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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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morialien, allen schrifftlichen sowohl als mündli-
chen Antworten und allen andern Verrichtungen
gewachsen seyn könte, die man bey dergleichen
Gelegenheiten über sich nehmen muß, um sich da-
hin zu bearbeiten, so vieles und mannigfaltiges In-
teresse
und Paßionen, so die Fürsten und ihre Mi-
nistres
trennen, mit einander zu vergleichen, und
dahero ist es gar billig, daß iedweder Fürst und
Staat gemeiniglich mehr als einen Ministre dahin
schicken, damit sie solche Arbeit unter sich theilen,
und wegen der Anschläger mit einander verglei-
chen können, so sie fassen sollen, die ihnen aufge-
tragenen Sachen zu ihrem vorgesetzten Ziel zu
bringen.

§. 13. Es ist auch sehr zuträglich, ja offt nöthig,
daß man in freyen Ländern, wo die Regierung
unter viele getheilet, und in denenjenigen, wo ein
einheimischer Krieg ist, wenn man da einiges In-
teresse
bey den streitenden Partheyen zu beobach-
ten hat, mehr als einen Gesandten brauche, un-
auf gleiche Weise gehöret mehr als ein Minister
darzu, wenn man in einem Wahl-Reich die mei-
sten Stimmen zur Wahl eines neuen Fürsten zu
gewinnen trachtet, sintemahl, wenn sich nur ein
eintziger Negociator in einem Lande befindet, wo
Macht und Ansehen getheilet ist, so fällt es ihm
unmöglich, sich an alle Oerter zu begeben, wo offt-
mahls dessen Gegenwart zu eben der Zeit von nö-
then ist, und hiernächst mit allen denen zu tracti-
ren, die im Credit stehen. Ebner Massen begiebt
es sich auch nicht selten, daß es einem eintzelnen
Minister nicht angehet, allen denjenigen zu gefal-

len,



morialien, allen ſchrifftlichen ſowohl als muͤndli-
chen Antworten und allen andern Verrichtungen
gewachſen ſeyn koͤnte, die man bey dergleichen
Gelegenheiten uͤber ſich nehmen muß, um ſich da-
hin zu bearbeiten, ſo vieles und mannigfaltiges In-
tereſſe
und Paßionen, ſo die Fuͤrſten und ihre Mi-
niſtres
trennen, mit einander zu vergleichen, und
dahero iſt es gar billig, daß iedweder Fuͤrſt und
Staat gemeiniglich mehr als einen Miniſtre dahin
ſchicken, damit ſie ſolche Arbeit unter ſich theilen,
und wegen der Anſchlaͤger mit einander verglei-
chen koͤnnen, ſo ſie faſſen ſollen, die ihnen aufge-
tragenen Sachen zu ihrem vorgeſetzten Ziel zu
bringen.

§. 13. Es iſt auch ſehr zutraͤglich, ja offt noͤthig,
daß man in freyen Laͤndern, wo die Regierung
unter viele getheilet, und in denenjenigen, wo ein
einheimiſcher Krieg iſt, wenn man da einiges In-
tereſſe
bey den ſtreitenden Partheyen zu beobach-
ten hat, mehr als einen Geſandten brauche, un-
auf gleiche Weiſe gehoͤret mehr als ein Miniſter
darzu, wenn man in einem Wahl-Reich die mei-
ſten Stimmen zur Wahl eines neuen Fuͤrſten zu
gewinnen trachtet, ſintemahl, wenn ſich nur ein
eintziger Negociator in einem Lande befindet, wo
Macht und Anſehen getheilet iſt, ſo faͤllt es ihm
unmoͤglich, ſich an alle Oerter zu begeben, wo offt-
mahls deſſen Gegenwart zu eben der Zeit von noͤ-
then iſt, und hiernaͤchſt mit allen denen zu tracti-
ren, die im Credit ſtehen. Ebner Maſſen begiebt
es ſich auch nicht ſelten, daß es einem eintzelnen
Miniſter nicht angehet, allen denjenigen zu gefal-

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[1464/1484] morialien, allen ſchrifftlichen ſowohl als muͤndli- chen Antworten und allen andern Verrichtungen gewachſen ſeyn koͤnte, die man bey dergleichen Gelegenheiten uͤber ſich nehmen muß, um ſich da- hin zu bearbeiten, ſo vieles und mannigfaltiges In- tereſſe und Paßionen, ſo die Fuͤrſten und ihre Mi- niſtres trennen, mit einander zu vergleichen, und dahero iſt es gar billig, daß iedweder Fuͤrſt und Staat gemeiniglich mehr als einen Miniſtre dahin ſchicken, damit ſie ſolche Arbeit unter ſich theilen, und wegen der Anſchlaͤger mit einander verglei- chen koͤnnen, ſo ſie faſſen ſollen, die ihnen aufge- tragenen Sachen zu ihrem vorgeſetzten Ziel zu bringen. §. 13. Es iſt auch ſehr zutraͤglich, ja offt noͤthig, daß man in freyen Laͤndern, wo die Regierung unter viele getheilet, und in denenjenigen, wo ein einheimiſcher Krieg iſt, wenn man da einiges In- tereſſe bey den ſtreitenden Partheyen zu beobach- ten hat, mehr als einen Geſandten brauche, un- auf gleiche Weiſe gehoͤret mehr als ein Miniſter darzu, wenn man in einem Wahl-Reich die mei- ſten Stimmen zur Wahl eines neuen Fuͤrſten zu gewinnen trachtet, ſintemahl, wenn ſich nur ein eintziger Negociator in einem Lande befindet, wo Macht und Anſehen getheilet iſt, ſo faͤllt es ihm unmoͤglich, ſich an alle Oerter zu begeben, wo offt- mahls deſſen Gegenwart zu eben der Zeit von noͤ- then iſt, und hiernaͤchſt mit allen denen zu tracti- ren, die im Credit ſtehen. Ebner Maſſen begiebt es ſich auch nicht ſelten, daß es einem eintzelnen Miniſter nicht angehet, allen denjenigen zu gefal- len,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1484>, abgerufen am 01.06.2024.