Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



denn kan ein Landes-Fürst mit Recht von ihnen
fordern, was sie zu thun schuldig. Jst die Be-
soldung aber nicht hinlänglich oder richtig, so
setzt es nicht allein einen ehrlichen Diener in
Sorge und Unruhe, daß er mit einer solchen
Gemüths-Freyheit seinen Verrichtungen nicht
so, wie er sonsten wohl könte, obliegen kan, son-
dern wird auch, wo er ein habiler Mann, es
bloß so lange zusehen, biß er eine andere Gele-
genheit, sich besser zu erhalten, vor sich hat. Die-
weil aber einem Fürsten nicht damit gedienet
seyn kan, wenn ihm gute Diener weg, und in
andere Dienste gehen, so ist es besser, daß sie ei-
nen solchen Diener auf alle Wege soulagiren,
als ihn in andere Dienste treten lassen.

§. 6. Ob gleich ein Fürst einem seiner vor-
nehmsten Räthe ein Geheimniß zu vertrauen
hat, so muß er doch den Schluß, oder das Beste,
vor sich behalten. Hierdurch wird alles mit
der grösten Verschwiegenheit und Behutsam-
keit tractiret, und ein Fürst conserviret seinen
Respect, und behält das Gouvernement allein
in Händen. Es kan auch dieses einem Mini-
stre
selbst nicht anders als lieb und angenehm
seyn, dieweil ihm hierdurch vielweniger impu-
ti
ret werden kan, als wenn er etwas alleine auf
seine Gefahr nehmen muß.

§. 7. Wenn die Landes-Kinder mit denen

aus-



denn kan ein Landes-Fuͤrſt mit Recht von ihnen
fordern, was ſie zu thun ſchuldig. Jſt die Be-
ſoldung aber nicht hinlaͤnglich oder richtig, ſo
ſetzt es nicht allein einen ehrlichen Diener in
Sorge und Unruhe, daß er mit einer ſolchen
Gemuͤths-Freyheit ſeinen Verrichtungen nicht
ſo, wie er ſonſten wohl koͤnte, obliegen kan, ſon-
dern wird auch, wo er ein habiler Mann, es
bloß ſo lange zuſehen, biß er eine andere Gele-
genheit, ſich beſſer zu erhalten, vor ſich hat. Die-
weil aber einem Fuͤrſten nicht damit gedienet
ſeyn kan, wenn ihm gute Diener weg, und in
andere Dienſte gehen, ſo iſt es beſſer, daß ſie ei-
nen ſolchen Diener auf alle Wege ſoulagiren,
als ihn in andere Dienſte treten laſſen.

§. 6. Ob gleich ein Fuͤrſt einem ſeiner vor-
nehmſten Raͤthe ein Geheimniß zu vertrauen
hat, ſo muß er doch den Schluß, oder das Beſte,
vor ſich behalten. Hierdurch wird alles mit
der groͤſten Verſchwiegenheit und Behutſam-
keit tractiret, und ein Fuͤrſt conſerviret ſeinen
Reſpect, und behaͤlt das Gouvernement allein
in Haͤnden. Es kan auch dieſes einem Mini-
ſtre
ſelbſt nicht anders als lieb und angenehm
ſeyn, dieweil ihm hierdurch vielweniger impu-
ti
ret werden kan, als wenn er etwas alleine auf
ſeine Gefahr nehmen muß.

§. 7. Wenn die Landes-Kinder mit denen

aus-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0820" n="800"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> denn kan ein Landes-Fu&#x0364;r&#x017F;t mit Recht von ihnen<lb/>
fordern, was &#x017F;ie zu thun &#x017F;chuldig. J&#x017F;t die Be-<lb/>
&#x017F;oldung aber nicht hinla&#x0364;nglich oder richtig, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;etzt es nicht allein einen ehrlichen Diener in<lb/>
Sorge und Unruhe, daß er mit einer &#x017F;olchen<lb/>
Gemu&#x0364;ths-Freyheit &#x017F;einen Verrichtungen nicht<lb/>
&#x017F;o, wie er &#x017F;on&#x017F;ten wohl ko&#x0364;nte, obliegen kan, &#x017F;on-<lb/>
dern wird auch, wo er ein <hi rendition="#aq">habil</hi>er Mann, es<lb/>
bloß &#x017F;o lange zu&#x017F;ehen, biß er eine andere Gele-<lb/>
genheit, &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er zu erhalten, vor &#x017F;ich hat. Die-<lb/>
weil aber einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten nicht damit gedienet<lb/>
&#x017F;eyn kan, wenn ihm gute Diener weg, und in<lb/>
andere Dien&#x017F;te gehen, &#x017F;o i&#x017F;t es be&#x017F;&#x017F;er, daß &#x017F;ie ei-<lb/>
nen &#x017F;olchen Diener auf alle Wege <hi rendition="#aq">&#x017F;oulagi</hi>ren,<lb/>
als ihn in andere Dien&#x017F;te treten la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>§. 6. Ob gleich ein Fu&#x0364;r&#x017F;t einem &#x017F;einer vor-<lb/>
nehm&#x017F;ten Ra&#x0364;the ein Geheimniß zu vertrauen<lb/>
hat, &#x017F;o muß er doch den Schluß, oder das Be&#x017F;te,<lb/>
vor &#x017F;ich behalten. Hierdurch wird alles mit<lb/>
der gro&#x0364;&#x017F;ten Ver&#x017F;chwiegenheit und Behut&#x017F;am-<lb/>
keit <hi rendition="#aq">tracti</hi>ret, und ein Fu&#x0364;r&#x017F;t <hi rendition="#aq">con&#x017F;ervi</hi>ret &#x017F;einen<lb/><hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect,</hi> und beha&#x0364;lt das <hi rendition="#aq">Gouvernement</hi> allein<lb/>
in Ha&#x0364;nden. Es kan auch die&#x017F;es einem <hi rendition="#aq">Mini-<lb/>
&#x017F;tre</hi> &#x017F;elb&#x017F;t nicht anders als lieb und angenehm<lb/>
&#x017F;eyn, dieweil ihm hierdurch vielweniger <hi rendition="#aq">impu-<lb/>
ti</hi>ret werden kan, als wenn er etwas alleine auf<lb/>
&#x017F;eine Gefahr nehmen muß.</p><lb/>
        <p>§. 7. Wenn die Landes-Kinder mit denen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[800/0820] denn kan ein Landes-Fuͤrſt mit Recht von ihnen fordern, was ſie zu thun ſchuldig. Jſt die Be- ſoldung aber nicht hinlaͤnglich oder richtig, ſo ſetzt es nicht allein einen ehrlichen Diener in Sorge und Unruhe, daß er mit einer ſolchen Gemuͤths-Freyheit ſeinen Verrichtungen nicht ſo, wie er ſonſten wohl koͤnte, obliegen kan, ſon- dern wird auch, wo er ein habiler Mann, es bloß ſo lange zuſehen, biß er eine andere Gele- genheit, ſich beſſer zu erhalten, vor ſich hat. Die- weil aber einem Fuͤrſten nicht damit gedienet ſeyn kan, wenn ihm gute Diener weg, und in andere Dienſte gehen, ſo iſt es beſſer, daß ſie ei- nen ſolchen Diener auf alle Wege ſoulagiren, als ihn in andere Dienſte treten laſſen. §. 6. Ob gleich ein Fuͤrſt einem ſeiner vor- nehmſten Raͤthe ein Geheimniß zu vertrauen hat, ſo muß er doch den Schluß, oder das Beſte, vor ſich behalten. Hierdurch wird alles mit der groͤſten Verſchwiegenheit und Behutſam- keit tractiret, und ein Fuͤrſt conſerviret ſeinen Reſpect, und behaͤlt das Gouvernement allein in Haͤnden. Es kan auch dieſes einem Mini- ſtre ſelbſt nicht anders als lieb und angenehm ſeyn, dieweil ihm hierdurch vielweniger impu- tiret werden kan, als wenn er etwas alleine auf ſeine Gefahr nehmen muß. §. 7. Wenn die Landes-Kinder mit denen aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/820
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 800. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/820>, abgerufen am 22.11.2024.