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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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scheid darnach ab, verlesen es in pleno, versie-
geln es mit der Facultät Siegel, und schicken es
fort, und muß ein solches Urtheil sodann vor ein
halbes Oraculum hernach passiren. Gleich-
wie nun aber diejenigen, die solches thun, wider
Pflicht und Gewissen handeln, und da sie von
ihren Referenten verführet worden, manch-
mahl Urtheile sprechen, die wider die Acten
und Recht und Billigkeit seyn; Als solten die
Landes-Fürsten alle diejenigen Membra der
Facultäten und Schöppen-Stühle, die wegen
solcher Nachläßigkeit überführet wären, als Un-
würdige von ihren Justitz-Bedienungen, nach
Gelegenheit der Umstände, entweder suspendi-
ren oder removiren.

§. 32. Ferner gehören auch unter die Miß-
bräuche, die bey den Justitz-Collegiis angetrof-
fen werden, die sogenannten Observantien und
Praejudicia. Es sind dieselben bey den meisten
Justitz Collegiis heutiges Tages in gar gros-
sen Ansehen, wenn man sie aber bey dem Lichte
besiehet, so taugen und gelten sie wenig oder
nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den
Gesetzen mit mehrern hiervon gesagt. Es ist
eine Observanz entweder der Verordnung der
Gesetze convenient, oder derselben zuwider.
Bey jenem Falle ist es nicht nöthig, der Obser-
vanz
nachzugehen, weil man ja die Gesetze vor

sich



ſcheid darnach ab, verleſen es in pleno, verſie-
geln es mit der Facultaͤt Siegel, und ſchicken es
fort, und muß ein ſolches Urtheil ſodann vor ein
halbes Oraculum hernach paſſiren. Gleich-
wie nun aber diejenigen, die ſolches thun, wider
Pflicht und Gewiſſen handeln, und da ſie von
ihren Referenten verfuͤhret worden, manch-
mahl Urtheile ſprechen, die wider die Acten
und Recht und Billigkeit ſeyn; Als ſolten die
Landes-Fuͤrſten alle diejenigen Membra der
Facultaͤten und Schoͤppen-Stuͤhle, die wegen
ſolcher Nachlaͤßigkeit uͤberfuͤhret waͤren, als Un-
wuͤrdige von ihren Juſtitz-Bedienungen, nach
Gelegenheit der Umſtaͤnde, entweder ſuſpendi-
ren oder removiren.

§. 32. Ferner gehoͤren auch unter die Miß-
braͤuche, die bey den Juſtitz-Collegiis angetrof-
fen werden, die ſogenannten Obſervantien und
Præjudicia. Es ſind dieſelben bey den meiſten
Juſtitz Collegiis heutiges Tages in gar groſ-
ſen Anſehen, wenn man ſie aber bey dem Lichte
beſiehet, ſo taugen und gelten ſie wenig oder
nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den
Geſetzen mit mehrern hiervon geſagt. Es iſt
eine Obſervanz entweder der Verordnung der
Geſetze convenient, oder derſelben zuwider.
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vanz
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[700/0720] ſcheid darnach ab, verleſen es in pleno, verſie- geln es mit der Facultaͤt Siegel, und ſchicken es fort, und muß ein ſolches Urtheil ſodann vor ein halbes Oraculum hernach paſſiren. Gleich- wie nun aber diejenigen, die ſolches thun, wider Pflicht und Gewiſſen handeln, und da ſie von ihren Referenten verfuͤhret worden, manch- mahl Urtheile ſprechen, die wider die Acten und Recht und Billigkeit ſeyn; Als ſolten die Landes-Fuͤrſten alle diejenigen Membra der Facultaͤten und Schoͤppen-Stuͤhle, die wegen ſolcher Nachlaͤßigkeit uͤberfuͤhret waͤren, als Un- wuͤrdige von ihren Juſtitz-Bedienungen, nach Gelegenheit der Umſtaͤnde, entweder ſuſpendi- ren oder removiren. §. 32. Ferner gehoͤren auch unter die Miß- braͤuche, die bey den Juſtitz-Collegiis angetrof- fen werden, die ſogenannten Obſervantien und Præjudicia. Es ſind dieſelben bey den meiſten Juſtitz Collegiis heutiges Tages in gar groſ- ſen Anſehen, wenn man ſie aber bey dem Lichte beſiehet, ſo taugen und gelten ſie wenig oder nichts, wie ich bereits in dem Capitel von den Geſetzen mit mehrern hiervon geſagt. Es iſt eine Obſervanz entweder der Verordnung der Geſetze convenient, oder derſelben zuwider. Bey jenem Falle iſt es nicht noͤthig, der Obſer- vanz nachzugehen, weil man ja die Geſetze vor ſich

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/720>, abgerufen am 22.11.2024.