bevor giebt, daher er so wohl als die Linden, und andere dergleichen Bäume zur Lust und Spa- tzier-Gange dienet, 2.) in Ausschlagen sich nicht übereilet, sondern wartet, biß die schädliche Käl- te gantz vorbey, und ein beständiges Frühlings- Wetter eingetreten, alsdenn aber so starck aus- schlägt, daß er offt in einer Nacht sich mit seinen frischen Laube völlig bekleidet. 3.) Wieder die Weise andrer Bäume viel Früchte und keine Blüthen trägt, da jene mit viel Blüthen pran- gen, davon die wenigsten zur Frucht gedeyen. 4.) Keine Raupe, oder ander Gezieffer sich darauf setzt, noch denselben verderbet. 5.) Uber- aus dauerhafftig ist, und wohl hundert Jahr ste- hen bleibet. 6.) Ob er gleich im Frühlinge sei- nes Laubes durch Abstreiffen desselben beraubet wird, er davon keinen Schaden nimmt, sondern in kurtzer Zeit sich aufs neue so schön wie vorhin belaubet. 7.) Mit einem iedweden Boden ver- lieb nimmt, und so wohl in hohen als niedrigen, magern als fetten, dürren und feuchten Grunde fortkommt. 8.) Was vor uns, und unsere Län- der das anmercklichste, daß er von der Winder- Kälte, wie strenge dieselbige nur immer mehr seyn mag, nicht beschädiget wird, wie die reden- de Erfahrung bezeuget, daß davon den Anno 1709. eingefallenen, von Menschen-Gedencken her nicht erlebten Frost, nicht nur die zarten
Gewäch-
bevor giebt, daher er ſo wohl als die Linden, und andere dergleichen Baͤume zur Luſt und Spa- tzier-Gange dienet, 2.) in Ausſchlagen ſich nicht uͤbereilet, ſondern wartet, biß die ſchaͤdliche Kaͤl- te gantz vorbey, und ein beſtaͤndiges Fruͤhlings- Wetter eingetreten, alsdenn aber ſo ſtarck aus- ſchlaͤgt, daß er offt in einer Nacht ſich mit ſeinen friſchen Laube voͤllig bekleidet. 3.) Wieder die Weiſe andrer Baͤume viel Fruͤchte und keine Bluͤthen traͤgt, da jene mit viel Bluͤthen pran- gen, davon die wenigſten zur Frucht gedeyen. 4.) Keine Raupe, oder ander Gezieffer ſich darauf ſetzt, noch denſelben verderbet. 5.) Uber- aus dauerhafftig iſt, und wohl hundert Jahr ſte- hen bleibet. 6.) Ob er gleich im Fruͤhlinge ſei- nes Laubes durch Abſtreiffen deſſelben beraubet wird, er davon keinen Schaden nimmt, ſondern in kurtzer Zeit ſich aufs neue ſo ſchoͤn wie vorhin belaubet. 7.) Mit einem iedweden Boden ver- lieb nimmt, und ſo wohl in hohen als niedrigen, magern als fetten, duͤrren und feuchten Grunde fortkommt. 8.) Was vor uns, und unſere Laͤn- der das anmercklichſte, daß er von der Winder- Kaͤlte, wie ſtrenge dieſelbige nur immer mehr ſeyn mag, nicht beſchaͤdiget wird, wie die reden- de Erfahrung bezeuget, daß davon den Anno 1709. eingefallenen, von Menſchen-Gedencken her nicht erlebten Froſt, nicht nur die zarten
Gewaͤch-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0916"n="896"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> bevor giebt, daher er ſo wohl als die Linden, und<lb/>
andere dergleichen Baͤume zur Luſt und Spa-<lb/>
tzier-Gange dienet, 2.) in Ausſchlagen ſich nicht<lb/>
uͤbereilet, ſondern wartet, biß die ſchaͤdliche Kaͤl-<lb/>
te gantz vorbey, und ein beſtaͤndiges Fruͤhlings-<lb/>
Wetter eingetreten, alsdenn aber ſo ſtarck aus-<lb/>ſchlaͤgt, daß er offt in einer Nacht ſich mit ſeinen<lb/>
friſchen Laube voͤllig bekleidet. 3.) Wieder die<lb/>
Weiſe andrer Baͤume viel Fruͤchte und keine<lb/>
Bluͤthen traͤgt, da jene mit viel Bluͤthen pran-<lb/>
gen, davon die wenigſten zur Frucht gedeyen.<lb/>
4.) Keine Raupe, oder ander Gezieffer ſich<lb/>
darauf ſetzt, noch denſelben verderbet. 5.) Uber-<lb/>
aus dauerhafftig iſt, und wohl hundert Jahr ſte-<lb/>
hen bleibet. 6.) Ob er gleich im Fruͤhlinge ſei-<lb/>
nes Laubes durch Abſtreiffen deſſelben beraubet<lb/>
wird, er davon keinen Schaden nimmt, ſondern<lb/>
in kurtzer Zeit ſich aufs neue ſo ſchoͤn wie vorhin<lb/>
belaubet. 7.) Mit einem iedweden Boden ver-<lb/>
lieb nimmt, und ſo wohl in hohen als niedrigen,<lb/>
magern als fetten, duͤrren und feuchten Grunde<lb/>
fortkommt. 8.) Was vor uns, und unſere Laͤn-<lb/>
der das anmercklichſte, daß er von der Winder-<lb/>
Kaͤlte, wie ſtrenge dieſelbige nur immer mehr<lb/>ſeyn mag, nicht beſchaͤdiget wird, wie die reden-<lb/>
de Erfahrung bezeuget, daß davon den Anno<lb/>
1709. eingefallenen, von Menſchen-Gedencken<lb/>
her nicht erlebten Froſt, nicht nur die zarten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Gewaͤch-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[896/0916]
bevor giebt, daher er ſo wohl als die Linden, und
andere dergleichen Baͤume zur Luſt und Spa-
tzier-Gange dienet, 2.) in Ausſchlagen ſich nicht
uͤbereilet, ſondern wartet, biß die ſchaͤdliche Kaͤl-
te gantz vorbey, und ein beſtaͤndiges Fruͤhlings-
Wetter eingetreten, alsdenn aber ſo ſtarck aus-
ſchlaͤgt, daß er offt in einer Nacht ſich mit ſeinen
friſchen Laube voͤllig bekleidet. 3.) Wieder die
Weiſe andrer Baͤume viel Fruͤchte und keine
Bluͤthen traͤgt, da jene mit viel Bluͤthen pran-
gen, davon die wenigſten zur Frucht gedeyen.
4.) Keine Raupe, oder ander Gezieffer ſich
darauf ſetzt, noch denſelben verderbet. 5.) Uber-
aus dauerhafftig iſt, und wohl hundert Jahr ſte-
hen bleibet. 6.) Ob er gleich im Fruͤhlinge ſei-
nes Laubes durch Abſtreiffen deſſelben beraubet
wird, er davon keinen Schaden nimmt, ſondern
in kurtzer Zeit ſich aufs neue ſo ſchoͤn wie vorhin
belaubet. 7.) Mit einem iedweden Boden ver-
lieb nimmt, und ſo wohl in hohen als niedrigen,
magern als fetten, duͤrren und feuchten Grunde
fortkommt. 8.) Was vor uns, und unſere Laͤn-
der das anmercklichſte, daß er von der Winder-
Kaͤlte, wie ſtrenge dieſelbige nur immer mehr
ſeyn mag, nicht beſchaͤdiget wird, wie die reden-
de Erfahrung bezeuget, daß davon den Anno
1709. eingefallenen, von Menſchen-Gedencken
her nicht erlebten Froſt, nicht nur die zarten
Gewaͤch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 896. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/916>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.