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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Morgenroth und Edelweiß.

Im Sommer 1818.

Zuweilen ist mir im Winkel hier doch gar
recht einsam zu Herzen. Ich weiß nun aber ein
Mittel dagegen; ich gehe zu solchen Stunden hinaus
in die noch größere Einsamkeit des Waldes; und
ich bin in derselben sogar schon nächtlicher Weile
gewesen, und habe die schlummernde Schöpfung be-
trachtet und Ruhe und Befriedigung empfunden.

Nacht liegt über dem Waldlande. Der letzte
Athemzug des vergangenen Tages ist verweht. Die
Vöglein ruhen und träumen und dichten künftige
Lieder. Aber die Käuze krächzen und Aeste seufzen
in ihren Stämmen. Die Welt hat ihr Auge ge-
schlossen, aber ihr Ohr thut sie auf der ewigen
Klage der Menschen. Wozu? ihr Herz ist Fels-
gestein und nimmer zu wärmen. Ei, sie wärmt ja
mit ihrer Ruhe und mit ihrem Blick. -- Oben
drängt sich Gestirn an Gestirne, es tanzt seinen
Reigen und freut sich des ewigen Tages. -- Auch

Morgenroth und Edelweiß.

Im Sommer 1818.

Zuweilen iſt mir im Winkel hier doch gar
recht einſam zu Herzen. Ich weiß nun aber ein
Mittel dagegen; ich gehe zu ſolchen Stunden hinaus
in die noch größere Einſamkeit des Waldes; und
ich bin in derſelben ſogar ſchon nächtlicher Weile
geweſen, und habe die ſchlummernde Schöpfung be-
trachtet und Ruhe und Befriedigung empfunden.

Nacht liegt über dem Waldlande. Der letzte
Athemzug des vergangenen Tages iſt verweht. Die
Vöglein ruhen und träumen und dichten künftige
Lieder. Aber die Käuze krächzen und Aeſte ſeufzen
in ihren Stämmen. Die Welt hat ihr Auge ge-
ſchloſſen, aber ihr Ohr thut ſie auf der ewigen
Klage der Menſchen. Wozu? ihr Herz iſt Fels-
geſtein und nimmer zu wärmen. Ei, ſie wärmt ja
mit ihrer Ruhe und mit ihrem Blick. — Oben
drängt ſich Geſtirn an Geſtirne, es tanzt ſeinen
Reigen und freut ſich des ewigen Tages. — Auch

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[221/0231] Morgenroth und Edelweiß. Im Sommer 1818. Zuweilen iſt mir im Winkel hier doch gar recht einſam zu Herzen. Ich weiß nun aber ein Mittel dagegen; ich gehe zu ſolchen Stunden hinaus in die noch größere Einſamkeit des Waldes; und ich bin in derſelben ſogar ſchon nächtlicher Weile geweſen, und habe die ſchlummernde Schöpfung be- trachtet und Ruhe und Befriedigung empfunden. Nacht liegt über dem Waldlande. Der letzte Athemzug des vergangenen Tages iſt verweht. Die Vöglein ruhen und träumen und dichten künftige Lieder. Aber die Käuze krächzen und Aeſte ſeufzen in ihren Stämmen. Die Welt hat ihr Auge ge- ſchloſſen, aber ihr Ohr thut ſie auf der ewigen Klage der Menſchen. Wozu? ihr Herz iſt Fels- geſtein und nimmer zu wärmen. Ei, ſie wärmt ja mit ihrer Ruhe und mit ihrem Blick. — Oben drängt ſich Geſtirn an Geſtirne, es tanzt ſeinen Reigen und freut ſich des ewigen Tages. — Auch

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/231>, abgerufen am 23.11.2024.