die ihm bey der Staats-Klugheit Dienste lei- sten, erlernen kan, und ist es unnöthig, daß man ihm viel Autores classicos durchzulesen giebt, denn wenn ein Printz so viel Latein ver- stehet, daß er diejenigen Schrifften, die gewis- se philosophische oder auch andere Wissen- schafften abhandeln, lesen kan, so ist es schon gut.
§. 8. Nach der Lateinischen Sprache ist die Frantzösische einem Printzen fast unent- behrlich, weil einmahl an den meisten Höfen die Opinion eingerissen, daß einer nicht vor galant, manierlich, ja möchte ich bald sagen, vor verständig gehalten wird, der in der Frantzösi- schen Sprache unerfahren. Da nun die mei- sten Hof-Leute die Frantzösische Sprache re- den, so würde es einem Printzen zu schlechter Reputation gereichen, wenn er gar nichts da- von verstünde, und könte auch auf seinen Rei- sen an den meisten Orten und in den meisten Compagnien nicht wohl fortkommen. Nach- dem ein teutscher König den Groß-Britanni- schen Thron bestiegen, und manche teutsche Printzen ihre Touren nach Engelland fleißiger anstellen werden, denn sonst, so könte auch nicht schaden, wenn sie in der Engelländischen Sprache Information erlangten. Jnglei- chen wäre auch die Jtaliänische nicht zu negli-
giren;
die ihm bey der Staats-Klugheit Dienſte lei- ſten, erlernen kan, und iſt es unnoͤthig, daß man ihm viel Autores claſſicos durchzuleſen giebt, denn wenn ein Printz ſo viel Latein ver- ſtehet, daß er diejenigen Schrifften, die gewiſ- ſe philoſophiſche oder auch andere Wiſſen- ſchafften abhandeln, leſen kan, ſo iſt es ſchon gut.
§. 8. Nach der Lateiniſchen Sprache iſt die Frantzoͤſiſche einem Printzen faſt unent- behrlich, weil einmahl an den meiſten Hoͤfen die Opinion eingeriſſen, daß einer nicht vor galant, manierlich, ja moͤchte ich bald ſagen, vor verſtaͤndig gehalten wird, der in der Frantzoͤſi- ſchen Sprache unerfahren. Da nun die mei- ſten Hof-Leute die Frantzoͤſiſche Sprache re- den, ſo wuͤrde es einem Printzen zu ſchlechter Reputation gereichen, wenn er gar nichts da- von verſtuͤnde, und koͤnte auch auf ſeinen Rei- ſen an den meiſten Orten und in den meiſten Compagnien nicht wohl fortkommen. Nach- dem ein teutſcher Koͤnig den Groß-Britanni- ſchen Thron beſtiegen, und manche teutſche Printzen ihre Touren nach Engelland fleißiger anſtellen werden, denn ſonſt, ſo koͤnte auch nicht ſchaden, wenn ſie in der Engellaͤndiſchen Sprache Information erlangten. Jnglei- chen waͤre auch die Jtaliaͤniſche nicht zu negli-
giren;
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0164"n="144"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> die ihm bey der Staats-Klugheit Dienſte lei-<lb/>ſten, erlernen kan, und iſt es unnoͤthig, daß<lb/>
man ihm viel <hirendition="#aq">Autores claſſicos</hi> durchzuleſen<lb/>
giebt, denn wenn ein Printz ſo viel Latein ver-<lb/>ſtehet, daß er diejenigen Schrifften, die gewiſ-<lb/>ſe <hirendition="#aq">philoſophi</hi>ſche oder auch andere Wiſſen-<lb/>ſchafften abhandeln, leſen kan, ſo iſt es ſchon<lb/>
gut.</p><lb/><p>§. 8. Nach der Lateiniſchen Sprache iſt<lb/>
die Frantzoͤſiſche einem Printzen faſt unent-<lb/>
behrlich, weil einmahl an den meiſten Hoͤfen<lb/>
die <hirendition="#aq">Opinion</hi> eingeriſſen, daß einer nicht vor<lb/><hirendition="#aq">galant,</hi> manierlich, ja moͤchte ich bald ſagen, vor<lb/>
verſtaͤndig gehalten wird, der in der Frantzoͤſi-<lb/>ſchen Sprache unerfahren. Da nun die mei-<lb/>ſten Hof-Leute die Frantzoͤſiſche Sprache re-<lb/>
den, ſo wuͤrde es einem Printzen zu ſchlechter<lb/><hirendition="#aq">Reputation</hi> gereichen, wenn er gar nichts da-<lb/>
von verſtuͤnde, und koͤnte auch auf ſeinen Rei-<lb/>ſen an den meiſten Orten und in den meiſten<lb/>
Compagnien nicht wohl fortkommen. Nach-<lb/>
dem ein teutſcher Koͤnig den Groß-Britanni-<lb/>ſchen Thron beſtiegen, und manche teutſche<lb/>
Printzen ihre <hirendition="#aq">Tour</hi>en nach Engelland fleißiger<lb/>
anſtellen werden, denn ſonſt, ſo koͤnte auch<lb/>
nicht ſchaden, wenn ſie in der Engellaͤndiſchen<lb/>
Sprache <hirendition="#aq">Information</hi> erlangten. Jnglei-<lb/>
chen waͤre auch die Jtaliaͤniſche nicht zu <hirendition="#aq">negli-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">gi</hi>ren;</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[144/0164]
die ihm bey der Staats-Klugheit Dienſte lei-
ſten, erlernen kan, und iſt es unnoͤthig, daß
man ihm viel Autores claſſicos durchzuleſen
giebt, denn wenn ein Printz ſo viel Latein ver-
ſtehet, daß er diejenigen Schrifften, die gewiſ-
ſe philoſophiſche oder auch andere Wiſſen-
ſchafften abhandeln, leſen kan, ſo iſt es ſchon
gut.
§. 8. Nach der Lateiniſchen Sprache iſt
die Frantzoͤſiſche einem Printzen faſt unent-
behrlich, weil einmahl an den meiſten Hoͤfen
die Opinion eingeriſſen, daß einer nicht vor
galant, manierlich, ja moͤchte ich bald ſagen, vor
verſtaͤndig gehalten wird, der in der Frantzoͤſi-
ſchen Sprache unerfahren. Da nun die mei-
ſten Hof-Leute die Frantzoͤſiſche Sprache re-
den, ſo wuͤrde es einem Printzen zu ſchlechter
Reputation gereichen, wenn er gar nichts da-
von verſtuͤnde, und koͤnte auch auf ſeinen Rei-
ſen an den meiſten Orten und in den meiſten
Compagnien nicht wohl fortkommen. Nach-
dem ein teutſcher Koͤnig den Groß-Britanni-
ſchen Thron beſtiegen, und manche teutſche
Printzen ihre Touren nach Engelland fleißiger
anſtellen werden, denn ſonſt, ſo koͤnte auch
nicht ſchaden, wenn ſie in der Engellaͤndiſchen
Sprache Information erlangten. Jnglei-
chen waͤre auch die Jtaliaͤniſche nicht zu negli-
giren;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/164>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.