Staats-Affairen, oder auf andere Art eine Zeitlang als Secretarii, u. s. w. bey gewissen Collegiis würden gebrauchen lassen, um sich hierdurch zu höhern Dignitäten desto eher ge- schickt zu machen, nicht allein an ihren Privile- giis, Praerogativen und andern aus dem Adel- Stande ihnen zukommenden Rechten im ge- ringsten nichts abgehen, sondern bey Vacanzen allezeit auf solche Reflexion gemacht, und sie den andern vorgezogen, auch diejenigen, so ih- nen solches vorwerffen, sie darüber spöttisch halten, oder übel davon urtheilen würden, zu schwerer Straffe gezogen werden solten. Hier- durch würden viel Landes-Fürsten geschicktere Ministres und Officianten bekommen, und würde manchem armen von Adel eher Brod und Unterhalt geschafft werden.
§. 40. Es haben grosse Herren hohe Ur- sache, wachsam zu seyn, daß diejenigen Bedien- ten, die die an sie gerichteten unterthänigsten Memoriale und Suppliquen vorzutragen und zu expediren haben, ihre Pflicht gehöriger Massen in Acht nehmen, und dieselben nicht un- expedirt liegen lassen, oder wohl gar ohne Vor- bewust ihrer Herrschafften den Leuten nach eignen Gefallen Resolution darauf ertheilen. Gleichwie nun hierdurch viel tausend Men- schen, ja gantzen Collegiis Gelegenheit zu Kla-
gen
F f f 4
Staats-Affairen, oder auf andere Art eine Zeitlang als Secretarii, u. ſ. w. bey gewiſſen Collegiis wuͤrden gebrauchen laſſen, um ſich hierdurch zu hoͤhern Dignitaͤten deſto eher ge- ſchickt zu machen, nicht allein an ihren Privile- giis, Prærogativen und andern aus dem Adel- Stande ihnen zukommenden Rechten im ge- ringſten nichts abgehen, ſondern bey Vacanzen allezeit auf ſolche Reflexion gemacht, und ſie den andern vorgezogen, auch diejenigen, ſo ih- nen ſolches vorwerffen, ſie daruͤber ſpoͤttiſch halten, oder uͤbel davon urtheilen wuͤrden, zu ſchwerer Straffe gezogen werden ſolten. Hier- durch wuͤrden viel Landes-Fuͤrſten geſchicktere Miniſtres und Officianten bekommen, und wuͤrde manchem armen von Adel eher Brod und Unterhalt geſchafft werden.
§. 40. Es haben groſſe Herren hohe Ur- ſache, wachſam zu ſeyn, daß diejenigen Bedien- ten, die die an ſie gerichteten unterthaͤnigſten Memoriale und Suppliquen vorzutragen und zu expediren haben, ihre Pflicht gehoͤriger Maſſen in Acht nehmen, und dieſelben nicht un- expedirt liegen laſſen, oder wohl gar ohne Vor- bewuſt ihrer Herrſchafften den Leuten nach eignen Gefallen Reſolution darauf ertheilen. Gleichwie nun hierdurch viel tauſend Men- ſchen, ja gantzen Collegiis Gelegenheit zu Kla-
gen
F f f 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0843"n="823"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> Staats-<hirendition="#aq">Affai</hi>ren, oder auf andere Art eine<lb/>
Zeitlang als <hirendition="#aq">Secretarii,</hi> u. ſ. w. bey gewiſſen<lb/><hirendition="#aq">Collegiis</hi> wuͤrden gebrauchen laſſen, um ſich<lb/>
hierdurch zu hoͤhern <hirendition="#aq">Digni</hi>taͤten deſto eher ge-<lb/>ſchickt zu machen, nicht allein an ihren <hirendition="#aq">Privile-<lb/>
giis, Prærogativ</hi>en und andern aus dem Adel-<lb/>
Stande ihnen zukommenden Rechten im ge-<lb/>
ringſten nichts abgehen, ſondern bey <hirendition="#aq">Vacanz</hi>en<lb/>
allezeit auf ſolche <hirendition="#aq">Reflexion</hi> gemacht, und ſie<lb/>
den andern vorgezogen, auch diejenigen, ſo ih-<lb/>
nen ſolches vorwerffen, ſie daruͤber ſpoͤttiſch<lb/>
halten, oder uͤbel davon urtheilen wuͤrden, zu<lb/>ſchwerer Straffe gezogen werden ſolten. Hier-<lb/>
durch wuͤrden viel Landes-Fuͤrſten geſchicktere<lb/><hirendition="#aq">Miniſtres</hi> und <hirendition="#aq">Officiant</hi>en bekommen, und<lb/>
wuͤrde manchem armen von Adel eher Brod<lb/>
und Unterhalt geſchafft werden.</p><lb/><p>§. 40. Es haben groſſe Herren hohe Ur-<lb/>ſache, wachſam zu ſeyn, daß diejenigen Bedien-<lb/>
ten, die die an ſie gerichteten unterthaͤnigſten<lb/><hirendition="#aq">Memoriale</hi> und <hirendition="#aq">Suppliqu</hi>en vorzutragen und<lb/>
zu <hirendition="#aq">expedi</hi>ren haben, ihre Pflicht gehoͤriger<lb/>
Maſſen in Acht nehmen, und dieſelben nicht un-<lb/><hirendition="#aq">expedi</hi>rt liegen laſſen, oder wohl gar ohne Vor-<lb/>
bewuſt ihrer Herrſchafften den Leuten nach<lb/>
eignen Gefallen <hirendition="#aq">Reſolution</hi> darauf ertheilen.<lb/>
Gleichwie nun hierdurch viel tauſend Men-<lb/>ſchen, ja gantzen <hirendition="#aq">Collegiis</hi> Gelegenheit zu Kla-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f f 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[823/0843]
Staats-Affairen, oder auf andere Art eine
Zeitlang als Secretarii, u. ſ. w. bey gewiſſen
Collegiis wuͤrden gebrauchen laſſen, um ſich
hierdurch zu hoͤhern Dignitaͤten deſto eher ge-
ſchickt zu machen, nicht allein an ihren Privile-
giis, Prærogativen und andern aus dem Adel-
Stande ihnen zukommenden Rechten im ge-
ringſten nichts abgehen, ſondern bey Vacanzen
allezeit auf ſolche Reflexion gemacht, und ſie
den andern vorgezogen, auch diejenigen, ſo ih-
nen ſolches vorwerffen, ſie daruͤber ſpoͤttiſch
halten, oder uͤbel davon urtheilen wuͤrden, zu
ſchwerer Straffe gezogen werden ſolten. Hier-
durch wuͤrden viel Landes-Fuͤrſten geſchicktere
Miniſtres und Officianten bekommen, und
wuͤrde manchem armen von Adel eher Brod
und Unterhalt geſchafft werden.
§. 40. Es haben groſſe Herren hohe Ur-
ſache, wachſam zu ſeyn, daß diejenigen Bedien-
ten, die die an ſie gerichteten unterthaͤnigſten
Memoriale und Suppliquen vorzutragen und
zu expediren haben, ihre Pflicht gehoͤriger
Maſſen in Acht nehmen, und dieſelben nicht un-
expedirt liegen laſſen, oder wohl gar ohne Vor-
bewuſt ihrer Herrſchafften den Leuten nach
eignen Gefallen Reſolution darauf ertheilen.
Gleichwie nun hierdurch viel tauſend Men-
ſchen, ja gantzen Collegiis Gelegenheit zu Kla-
gen
F f f 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 823. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/843>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.