§. 6. Eben so wenig muß man einem Gesand- ten verschicken, der wegen seiner bösen und ver- derbten Sitten bekannt ist, indem dergleichen Personen, die ihres Herrn Stelle vertreten sollen, und dennoch ietztgedachter Massen beschaffen sind, in einem fernen Lande eine nachtheilige Idee von dem Fürsten geben, welchen sie repraesentiren und offt wohl gar von der gantzen Nation, gestalt es natürlich ist, daß man aus des Ministers Auf- führung davon man urtheilet, weil man nicht da- vor hält, daß ein Fürst oder Staat den unordent- lichsten oder liederlichsten unter seinen Untertha- nen zum Minister aussuche, dessen Stelle an ei- nem fremden Hofe zu vertreten.
§. 7. Ein Fürst soll bedencken, daß man von seinem Willen und Meinungen gemeiniglich nicht anders als aus denjenigen urtheilet, die sein Mi- nister von sich blicken lässet. Macht sich dieser im Lande beliebt, wo er sich aufhält, und ist bemü- het sich da so auffzuführen, daß man ihn liebet und hochhält, so wird der Herr, dessen Stelle er vertritt, da selbst ebenfalls geliebt und hochgeach- tet. Macht er sich aber gegentheils durch ein schlimmes Verhalten und hochmüthige, unver- nünfftige und ärgerliche Aufführung verhaßt; so stehet sein Fürst in grosser Gefahr, daselbst nicht weniger gehaßt zu werden. Also hat man offt fremde Ministres gesehen, die durch ihr böses Ver- halten das gute Vernehmen, so zwischen zwey Staaten war, gestöhret, da es doch ihr beydersei- tiges Interesse erforderte, solches unter sich zu er- halten. Hingegen hat man auch hinwiederum
weise
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§. 6. Eben ſo wenig muß man einem Geſand- ten verſchicken, der wegen ſeiner boͤſen und ver- derbten Sitten bekannt iſt, indem dergleichen Perſonen, die ihres Herrn Stelle vertreten ſollen, und dennoch ietztgedachter Maſſen beſchaffen ſind, in einem fernen Lande eine nachtheilige Idee von dem Fuͤrſten geben, welchen ſie repræſentiren und offt wohl gar von der gantzen Nation, geſtalt es natuͤrlich iſt, daß man aus des Miniſters Auf- fuͤhrung davon man urtheilet, weil man nicht da- vor haͤlt, daß ein Fuͤrſt oder Staat den unordent- lichſten oder liederlichſten unter ſeinen Untertha- nen zum Miniſter ausſuche, deſſen Stelle an ei- nem fremden Hofe zu vertreten.
§. 7. Ein Fuͤrſt ſoll bedencken, daß man von ſeinem Willen und Meinungen gemeiniglich nicht anders als aus denjenigen urtheilet, die ſein Mi- niſter von ſich blicken laͤſſet. Macht ſich dieſer im Lande beliebt, wo er ſich aufhaͤlt, und iſt bemuͤ- het ſich da ſo auffzufuͤhren, daß man ihn liebet und hochhaͤlt, ſo wird der Herr, deſſen Stelle er vertritt, da ſelbſt ebenfalls geliebt und hochgeach- tet. Macht er ſich aber gegentheils durch ein ſchlimmes Verhalten und hochmuͤthige, unver- nuͤnfftige und aͤrgerliche Auffuͤhrung verhaßt; ſo ſtehet ſein Fuͤrſt in groſſer Gefahr, daſelbſt nicht weniger gehaßt zu werden. Alſo hat man offt fremde Miniſtres geſehen, die durch ihr boͤſes Ver- halten das gute Vernehmen, ſo zwiſchen zwey Staaten war, geſtoͤhret, da es doch ihr beyderſei- tiges Intereſſe erforderte, ſolches unter ſich zu er- halten. Hingegen hat man auch hinwiederum
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§. 6. Eben ſo wenig muß man einem Geſand-
ten verſchicken, der wegen ſeiner boͤſen und ver-
derbten Sitten bekannt iſt, indem dergleichen
Perſonen, die ihres Herrn Stelle vertreten ſollen,
und dennoch ietztgedachter Maſſen beſchaffen
ſind, in einem fernen Lande eine nachtheilige Idee
von dem Fuͤrſten geben, welchen ſie repræſentiren
und offt wohl gar von der gantzen Nation, geſtalt
es natuͤrlich iſt, daß man aus des Miniſters Auf-
fuͤhrung davon man urtheilet, weil man nicht da-
vor haͤlt, daß ein Fuͤrſt oder Staat den unordent-
lichſten oder liederlichſten unter ſeinen Untertha-
nen zum Miniſter ausſuche, deſſen Stelle an ei-
nem fremden Hofe zu vertreten.
§. 7. Ein Fuͤrſt ſoll bedencken, daß man von
ſeinem Willen und Meinungen gemeiniglich nicht
anders als aus denjenigen urtheilet, die ſein Mi-
niſter von ſich blicken laͤſſet. Macht ſich dieſer
im Lande beliebt, wo er ſich aufhaͤlt, und iſt bemuͤ-
het ſich da ſo auffzufuͤhren, daß man ihn liebet und
hochhaͤlt, ſo wird der Herr, deſſen Stelle er
vertritt, da ſelbſt ebenfalls geliebt und hochgeach-
tet. Macht er ſich aber gegentheils durch ein
ſchlimmes Verhalten und hochmuͤthige, unver-
nuͤnfftige und aͤrgerliche Auffuͤhrung verhaßt; ſo
ſtehet ſein Fuͤrſt in groſſer Gefahr, daſelbſt nicht
weniger gehaßt zu werden. Alſo hat man offt
fremde Miniſtres geſehen, die durch ihr boͤſes Ver-
halten das gute Vernehmen, ſo zwiſchen zwey
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tiges Intereſſe erforderte, ſolches unter ſich zu er-
halten. Hingegen hat man auch hinwiederum
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1481>, abgerufen am 23.11.2024.
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