chen Fall, als wenn der Landes-Herr zu Felde gehet u. s. w. ein Gebet eingerichtet, welches denn ipso jure oder aus gesetzlicher Verordnung wieder unterlassen werden solte, so bald man versicherte Nachricht hätte, daß solche Bege- benheit wieder zu Ende; Allein es giebts die Erfahrung, daß zuweilen lange nach solcher Aenderung das Gebet noch abgelesen wird, wel- ches denn nichts anders als ein Gespötte seyn kan. S. des Herrn Appellation-Raths Titii geistl. Recht, p. 418.
§. 19. Es ist bekannt, was bey den Gevat- terschafften öffters vor Mißbräuche vorgehen, und bißweilen solche Leute darzu genommen werden, die so jung von Jahren, daß sie die Wichtigkeit und Heiligkeit dieses Wercks gantz und gar nicht bedencken, sondern nur bloß auff die äusserlichen Ceremonien sehen und auff die Parade, die sie durch ihre prächtige Kleidung und andere Art bey dem Gevatter-stehen ma- chen wollen. Da aber solche heilige Hand- lung hierdurch verringert wird und ihr Anse- hen verlieret; als solten die Landesherrschaff- ten billig verbiethen, daß keiner Gevatter stehen solte, der nicht zuvor in den nöthigen Stücken des Christenthums zur Gnüge unterrichtet wä- re und diejenigen Jahre erreicht hätte, da er die
Hei-
chen Fall, als wenn der Landes-Herr zu Felde gehet u. ſ. w. ein Gebet eingerichtet, welches denn ipſo jure oder aus geſetzlicher Verordnung wieder unterlaſſen werden ſolte, ſo bald man verſicherte Nachricht haͤtte, daß ſolche Bege- benheit wieder zu Ende; Allein es giebts die Erfahrung, daß zuweilen lange nach ſolcher Aenderung das Gebet noch abgeleſen wird, wel- ches denn nichts anders als ein Geſpoͤtte ſeyn kan. S. des Herrn Appellation-Raths Titii geiſtl. Recht, p. 418.
§. 19. Es iſt bekannt, was bey den Gevat- terſchafften oͤffters vor Mißbraͤuche vorgehen, und bißweilen ſolche Leute darzu genommen werden, die ſo jung von Jahren, daß ſie die Wichtigkeit und Heiligkeit dieſes Wercks gantz und gar nicht bedencken, ſondern nur bloß auff die aͤuſſerlichen Ceremonien ſehen und auff die Parade, die ſie durch ihre praͤchtige Kleidung und andere Art bey dem Gevatter-ſtehen ma- chen wollen. Da aber ſolche heilige Hand- lung hierdurch verringert wird und ihr Anſe- hen verlieret; als ſolten die Landesherrſchaff- ten billig verbiethen, daß keiner Gevatter ſtehen ſolte, der nicht zuvor in den noͤthigen Stuͤcken des Chriſtenthums zur Gnuͤge unterrichtet waͤ- re und diejenigen Jahre erreicht haͤtte, da er die
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chen Fall, als wenn der Landes-Herr zu Felde
gehet u. ſ. w. ein Gebet eingerichtet, welches
denn ipſo jure oder aus geſetzlicher Verordnung
wieder unterlaſſen werden ſolte, ſo bald man
verſicherte Nachricht haͤtte, daß ſolche Bege-
benheit wieder zu Ende; Allein es giebts die
Erfahrung, daß zuweilen lange nach ſolcher
Aenderung das Gebet noch abgeleſen wird, wel-
ches denn nichts anders als ein Geſpoͤtte ſeyn
kan. S. des Herrn Appellation-Raths Titii
geiſtl. Recht, p. 418.
§. 19. Es iſt bekannt, was bey den Gevat-
terſchafften oͤffters vor Mißbraͤuche vorgehen,
und bißweilen ſolche Leute darzu genommen
werden, die ſo jung von Jahren, daß ſie die
Wichtigkeit und Heiligkeit dieſes Wercks gantz
und gar nicht bedencken, ſondern nur bloß auff
die aͤuſſerlichen Ceremonien ſehen und auff die
Parade, die ſie durch ihre praͤchtige Kleidung
und andere Art bey dem Gevatter-ſtehen ma-
chen wollen. Da aber ſolche heilige Hand-
lung hierdurch verringert wird und ihr Anſe-
hen verlieret; als ſolten die Landesherrſchaff-
ten billig verbiethen, daß keiner Gevatter ſtehen
ſolte, der nicht zuvor in den noͤthigen Stuͤcken
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re und diejenigen Jahre erreicht haͤtte, da er die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/292>, abgerufen am 21.11.2024.
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