gewesen, aber auf dem Herzen liegt mir ein großer. Einen größeren hätt' er nimmer nach mir schleu- dern mögen, als daß er davon ist."
Drei Tage später.
Keine Spur von dem Knaben. Wol eine andere Spur haben die Leute gefunden: große Pfoten mit vier und fünf Zehen. Wölfe und Bären gibt es in der Gegend.
Es geht das Gerücht, drüben in den Lauter- gräben habe ein Holzhauer gestern die halbe Nacht mit einem Bären gerungen, bis es dem Mann endlich gelungen sei, seinen Arm dem Thiere in den Rachen zu stoßen, daß es daran erstickt. Ich bin heute in den Lautergräben gewesen, dort wissen sie nichts von der Mähr.
Dagegen hat mich Einer von dort gefragt, ob es wol wahr, daß im Winkel drüben, ganz nahe am Hause, ein Rudel Wölfe den Erdmann gefressen hätte.
Das sei nicht wahr, habe ich geantwortet.
Aber der Mann behauptet, er wisse das eigent- lich ganz bestimmt, nur sei es wahrscheinlich heute erst geschehen. Die Leute thäten es allerwärts er- zählen, und hundert Schritte vom Kirchenbau hintan sehe man das Blut auf dem Sandboden und Fetzen von der Bekleidung.
geweſen, aber auf dem Herzen liegt mir ein großer. Einen größeren hätt’ er nimmer nach mir ſchleu- dern mögen, als daß er davon iſt.“
Drei Tage ſpäter.
Keine Spur von dem Knaben. Wol eine andere Spur haben die Leute gefunden: große Pfoten mit vier und fünf Zehen. Wölfe und Bären gibt es in der Gegend.
Es geht das Gerücht, drüben in den Lauter- gräben habe ein Holzhauer geſtern die halbe Nacht mit einem Bären gerungen, bis es dem Mann endlich gelungen ſei, ſeinen Arm dem Thiere in den Rachen zu ſtoßen, daß es daran erſtickt. Ich bin heute in den Lautergräben geweſen, dort wiſſen ſie nichts von der Mähr.
Dagegen hat mich Einer von dort gefragt, ob es wol wahr, daß im Winkel drüben, ganz nahe am Hauſe, ein Rudel Wölfe den Erdmann gefreſſen hätte.
Das ſei nicht wahr, habe ich geantwortet.
Aber der Mann behauptet, er wiſſe das eigent- lich ganz beſtimmt, nur ſei es wahrſcheinlich heute erſt geſchehen. Die Leute thäten es allerwärts er- zählen, und hundert Schritte vom Kirchenbau hintan ſehe man das Blut auf dem Sandboden und Fetzen von der Bekleidung.
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geweſen, aber auf dem Herzen liegt mir ein großer.
Einen größeren hätt’ er nimmer nach mir ſchleu-
dern mögen, als daß er davon iſt.“
Drei Tage ſpäter.
Keine Spur von dem Knaben. Wol eine
andere Spur haben die Leute gefunden: große
Pfoten mit vier und fünf Zehen. Wölfe und Bären
gibt es in der Gegend.
Es geht das Gerücht, drüben in den Lauter-
gräben habe ein Holzhauer geſtern die halbe Nacht
mit einem Bären gerungen, bis es dem Mann
endlich gelungen ſei, ſeinen Arm dem Thiere in
den Rachen zu ſtoßen, daß es daran erſtickt. Ich
bin heute in den Lautergräben geweſen, dort wiſſen
ſie nichts von der Mähr.
Dagegen hat mich Einer von dort gefragt, ob
es wol wahr, daß im Winkel drüben, ganz nahe am
Hauſe, ein Rudel Wölfe den Erdmann gefreſſen hätte.
Das ſei nicht wahr, habe ich geantwortet.
Aber der Mann behauptet, er wiſſe das eigent-
lich ganz beſtimmt, nur ſei es wahrſcheinlich heute
erſt geſchehen. Die Leute thäten es allerwärts er-
zählen, und hundert Schritte vom Kirchenbau hintan
ſehe man das Blut auf dem Sandboden und Fetzen
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/213>, abgerufen am 27.11.2024.
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