N001 vollkommenen Kenntniss der Sprache und Sitten der N002 Kalmücken hatte Herr Zwick daher Gelegenheit ge- N003 habt, eine Menge Gegenstände zu sammeln, die einen N004 wichtigen Beitrag zur Kenntniss dieses merkwürdigen N005 Volkes geben. Wir sahen hier eine vollständige Samm- N006 lung aller zur Ausübung ihres Gottesdienstes gebräuch- N007 lichen Geräthschaften, ihre Götzenbilder, ihre geschrie- N008 benen Gebete, wie auch andere Kuriositäten. Die Götzen- N009 bilder sind aus Kupfer gegossen und vergoldet, mei- N010 stentheils nur klein, selten einen Fuss gross und aus N011 den Beschreibungen und Abbildungen von Pallas hin N012 reichend bekannt. Die Gebete sind alle in tibetani- N013 scher Sprache 1) geschrieben, da sich dieser Sprache N014 allein die Priester bei ihrem Gottesdienste bedienen, N015 obgleich sie dem gemeinen Kalmücken ganz unver- N016 ständlich ist, und die Priester sie oft selbst nicht ver- N017 stehen. Sie sind gewöhnlich auf lange Streifen eines N018 baumwollenen Zeuges geschrieben, damit sie an hohe N019 Stangen befestigt, vom Winde recht bewegt werden N020 können; denn sie werden bei dem Gottesdienste von N021 den kalmückischen Priestern nicht abgelesen und her- N022 gesagt, sondern man lässt sie auf die angegebene N023 Weise wie Flaggen im Winde flattern, indem die Kal- N024 mücken der Meinung sind, dass die Bewegung der N025 geschriebenen Gebete eben so wirksam sei, als das N026 Hersagen derselben. Die meisten der angeführten Ge- N027 genstände kann man sich nur schwer verschaffen, da N028 sie nicht durch Tausch oder Kauf, sondern nur als N029 Geschenk zu erhalten, und die Kalmücken damit nicht
[footnote-continued reference]N001 ser Reise war die Vertheilung von Bibeln unter den Kalmücken, N002 indem nämlich hierauf allein die Thätigkeit der Herrnhuter in Aus- N003 breitung der christlichen Religion beschränkt wurde, seitdem es im N004 Jahre 1822 von der Regierung bestimmt ausgesprochen war, dass N005 die Kalmücken nur zur griechischen Kirche bekehrt werden dürften.
[footnote reference]N001 1) Sie hat in den Schriftzügen Aehnlichkeit mit der hebräischen N002 Sprache, wird aber umgekehrt wie diese, von der linken zur rechten N003 geschrieben.
N001 vollkommenen Kenntniss der Sprache und Sitten der N002 Kalmücken hatte Herr Zwick daher Gelegenheit ge- N003 habt, eine Menge Gegenstände zu sammeln, die einen N004 wichtigen Beitrag zur Kenntniss dieses merkwürdigen N005 Volkes geben. Wir sahen hier eine vollständige Samm- N006 lung aller zur Ausübung ihres Gottesdienstes gebräuch- N007 lichen Geräthschaften, ihre Götzenbilder, ihre geschrie- N008 benen Gebete, wie auch andere Kuriositäten. Die Götzen- N009 bilder sind aus Kupfer gegossen und vergoldet, mei- N010 stentheils nur klein, selten einen Fuss gross und aus N011 den Beschreibungen und Abbildungen von Pallas hin N012 reichend bekannt. Die Gebete sind alle in tibetani- N013 scher Sprache 1) geschrieben, da sich dieser Sprache N014 allein die Priester bei ihrem Gottesdienste bedienen, N015 obgleich sie dem gemeinen Kalmücken ganz unver- N016 ständlich ist, und die Priester sie oft selbst nicht ver- N017 stehen. Sie sind gewöhnlich auf lange Streifen eines N018 baumwollenen Zeuges geschrieben, damit sie an hohe N019 Stangen befestigt, vom Winde recht bewegt werden N020 können; denn sie werden bei dem Gottesdienste von N021 den kalmückischen Priestern nicht abgelesen und her- N022 gesagt, sondern man lässt sie auf die angegebene N023 Weise wie Flaggen im Winde flattern, indem die Kal- N024 mücken der Meinung sind, dass die Bewegung der N025 geschriebenen Gebete eben so wirksam sei, als das N026 Hersagen derselben. Die meisten der angeführten Ge- N027 genstände kann man sich nur schwer verschaffen, da N028 sie nicht durch Tausch oder Kauf, sondern nur als N029 Geschenk zu erhalten, und die Kalmücken damit nicht
[footnote-continued reference]N001 ser Reise war die Vertheilung von Bibeln unter den Kalmücken, N002 indem nämlich hierauf allein die Thätigkeit der Herrnhuter in Aus- N003 breitung der christlichen Religion beschränkt wurde, seitdem es im N004 Jahre 1822 von der Regierung bestimmt ausgesprochen war, dass N005 die Kalmücken nur zur griechischen Kirche bekehrt werden dürften.
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vollkommenen Kenntniss der Sprache und Sitten der N002
Kalmücken hatte Herr Zwick daher Gelegenheit ge- N003
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wichtigen Beitrag zur Kenntniss dieses merkwürdigen N005
Volkes geben. Wir sahen hier eine vollständige Samm- N006
lung aller zur Ausübung ihres Gottesdienstes gebräuch- N007
lichen Geräthschaften, ihre Götzenbilder, ihre geschrie- N008
benen Gebete, wie auch andere Kuriositäten. Die Götzen- N009
bilder sind aus Kupfer gegossen und vergoldet, mei- N010
stentheils nur klein, selten einen Fuss gross und aus N011
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reichend bekannt. Die Gebete sind alle in tibetani- N013
scher Sprache 1) geschrieben, da sich dieser Sprache N014
allein die Priester bei ihrem Gottesdienste bedienen, N015
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ständlich ist, und die Priester sie oft selbst nicht ver- N017
stehen. Sie sind gewöhnlich auf lange Streifen eines N018
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Stangen befestigt, vom Winde recht bewegt werden N020
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den kalmückischen Priestern nicht abgelesen und her- N022
gesagt, sondern man lässt sie auf die angegebene N023
Weise wie Flaggen im Winde flattern, indem die Kal- N024
mücken der Meinung sind, dass die Bewegung der N025
geschriebenen Gebete eben so wirksam sei, als das N026
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genstände kann man sich nur schwer verschaffen, da N028
sie nicht durch Tausch oder Kauf, sondern nur als N029
Geschenk zu erhalten, und die Kalmücken damit nicht
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[footnote-continued reference] N001
ser Reise war die Vertheilung von Bibeln unter den Kalmücken, N002
indem nämlich hierauf allein die Thätigkeit der Herrnhuter in Aus- N003
breitung der christlichen Religion beschränkt wurde, seitdem es im N004
Jahre 1822 von der Regierung bestimmt ausgesprochen war, dass N005
die Kalmücken nur zur griechischen Kirche bekehrt werden dürften.
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1) Sie hat in den Schriftzügen Aehnlichkeit mit der hebräischen N002
Sprache, wird aber umgekehrt wie diese, von der linken zur rechten N003
geschrieben.
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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/301>, abgerufen am 22.11.2024.
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