eines stillen und eingezogenen Lebens-Wandels wären, recipiren könte, und ihr nothdürfftiges Auskommen darinnen fänden, entweder Lebens- lang oder bis der Landes-Herr einen oder andern auf eine oder andere Art employiren wolte. Es sind zwar die Canonicate bekannt, die zu gutem Nutzen angerichtet werden könten, allein es ist notorisch, was sie vor Mißbräuchen so wohl bey denen Papisten als auch denen Evangelisch-Lu- therischen unterworffen sind, so daß sie von der Intention der ersten Stiffter ziemlicher massen abweichen. Es wäre eine löbliche Sache, wenn die Canonicate von den Landes-Herren denjenigen conferiret würden, die sonst keine sonderlichen Mittel sich zu conserviren vor sich sähen, und sich zum Dienst des Landes-Herrn recht consacriren und geschickt machen wolten. Es könten die Stiffter rechte Seminaria Reipublicae seyn, daraus ein Landes-Fürst solche Leute nähme, mit denen er hernach seine Collegia besetzte. Es wäre hier- bey noch gar viel zu sagen, wenn man nicht bis- weilen die Wahrheit verschweigen müste.
§. 40. Unter die Mittel, die von dem Landes- Fürsten zu Versorgung der armen von Adel an- gewendet werden, gehören auch die Pensionen, die die Fürsten denenjenigen, die sich verdient um sie gemacht, oder den Weibern und Kindern ih- rer Bedienten, wenn sie selbst wenig oder gar
keine
eines ſtillen und eingezogenen Lebens-Wandels waͤren, recipiren koͤnte, und ihr nothduͤrfftiges Auskommen darinnen faͤnden, entweder Lebens- lang oder bis der Landes-Herr einen oder andern auf eine oder andere Art employiren wolte. Es ſind zwar die Canonicate bekannt, die zu gutem Nutzen angerichtet werden koͤnten, allein es iſt notoriſch, was ſie vor Mißbraͤuchen ſo wohl bey denen Papiſten als auch denen Evangeliſch-Lu- theriſchen unterworffen ſind, ſo daß ſie von der Intention der erſten Stiffter ziemlicher maſſen abweichen. Es waͤre eine loͤbliche Sache, wenn die Canonicate von den Landes-Herren denjenigen conferiret wuͤrden, die ſonſt keine ſonderlichen Mittel ſich zu conſerviren vor ſich ſaͤhen, und ſich zum Dienſt des Landes-Herrn recht conſacriren und geſchickt machen wolten. Es koͤnten die Stiffter rechte Seminaria Reipublicæ ſeyn, daraus ein Landes-Fuͤrſt ſolche Leute naͤhme, mit denen er hernach ſeine Collegia beſetzte. Es waͤre hier- bey noch gar viel zu ſagen, wenn man nicht bis- weilen die Wahrheit verſchweigen muͤſte.
§. 40. Unter die Mittel, die von dem Landes- Fuͤrſten zu Verſorgung der armen von Adel an- gewendet werden, gehoͤren auch die Penſionen, die die Fuͤrſten denenjenigen, die ſich verdient um ſie gemacht, oder den Weibern und Kindern ih- rer Bedienten, wenn ſie ſelbſt wenig oder gar
keine
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eines ſtillen und eingezogenen Lebens-Wandels
waͤren, recipiren koͤnte, und ihr nothduͤrfftiges
Auskommen darinnen faͤnden, entweder Lebens-
lang oder bis der Landes-Herr einen oder andern
auf eine oder andere Art employiren wolte. Es
ſind zwar die Canonicate bekannt, die zu gutem
Nutzen angerichtet werden koͤnten, allein es iſt
notoriſch, was ſie vor Mißbraͤuchen ſo wohl bey
denen Papiſten als auch denen Evangeliſch-Lu-
theriſchen unterworffen ſind, ſo daß ſie von der
Intention der erſten Stiffter ziemlicher maſſen
abweichen. Es waͤre eine loͤbliche Sache, wenn
die Canonicate von den Landes-Herren denjenigen
conferiret wuͤrden, die ſonſt keine ſonderlichen
Mittel ſich zu conſerviren vor ſich ſaͤhen, und ſich
zum Dienſt des Landes-Herrn recht conſacriren
und geſchickt machen wolten. Es koͤnten die
Stiffter rechte Seminaria Reipublicæ ſeyn, daraus
ein Landes-Fuͤrſt ſolche Leute naͤhme, mit denen
er hernach ſeine Collegia beſetzte. Es waͤre hier-
bey noch gar viel zu ſagen, wenn man nicht bis-
weilen die Wahrheit verſchweigen muͤſte.
§. 40. Unter die Mittel, die von dem Landes-
Fuͤrſten zu Verſorgung der armen von Adel an-
gewendet werden, gehoͤren auch die Penſionen,
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ſie gemacht, oder den Weibern und Kindern ih-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1366>, abgerufen am 23.11.2024.
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