Gelegenheit, die Staats-Wissenschafft zu ex- coliren, indem dieselbige nur durch den Umgang der Staats-Leute und Abhandlung der Saats- Affairen erlernet werden müße. Sie haben wohl gesehen, daß die politischen Bücher, wie sie insgemein in den Händen der Herren Ge- lehrten herum gegangen, eben nicht so gar viel getauget, und schlechte Cautelae Prudentiae publicae darinnen anzutreffen, es sind ihnen aber die andern Bücher, daraus sie stückweise die Politic erlernen können, theils unbekandt, theils auch in ausländischen Sprachen, die sie nicht haben verstehen können, geschrieben, und sonst so gar dicke nicht gesäet gewesen. Zu- dem so ist ihnen die Methode, wie sie durch ei- genes Nachsinnen und Nachfragen die Politic cultiviren könten, verborgen geblieben. An- dere haben wohl gedacht, es sey ihren Ehren zu viel, wenn sie als Philosophi von andern Un- gelehrten etwas fragen und erlernen solten, das sie nicht wüsten. Noch andre haben geglaubt, die Staats-Klugheit werde doch bey ihnen nicht gesucht werden, und also sey es unnöthig, viel Zeit auf deren Excolirung zu wenden, und es möchte an den Höfen nicht wohl aufgenom- men werden, wenn sie grossen Herren Regeln vorschreiben wolten, wie Land und Leute zu re- gieren wären.
§. 14.
B
Gelegenheit, die Staats-Wiſſenſchafft zu ex- coliren, indem dieſelbige nur durch den Umgang der Staats-Leute und Abhandlung der Saats- Affairen erlernet werden muͤße. Sie haben wohl geſehen, daß die politiſchen Buͤcher, wie ſie insgemein in den Haͤnden der Herren Ge- lehrten herum gegangen, eben nicht ſo gar viel getauget, und ſchlechte Cautelæ Prudentiæ publicæ darinnen anzutreffen, es ſind ihnen aber die andern Buͤcher, daraus ſie ſtuͤckweiſe die Politic erlernen koͤnnen, theils unbekandt, theils auch in auslaͤndiſchen Sprachen, die ſie nicht haben verſtehen koͤnnen, geſchrieben, und ſonſt ſo gar dicke nicht geſaͤet geweſen. Zu- dem ſo iſt ihnen die Methode, wie ſie durch ei- genes Nachſinnen und Nachfragen die Politic cultiviren koͤnten, verborgen geblieben. An- dere haben wohl gedacht, es ſey ihren Ehren zu viel, wenn ſie als Philoſophi von andern Un- gelehrten etwas fragen und erlernen ſolten, das ſie nicht wuͤſten. Noch andre haben geglaubt, die Staats-Klugheit werde doch bey ihnen nicht geſucht werden, und alſo ſey es unnoͤthig, viel Zeit auf deren Excolirung zu wenden, und es moͤchte an den Hoͤfen nicht wohl aufgenom- men werden, wenn ſie groſſen Herren Regeln vorſchreiben wolten, wie Land und Leute zu re- gieren waͤren.
§. 14.
B
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Gelegenheit, die Staats-Wiſſenſchafft zu ex-
coliren, indem dieſelbige nur durch den Umgang
der Staats-Leute und Abhandlung der Saats-
Affairen erlernet werden muͤße. Sie haben
wohl geſehen, daß die politiſchen Buͤcher, wie
ſie insgemein in den Haͤnden der Herren Ge-
lehrten herum gegangen, eben nicht ſo gar viel
getauget, und ſchlechte Cautelæ Prudentiæ
publicæ darinnen anzutreffen, es ſind ihnen
aber die andern Buͤcher, daraus ſie ſtuͤckweiſe
die Politic erlernen koͤnnen, theils unbekandt,
theils auch in auslaͤndiſchen Sprachen, die ſie
nicht haben verſtehen koͤnnen, geſchrieben, und
ſonſt ſo gar dicke nicht geſaͤet geweſen. Zu-
dem ſo iſt ihnen die Methode, wie ſie durch ei-
genes Nachſinnen und Nachfragen die Politic
cultiviren koͤnten, verborgen geblieben. An-
dere haben wohl gedacht, es ſey ihren Ehren zu
viel, wenn ſie als Philoſophi von andern Un-
gelehrten etwas fragen und erlernen ſolten, das
ſie nicht wuͤſten. Noch andre haben geglaubt,
die Staats-Klugheit werde doch bey ihnen
nicht geſucht werden, und alſo ſey es unnoͤthig,
viel Zeit auf deren Excolirung zu wenden, und
es moͤchte an den Hoͤfen nicht wohl aufgenom-
men werden, wenn ſie groſſen Herren Regeln
vorſchreiben wolten, wie Land und Leute zu re-
gieren waͤren.
§. 14.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/37>, abgerufen am 21.11.2024.
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