erstlich zuvor entweder von ihren guten Freun- den, oder von dem Herrn Professore zu dem sie ihr Vertrauen hätten, incognito examiniren lassen, ehe dieses solenne Examen mit ihnen vorgenommen würde, und wenn sie merckten, daß sie etwan noch zur Zeit kein gut Testimo- nium erhalten möchten, unterdessen noch ein wenig fleißig seyn, damit sie etwas besser be- stünden. Hingegen die fleißig gewest und in den Wissenschafften etwas redliches gethan, würden sich mit grösten Freuden zu dem exami- ne stellen, weil sie wüsten, daß sie ihre Geschick- lichkeit hierdurch an Tag legen, und ihren Pa- tronen, Eltern und Freunden erweisen könten, daß sie ihre Zeit wohl angeleget und sich zu öf- fentlichen Bedienungen in der Republic ge- schickt gemacht hätten. Die eine mediocro Censur erhielten, könten sich auch darein erge- ben, weil die allermeisten dergleichen Censuren nebst ihnen haben würden und dieselbige ihnen eben nicht zum Praejudiz oder zum Schimpff ge- reichen würde.
§. 26. Diese Examina würden ihnen im geringsten nicht disrenomirlich seyn. Denn da diejenigen, so academische Würden annehmen, sich dem Examini unterwerffen müssen und das- selbige noch auf das theuerste bezahlen; Uber- diß die Advocaten, ehe sie zur Praxi gelassen
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erſtlich zuvor entweder von ihren guten Freun- den, oder von dem Herrn Profeſſore zu dem ſie ihr Vertrauen haͤtten, incognito examiniren laſſen, ehe dieſes ſolenne Examen mit ihnen vorgenommen wuͤrde, und wenn ſie merckten, daß ſie etwan noch zur Zeit kein gut Teſtimo- nium erhalten moͤchten, unterdeſſen noch ein wenig fleißig ſeyn, damit ſie etwas beſſer be- ſtuͤnden. Hingegen die fleißig geweſt und in den Wiſſenſchafften etwas redliches gethan, wuͤrden ſich mit groͤſten Freuden zu dem exami- ne ſtellen, weil ſie wuͤſten, daß ſie ihre Geſchick- lichkeit hierdurch an Tag legen, und ihren Pa- tronen, Eltern und Freunden erweiſen koͤnten, daß ſie ihre Zeit wohl angeleget und ſich zu oͤf- fentlichen Bedienungen in der Republic ge- ſchickt gemacht haͤtten. Die eine mediocro Cenſur erhielten, koͤnten ſich auch darein erge- ben, weil die allermeiſten dergleichen Cenſuren nebſt ihnen haben wuͤrden und dieſelbige ihnen eben nicht zum Præjudiz oder zum Schimpff ge- reichen wuͤrde.
§. 26. Dieſe Examina wuͤrden ihnen im geringſten nicht disrenomirlich ſeyn. Denn da diejenigen, ſo academiſche Wuͤrden annehmen, ſich dem Examini unterwerffen muͤſſen und daſ- ſelbige noch auf das theuerſte bezahlen; Uber- diß die Advocaten, ehe ſie zur Praxi gelaſſen
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erſtlich zuvor entweder von ihren guten Freun-
den, oder von dem Herrn Profeſſore zu dem ſie
ihr Vertrauen haͤtten, incognito examiniren
laſſen, ehe dieſes ſolenne Examen mit ihnen
vorgenommen wuͤrde, und wenn ſie merckten,
daß ſie etwan noch zur Zeit kein gut Teſtimo-
nium erhalten moͤchten, unterdeſſen noch ein
wenig fleißig ſeyn, damit ſie etwas beſſer be-
ſtuͤnden. Hingegen die fleißig geweſt und in
den Wiſſenſchafften etwas redliches gethan,
wuͤrden ſich mit groͤſten Freuden zu dem exami-
ne ſtellen, weil ſie wuͤſten, daß ſie ihre Geſchick-
lichkeit hierdurch an Tag legen, und ihren Pa-
tronen, Eltern und Freunden erweiſen koͤnten,
daß ſie ihre Zeit wohl angeleget und ſich zu oͤf-
fentlichen Bedienungen in der Republic ge-
ſchickt gemacht haͤtten. Die eine mediocro
Cenſur erhielten, koͤnten ſich auch darein erge-
ben, weil die allermeiſten dergleichen Cenſuren
nebſt ihnen haben wuͤrden und dieſelbige ihnen
eben nicht zum Præjudiz oder zum Schimpff ge-
reichen wuͤrde.
§. 26. Dieſe Examina wuͤrden ihnen im
geringſten nicht disrenomirlich ſeyn. Denn da
diejenigen, ſo academiſche Wuͤrden annehmen,
ſich dem Examini unterwerffen muͤſſen und daſ-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/445>, abgerufen am 23.11.2024.
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