcendenten, keinesweges aber ſeine
Agnaten verbinde. Es iſt aber dieſe aus dem
Longobardiſchen Rechte hergehohlte Meynung
zu temperiren, und vielmehr zu behaupten, daß,
wenn es mit der Verpfaͤndung ſonſt ihre Rich-
tigkeit, und ſie die gehoͤrigen Requiſita haͤtte,
man nicht ſowohl auf die Lehns-vaſalliſche Be-
ſchaffenheit und die præſumirte Anwendung
zum Nutzen des Territorii als vielmehr auf
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/112>, abgerufen am 21.11.2024.
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