wollen, nicht mit Poltern, Fluchen und Schmäh- len, wie es offt zu geschehen pflegt, übel anlassen, so, daß die Leute lieber zum Hencker gehen möch- ten, denn zu solchen Officianten, da sie sich doch gegen die ihnen anvertraute Unterthanen billig als Väter aufführen solten, sondern ihnen freundlich begegnen, dieselben gerne vor sich kommen lassen, iedweden an gebührenden Ort und Stelle gutwillig hören, und sie mit billigen Bescheide versehen; Und wäre gewiß gar bil- lig, um dieser importunität zuvor zu kommen, wenn solches in ihre Bestallungen und Instru- ctiones mit gesetzet, sie auch darauf verpflichtet würden.
§. 37. Ein Regente muß seine Diener oh- ne eine wichtige raison nicht abdancken, denn wenn ein Herr unbeständig ist, und seinen Be- dienten um allerhand Kleinigkeiten willen sofort den Abschied ertheilet, so wird ein andrer recht- schaffener Mann Bedencken tragen, zu einem solchen Fürsten, und wenn er ihm noch so herrli- che Conditiones anfänglich offerirte, in Dien- ste zu treten, aus Furcht, wenn er es etwan ein- mahl in dem geringsten versehen solte, daß es ihm etwan auch so gehen, und er hernach darüber an seiner zeitlichen Wohlfahrt Scha- den leiden möchte. Ein Regente kan zufrieden seyn, wenn nur ein iedweder dasjenige, wozu er
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wollen, nicht mit Polteꝛn, Fluchen und Schmaͤh- len, wie es offt zu geſchehen pflegt, uͤbel anlaſſen, ſo, daß die Leute lieber zum Hencker gehen moͤch- ten, denn zu ſolchen Officianten, da ſie ſich doch gegen die ihnen anvertraute Unterthanen billig als Vaͤter auffuͤhren ſolten, ſondern ihnen freundlich begegnen, dieſelben gerne vor ſich kommen laſſen, iedweden an gebuͤhrenden Ort und Stelle gutwillig hoͤren, und ſie mit billigen Beſcheide verſehen; Und waͤre gewiß gar bil- lig, um dieſer importunitaͤt zuvor zu kommen, wenn ſolches in ihre Beſtallungen und Inſtru- ctiones mit geſetzet, ſie auch darauf verpflichtet wuͤrden.
§. 37. Ein Regente muß ſeine Diener oh- ne eine wichtige raiſon nicht abdancken, denn wenn ein Herr unbeſtaͤndig iſt, und ſeinen Be- dienten um allerhand Kleinigkeiten willen ſofort den Abſchied ertheilet, ſo wird ein andrer recht- ſchaffener Mann Bedencken tragen, zu einem ſolchen Fuͤrſten, und wenn er ihm noch ſo herrli- che Conditiones anfaͤnglich offerirte, in Dien- ſte zu treten, aus Furcht, wenn er es etwan ein- mahl in dem geringſten verſehen ſolte, daß es ihm etwan auch ſo gehen, und er hernach daruͤber an ſeiner zeitlichen Wohlfahrt Scha- den leiden moͤchte. Ein Regente kan zufrieden ſeyn, wenn nur ein iedweder dasjenige, wozu er
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wollen, nicht mit Polteꝛn, Fluchen und Schmaͤh-
len, wie es offt zu geſchehen pflegt, uͤbel anlaſſen,
ſo, daß die Leute lieber zum Hencker gehen moͤch-
ten, denn zu ſolchen Officianten, da ſie ſich doch
gegen die ihnen anvertraute Unterthanen billig
als Vaͤter auffuͤhren ſolten, ſondern ihnen
freundlich begegnen, dieſelben gerne vor ſich
kommen laſſen, iedweden an gebuͤhrenden Ort
und Stelle gutwillig hoͤren, und ſie mit billigen
Beſcheide verſehen; Und waͤre gewiß gar bil-
lig, um dieſer importunitaͤt zuvor zu kommen,
wenn ſolches in ihre Beſtallungen und Inſtru-
ctiones mit geſetzet, ſie auch darauf verpflichtet
wuͤrden.
§. 37. Ein Regente muß ſeine Diener oh-
ne eine wichtige raiſon nicht abdancken, denn
wenn ein Herr unbeſtaͤndig iſt, und ſeinen Be-
dienten um allerhand Kleinigkeiten willen ſofort
den Abſchied ertheilet, ſo wird ein andrer recht-
ſchaffener Mann Bedencken tragen, zu einem
ſolchen Fuͤrſten, und wenn er ihm noch ſo herrli-
che Conditiones anfaͤnglich offerirte, in Dien-
ſte zu treten, aus Furcht, wenn er es etwan ein-
mahl in dem geringſten verſehen ſolte, daß es
ihm etwan auch ſo gehen, und er hernach
daruͤber an ſeiner zeitlichen Wohlfahrt Scha-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/839>, abgerufen am 22.11.2024.
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