torem entweder sein Vermögen theilen, oder es auf desjenigen, so haeres fiduciarius seyn soll, nächsten Erben ab intestato kommen lasse? weil es doch ungewiß ist und in GOttes Hän- den stehet, wer den haeredem fiduciarium ü- berleben werde. Jn meinen Augen sind die fideicommissa, wenn extranei zu haeredibus fiduciariis und fideicommissariis eingesetzt werden, nichts anders als ein auffgeworffener Zanck-Apffel. Soll auch gleich denen De- scendentibus und denen Familiis hierdurch prospiciret werden, so ist es doch ein ausge- streueter Proceß-Saame, nur daß er etwas langsamer aufgehet. Wenn er aber hervor käumet, so wird er in kurtzen so starck, daß er das übrige Erbe und Vermögen sehr dämpffet und ersticket.
§. 32. Die Exhaeredationes und Enter- bungen machen auch viel Streit. Wenn nun solche abgeschafft oder restringiret würden, dergestalt, daß des Enterbten Antheil nicht den Mitt-Erben, sondern denen piis causis, Zucht- und Werck-Häusern accrescirte, so würden zum wenigsten die Proceße zwischen denen Erb- loß-Gesetzten und übrigen Geschwister und Mit- Erben oder zwischen Eltern und Kindern erspa- ret, welche sonst ihr Erbtheil mit dran setzen und darüber verarmen müssen.
§. 33.
torem entweder ſein Vermoͤgen theilen, oder es auf desjenigen, ſo hæres fiduciarius ſeyn ſoll, naͤchſten Erben ab inteſtato kommen laſſe? weil es doch ungewiß iſt und in GOttes Haͤn- den ſtehet, wer den hæredem fiduciarium uͤ- berleben werde. Jn meinen Augen ſind die fideicommiſſa, wenn extranei zu hæredibus fiduciariis und fideicommiſſariis eingeſetzt werden, nichts anders als ein auffgeworffener Zanck-Apffel. Soll auch gleich denen De- ſcendentibus und denen Familiis hierdurch proſpiciret werden, ſo iſt es doch ein ausge- ſtreueter Proceß-Saame, nur daß er etwas langſamer aufgehet. Wenn er aber hervor kaͤumet, ſo wird er in kurtzen ſo ſtarck, daß er das uͤbrige Erbe und Vermoͤgen ſehr daͤmpffet und erſticket.
§. 32. Die Exhæredationes und Enter- bungen machen auch viel Streit. Wenn nun ſolche abgeſchafft oder reſtringiret wuͤrden, dergeſtalt, daß des Enterbten Antheil nicht den Mitt-Erben, ſondern denen piis cauſis, Zucht- und Werck-Haͤuſern accreſcirte, ſo wuͤrden zum wenigſten die Proceße zwiſchen denen Erb- loß-Geſetzten und uͤbrigen Geſchwiſter und Mit- Erben oder zwiſchen Eltern und Kindern erſpa- ret, welche ſonſt ihr Erbtheil mit dran ſetzen und daruͤber verarmen muͤſſen.
§. 33.
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torem entweder ſein Vermoͤgen theilen, oder
es auf desjenigen, ſo hæres fiduciarius ſeyn ſoll,
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weil es doch ungewiß iſt und in GOttes Haͤn-
den ſtehet, wer den hæredem fiduciarium uͤ-
berleben werde. Jn meinen Augen ſind die
fideicommiſſa, wenn extranei zu hæredibus
fiduciariis und fideicommiſſariis eingeſetzt
werden, nichts anders als ein auffgeworffener
Zanck-Apffel. Soll auch gleich denen De-
ſcendentibus und denen Familiis hierdurch
proſpiciret werden, ſo iſt es doch ein ausge-
ſtreueter Proceß-Saame, nur daß er etwas
langſamer aufgehet. Wenn er aber hervor
kaͤumet, ſo wird er in kurtzen ſo ſtarck, daß er das
uͤbrige Erbe und Vermoͤgen ſehr daͤmpffet und
erſticket.
§. 32. Die Exhæredationes und Enter-
bungen machen auch viel Streit. Wenn nun
ſolche abgeſchafft oder reſtringiret wuͤrden,
dergeſtalt, daß des Enterbten Antheil nicht den
Mitt-Erben, ſondern denen piis cauſis, Zucht-
und Werck-Haͤuſern accreſcirte, ſo wuͤrden
zum wenigſten die Proceße zwiſchen denen Erb-
loß-Geſetzten und uͤbrigen Geſchwiſter und Mit-
Erben oder zwiſchen Eltern und Kindern erſpa-
ret, welche ſonſt ihr Erbtheil mit dran ſetzen und
daruͤber verarmen muͤſſen.
§. 33.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/626>, abgerufen am 22.11.2024.
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