§. 42. Ein Fürst hat sich bey Unterzeich- nung der Befehle und andern Schrifften, die ihm von denen Secretariis und andern dazu be- stellten Personen zur Unterschrifft gebracht werden, in Acht zu nehmen, daß er dieselbigen allezeit erstlich durchlese, und nicht eher signire, biß ihm der Jnhalt davon bekandt, sonst, wenn ein Regente hierinnen allzu commode und nachläßig seyn möchte, und ein böser Diener sei- nes Herrn Art wüste, könte es leicht geschehen, daß er etwas unterzeichnete, welches doch her- nach zu seinem eigenen Praejudiz gereichen wür- de. Es sind die Exempel solcher Pflicht- und treulosen Diener nicht unbekandt.
§. 43. Es erweise ein Regente ja nicht, daß er sich vor einen von seinen Bedienten fürchte, denn es würde sein Respect gewaltig darüber leiden, und dergleichen Bedienten, wenn ihnen ihrer Herrschafft humeur bekannt wäre, kön- ten sich dieses zu ihrer Herrschafften Praejudiz bedienen.
§. 44. Ein Regente prospiciret seiner Re- nommee schlecht, wenn er ungeschickte Leute zu Aemtern befördert, zumahl bey hohen Char- gen, von denen vieles dependiret. Denn dergleichen Diener sind nicht capable, das wah- re Interesse ihrer Herrschafften in denjenigen Aemtern, darein sie gesetzet, zu erkennen und zu
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§. 42. Ein Fuͤrſt hat ſich bey Unterzeich- nung der Befehle und andern Schrifften, die ihm von denen Secretariis und andern dazu be- ſtellten Perſonen zur Unterſchrifft gebracht werden, in Acht zu nehmen, daß er dieſelbigen allezeit erſtlich durchleſe, und nicht eher ſignire, biß ihm der Jnhalt davon bekandt, ſonſt, wenn ein Regente hierinnen allzu commode und nachlaͤßig ſeyn moͤchte, und ein boͤſer Diener ſei- nes Herrn Art wuͤſte, koͤnte es leicht geſchehen, daß er etwas unterzeichnete, welches doch her- nach zu ſeinem eigenen Præjudiz gereichen wuͤr- de. Es ſind die Exempel ſolcher Pflicht- und treuloſen Diener nicht unbekandt.
§. 43. Es erweiſe ein Regente ja nicht, daß er ſich vor einen von ſeinen Bedienten fuͤrchte, denn es wuͤrde ſein Reſpect gewaltig daruͤber leiden, und dergleichen Bedienten, wenn ihnen ihrer Herrſchafft humeur bekannt waͤre, koͤn- ten ſich dieſes zu ihrer Herrſchafften Præjudiz bedienen.
§. 44. Ein Regente proſpiciret ſeiner Re- nommée ſchlecht, wenn er ungeſchickte Leute zu Aemtern befoͤrdert, zumahl bey hohen Char- gen, von denen vieles dependiret. Denn dergleichen Diener ſind nicht capable, das wah- re Intereſſe ihrer Herrſchafften in denjenigen Aemtern, darein ſie geſetzet, zu erkennen und zu
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§. 42. Ein Fuͤrſt hat ſich bey Unterzeich-
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ihm von denen Secretariis und andern dazu be-
ſtellten Perſonen zur Unterſchrifft gebracht
werden, in Acht zu nehmen, daß er dieſelbigen
allezeit erſtlich durchleſe, und nicht eher ſignire,
biß ihm der Jnhalt davon bekandt, ſonſt, wenn
ein Regente hierinnen allzu commode und
nachlaͤßig ſeyn moͤchte, und ein boͤſer Diener ſei-
nes Herrn Art wuͤſte, koͤnte es leicht geſchehen,
daß er etwas unterzeichnete, welches doch her-
nach zu ſeinem eigenen Præjudiz gereichen wuͤr-
de. Es ſind die Exempel ſolcher Pflicht- und
treuloſen Diener nicht unbekandt.
§. 43. Es erweiſe ein Regente ja nicht, daß
er ſich vor einen von ſeinen Bedienten fuͤrchte,
denn es wuͤrde ſein Reſpect gewaltig daruͤber
leiden, und dergleichen Bedienten, wenn ihnen
ihrer Herrſchafft humeur bekannt waͤre, koͤn-
ten ſich dieſes zu ihrer Herrſchafften Præjudiz
bedienen.
§. 44. Ein Regente proſpiciret ſeiner Re-
nommée ſchlecht, wenn er ungeſchickte Leute zu
Aemtern befoͤrdert, zumahl bey hohen Char-
gen, von denen vieles dependiret. Denn
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 825. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/845>, abgerufen am 22.11.2024.
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