ziehen, und auff solche Weise der abgeschaffte Excess unter einem andern Schein und Nah- men wieder zum Vorschein gebracht wird, so solten diejenigen Schneider und Handwercks- Leute, die aus Geitz und thörichter Caprice alle viertel Jahre fast neue Mode erdencken und da- durch verursachen, daß andere Leute sich ihrer Thorheit conformiren, billig deshalben in Straffe nehmen lassen. Allein, die Vorstel- lungen der Kauffmannschafften und einiger an- dern Leute, welche an dergleichen Sachen Ge- fallen tragen und an den Höfen bißweilen viel zusprechen haben, verhindern, daß die Kleider- Ordnungen entweder gantz und gar nicht pu- bliciret oder doch nicht gehalten werden.
§. 18. Es ist leider mehr als zu sehr bekannt, daß der kümmerlich und nahrlosen Zeiten unge- achtet der luxus, die Uppigkeit und Verschwen- dung nicht alle in in der Kleider-Pracht, sondern auch in Essen und Trincken, bey Hochzeiten, Kind tauffen und andern Ausrichtungen sehr hoch gestiegen, so daß heutigs Tags die Bürger- Leute, die von Condition sind, nicht mit denje- nigen Tractamenten zufrieden seyn wollen, die wohl ehemahls auf Fürstl. Banqueten auffge- setzt worden. Da aber hierdurch manche Fami- lien verarmen und sich ruiniren und an statt et- was beyzulegen, die Eltern ihren Kindern
Schul-
ziehen, und auff ſolche Weiſe der abgeſchaffte Excesſ unter einem andern Schein und Nah- men wieder zum Vorſchein gebracht wird, ſo ſolten diejenigen Schneider und Handwercks- Leute, die aus Geitz und thoͤrichter Caprice alle viertel Jahre faſt neue Mode erdencken und da- durch verurſachen, daß andere Leute ſich ihrer Thorheit conformiren, billig deshalben in Straffe nehmen laſſen. Allein, die Vorſtel- lungen der Kauffmannſchafften und einiger an- dern Leute, welche an dergleichen Sachen Ge- fallen tragen und an den Hoͤfen bißweilen viel zuſprechen haben, verhindern, daß die Kleider- Ordnungen entweder gantz und gar nicht pu- bliciret oder doch nicht gehalten werden.
§. 18. Es iſt leider mehr als zu ſehr bekannt, daß der kuͤmmerlich und nahrloſen Zeiten unge- achtet der luxus, die Uppigkeit und Verſchwen- dung nicht alle in in der Kleider-Pracht, ſondern auch in Eſſen und Trincken, bey Hochzeiten, Kind tauffen und andern Ausrichtungen ſehr hoch geſtiegen, ſo daß heutigs Tags die Buͤrger- Leute, die von Condition ſind, nicht mit denje- nigen Tractamenten zufrieden ſeyn wollen, die wohl ehemahls auf Fuͤrſtl. Banqueten auffge- ſetzt worden. Da aber hierdurch manche Fami- lien verarmen und ſich ruiniren und an ſtatt et- was beyzulegen, die Eltern ihren Kindern
Schul-
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ziehen, und auff ſolche Weiſe der abgeſchaffte
Excesſ unter einem andern Schein und Nah-
men wieder zum Vorſchein gebracht wird, ſo
ſolten diejenigen Schneider und Handwercks-
Leute, die aus Geitz und thoͤrichter Caprice alle
viertel Jahre faſt neue Mode erdencken und da-
durch verurſachen, daß andere Leute ſich ihrer
Thorheit conformiren, billig deshalben in
Straffe nehmen laſſen. Allein, die Vorſtel-
lungen der Kauffmannſchafften und einiger an-
dern Leute, welche an dergleichen Sachen Ge-
fallen tragen und an den Hoͤfen bißweilen viel
zuſprechen haben, verhindern, daß die Kleider-
Ordnungen entweder gantz und gar nicht pu-
bliciret oder doch nicht gehalten werden.
§. 18. Es iſt leider mehr als zu ſehr bekannt,
daß der kuͤmmerlich und nahrloſen Zeiten unge-
achtet der luxus, die Uppigkeit und Verſchwen-
dung nicht alle in in der Kleider-Pracht, ſondern
auch in Eſſen und Trincken, bey Hochzeiten,
Kind tauffen und andern Ausrichtungen ſehr
hoch geſtiegen, ſo daß heutigs Tags die Buͤrger-
Leute, die von Condition ſind, nicht mit denje-
nigen Tractamenten zufrieden ſeyn wollen, die
wohl ehemahls auf Fuͤrſtl. Banqueten auffge-
ſetzt worden. Da aber hierdurch manche Fami-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/641>, abgerufen am 22.11.2024.
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