auch, welches einigen paradox scheinen möchte, allerhand zur Staats-Klugheit gehörigen Ma- terialien von gemeinen Leuten erlernen und ein- sammlen könne, so will ich solches durch ein Ex- empel erläutern. Wer wolte läugnen, daß nicht auch zur Staats-Klugheit gehören solte, daß unterschiedene nützliche und gute Ordnun- gen in das Land ausgeschrieben werden, darin- nen allerhand Mißbräuche, die bißhero im Schwange gewesen, abgeschafft und verboten, und hingegen andere nützliche Puncte, die zur Verbesserung dieses oder jenes objecti und Beförderung der Glückseligkeit des Landes ge- reichten, anbefohlen und vorgestellet würden, z. E. Fisch-Ordnungen, Mühlen-Ordnungen, Schleusen-Ordnungen u. s. w. Wenn nun ein grosser Herr seinen Ministris, Regierungs- Räthen, oder wie sie nach dem Unterscheid der Höfe weiter Nahmen haben mögen, anbefieh- let, dergleichen Ordnungen, weil die alten sich auf den heutigen Staat des Landes so nicht mehr schicken wolten, abzufassen, so können sie unmöglich dieselben recht vollständig und voll- kommen ausarbeiten, wenn sie nicht entweder vorher, ehe sie zu solchen Verrichtungen gezo- gen worden, von dergleichen Leuten Informa- tion erlangt, oder doch um die Zeit, da sie die- selben verfertigen sollen, hier und da Erkundi-
gung
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auch, welches einigen paradox ſcheinen moͤchte, allerhand zur Staats-Klugheit gehoͤrigen Ma- terialien von gemeinen Leuten erlernen und ein- ſammlen koͤnne, ſo will ich ſolches durch ein Ex- empel erlaͤutern. Wer wolte laͤugnen, daß nicht auch zur Staats-Klugheit gehoͤren ſolte, daß unterſchiedene nuͤtzliche und gute Ordnun- gen in das Land ausgeſchrieben werden, darin- nen allerhand Mißbraͤuche, die bißhero im Schwange geweſen, abgeſchafft und verboten, und hingegen andere nuͤtzliche Puncte, die zur Verbeſſerung dieſes oder jenes objecti und Befoͤrderung der Gluͤckſeligkeit des Landes ge- reichten, anbefohlen und vorgeſtellet wuͤrden, z. E. Fiſch-Ordnungen, Muͤhlen-Ordnungen, Schleuſen-Ordnungen u. ſ. w. Wenn nun ein groſſer Herr ſeinen Miniſtris, Regierungs- Raͤthen, oder wie ſie nach dem Unterſcheid der Hoͤfe weiter Nahmen haben moͤgen, anbefieh- let, dergleichen Ordnungen, weil die alten ſich auf den heutigen Staat des Landes ſo nicht mehr ſchicken wolten, abzufaſſen, ſo koͤnnen ſie unmoͤglich dieſelben recht vollſtaͤndig und voll- kommen ausarbeiten, wenn ſie nicht entweder vorher, ehe ſie zu ſolchen Verrichtungen gezo- gen worden, von dergleichen Leuten Informa- tion erlangt, oder doch um die Zeit, da ſie die- ſelben verfertigen ſollen, hier und da Erkundi-
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[25/0045]
auch, welches einigen paradox ſcheinen moͤchte,
allerhand zur Staats-Klugheit gehoͤrigen Ma-
terialien von gemeinen Leuten erlernen und ein-
ſammlen koͤnne, ſo will ich ſolches durch ein Ex-
empel erlaͤutern. Wer wolte laͤugnen, daß
nicht auch zur Staats-Klugheit gehoͤren ſolte,
daß unterſchiedene nuͤtzliche und gute Ordnun-
gen in das Land ausgeſchrieben werden, darin-
nen allerhand Mißbraͤuche, die bißhero im
Schwange geweſen, abgeſchafft und verboten,
und hingegen andere nuͤtzliche Puncte, die zur
Verbeſſerung dieſes oder jenes objecti und
Befoͤrderung der Gluͤckſeligkeit des Landes ge-
reichten, anbefohlen und vorgeſtellet wuͤrden,
z. E. Fiſch-Ordnungen, Muͤhlen-Ordnungen,
Schleuſen-Ordnungen u. ſ. w. Wenn nun
ein groſſer Herr ſeinen Miniſtris, Regierungs-
Raͤthen, oder wie ſie nach dem Unterſcheid der
Hoͤfe weiter Nahmen haben moͤgen, anbefieh-
let, dergleichen Ordnungen, weil die alten ſich
auf den heutigen Staat des Landes ſo nicht
mehr ſchicken wolten, abzufaſſen, ſo koͤnnen ſie
unmoͤglich dieſelben recht vollſtaͤndig und voll-
kommen ausarbeiten, wenn ſie nicht entweder
vorher, ehe ſie zu ſolchen Verrichtungen gezo-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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