Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er doch kein Hascher. Aber das Hieselein haben
sie ihn spottweise geheißen. -- Nachher -- ja frei-
lich wol -- hat er sich ein Mädel ausgesucht --"

"Das allerschönste im Wald!" unterbricht sie
der Kranke wieder, "und ein solcher Hoffahrtsteufel
ist in ihm gewesen, daß er -- der Halbkrüppel --
demselbigen Mädchen die Treu' nur versprochen, im
Fall er kein Schöneres mehr sollt' finden. Heiliges
Kreuz, was ist da nicht gerauft worden! Andere
haben das Mädel auch haben wollen. Den Vor-
nehmsten und Saubersten hab' ich die Adelheid an
der Nase vorbei heimgeführt, und eine Bravere
hätt' ich nimmer finden mögen."

Wieder schweigt er und überläßt sich dem
Halbschlummer.

"Fürchterliche Schläg' hat er oftmalen be-
kommen," sagt das Weib, "aber auf den Füßen
ist er geblieben, und da hat ihn Einer herum-
schleudern mögen, wie der Will'. Und weil er nie
gefallen und nimmer auf dem Boden ist gelegen,
so haben sie ihn das Stehmandel geheißen. --
Rechtschaffen gut haben wir allbeid' zusammen ge-
lebt," fährt sie leiser fort, "aber seine Wildheit
hat er nicht lassen mögen. Zu jedem Samstagabend
hat er sein Messer geschärft für das Erlholz-
schneiden; aber oftmalen hab' ich gebeten: lieber
Mann, um Christiwillen, lass' das Messerschärfen

daß er doch kein Haſcher. Aber das Hieſelein haben
ſie ihn ſpottweiſe geheißen. — Nachher — ja frei-
lich wol — hat er ſich ein Mädel ausgeſucht —“

„Das allerſchönſte im Wald!“ unterbricht ſie
der Kranke wieder, „und ein ſolcher Hoffahrtsteufel
iſt in ihm geweſen, daß er — der Halbkrüppel —
demſelbigen Mädchen die Treu’ nur verſprochen, im
Fall er kein Schöneres mehr ſollt’ finden. Heiliges
Kreuz, was iſt da nicht gerauft worden! Andere
haben das Mädel auch haben wollen. Den Vor-
nehmſten und Sauberſten hab’ ich die Adelheid an
der Naſe vorbei heimgeführt, und eine Bravere
hätt’ ich nimmer finden mögen.“

Wieder ſchweigt er und überläßt ſich dem
Halbſchlummer.

„Fürchterliche Schläg’ hat er oftmalen be-
kommen,“ ſagt das Weib, „aber auf den Füßen
iſt er geblieben, und da hat ihn Einer herum-
ſchleudern mögen, wie der Will’. Und weil er nie
gefallen und nimmer auf dem Boden iſt gelegen,
ſo haben ſie ihn das Stehmandel geheißen. —
Rechtſchaffen gut haben wir allbeid’ zuſammen ge-
lebt,“ fährt ſie leiſer fort, „aber ſeine Wildheit
hat er nicht laſſen mögen. Zu jedem Samſtagabend
hat er ſein Meſſer geſchärft für das Erlholz-
ſchneiden; aber oftmalen hab’ ich gebeten: lieber
Mann, um Chriſtiwillen, laſſ’ das Meſſerſchärfen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0146" n="136"/>
daß er doch kein Ha&#x017F;cher. Aber das Hie&#x017F;elein haben<lb/>
&#x017F;ie ihn &#x017F;pottwei&#x017F;e geheißen. &#x2014; Nachher &#x2014; ja frei-<lb/>
lich wol &#x2014; hat er &#x017F;ich ein Mädel ausge&#x017F;ucht &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das aller&#x017F;chön&#x017F;te im Wald!&#x201C; unterbricht &#x017F;ie<lb/>
der Kranke wieder, &#x201E;und ein &#x017F;olcher Hoffahrtsteufel<lb/>
i&#x017F;t in ihm gewe&#x017F;en, daß er &#x2014; der Halbkrüppel &#x2014;<lb/>
dem&#x017F;elbigen Mädchen die Treu&#x2019; nur ver&#x017F;prochen, im<lb/>
Fall er kein Schöneres mehr &#x017F;ollt&#x2019; finden. Heiliges<lb/>
Kreuz, was i&#x017F;t da nicht gerauft worden! Andere<lb/>
haben das Mädel auch haben wollen. Den Vor-<lb/>
nehm&#x017F;ten und Sauber&#x017F;ten hab&#x2019; ich die Adelheid an<lb/>
der Na&#x017F;e vorbei heimgeführt, und eine Bravere<lb/>
hätt&#x2019; ich nimmer finden mögen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wieder &#x017F;chweigt er und überläßt &#x017F;ich dem<lb/>
Halb&#x017F;chlummer.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Fürchterliche Schläg&#x2019; hat er oftmalen be-<lb/>
kommen,&#x201C; &#x017F;agt das Weib, &#x201E;aber auf den Füßen<lb/>
i&#x017F;t er geblieben, und da hat ihn Einer herum-<lb/>
&#x017F;chleudern mögen, wie der Will&#x2019;. Und weil er nie<lb/>
gefallen und nimmer auf dem Boden i&#x017F;t gelegen,<lb/>
&#x017F;o haben &#x017F;ie ihn das Stehmandel geheißen. &#x2014;<lb/>
Recht&#x017F;chaffen gut haben wir allbeid&#x2019; zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
lebt,&#x201C; fährt &#x017F;ie lei&#x017F;er fort, &#x201E;aber &#x017F;eine Wildheit<lb/>
hat er nicht la&#x017F;&#x017F;en mögen. Zu jedem Sam&#x017F;tagabend<lb/>
hat er &#x017F;ein Me&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;chärft für das Erlholz-<lb/>
&#x017F;chneiden; aber oftmalen hab&#x2019; ich gebeten: lieber<lb/>
Mann, um Chri&#x017F;tiwillen, la&#x017F;&#x017F;&#x2019; das Me&#x017F;&#x017F;er&#x017F;chärfen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0146] daß er doch kein Haſcher. Aber das Hieſelein haben ſie ihn ſpottweiſe geheißen. — Nachher — ja frei- lich wol — hat er ſich ein Mädel ausgeſucht —“ „Das allerſchönſte im Wald!“ unterbricht ſie der Kranke wieder, „und ein ſolcher Hoffahrtsteufel iſt in ihm geweſen, daß er — der Halbkrüppel — demſelbigen Mädchen die Treu’ nur verſprochen, im Fall er kein Schöneres mehr ſollt’ finden. Heiliges Kreuz, was iſt da nicht gerauft worden! Andere haben das Mädel auch haben wollen. Den Vor- nehmſten und Sauberſten hab’ ich die Adelheid an der Naſe vorbei heimgeführt, und eine Bravere hätt’ ich nimmer finden mögen.“ Wieder ſchweigt er und überläßt ſich dem Halbſchlummer. „Fürchterliche Schläg’ hat er oftmalen be- kommen,“ ſagt das Weib, „aber auf den Füßen iſt er geblieben, und da hat ihn Einer herum- ſchleudern mögen, wie der Will’. Und weil er nie gefallen und nimmer auf dem Boden iſt gelegen, ſo haben ſie ihn das Stehmandel geheißen. — Rechtſchaffen gut haben wir allbeid’ zuſammen ge- lebt,“ fährt ſie leiſer fort, „aber ſeine Wildheit hat er nicht laſſen mögen. Zu jedem Samſtagabend hat er ſein Meſſer geſchärft für das Erlholz- ſchneiden; aber oftmalen hab’ ich gebeten: lieber Mann, um Chriſtiwillen, laſſ’ das Meſſerſchärfen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/146
Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/146>, abgerufen am 22.11.2024.