schweres Getose ist gehört worden von Mitternacht her. Im Schachen des Gottesackers ist kein Wipfel- chen geknickt.
Am Abend.
Wie ich aber nun, da ich in den neuen Ge- schlägen drüben Geschäfte habe, über die Lauterhöhe geh', ist mir der Weg zehnfach verlegt durch wild zerzauste, zersplitterte, in Kreuz und krumm gefallene Bäume. Ein starker Harzduft weht in den Gräben; zahllose Waldvögel flattern heimatlos umher, denn ihre Nester sind zerrissen. Hier und da machen sich schon Holzhauer an das Gefälle, daß sie die Stämme glätten und schälen. In den Holzhauerhütten soll das eine fürchterliche Nacht gewesen sein. Einigen hat es den Dachstuhl zerrissen, daß am Morgen die treibenden Wolken des Himmels hineingeschaut auf den Feuerherd und die wirren Strohstätten. Bei den Köhlern im Karwasser ist ein abgerissener Fichtenstamm auf einen Meiler gefallen, so daß das Feuer herausgebrochen ist und die hingepeitschten Flammen schier einen Waldbrand erzeugt hätten. Der Berthold soll wie wüthend mit dem Dämpfen des Feuers gearbeitet haben und dabei mit seinem linken Fuß arg zu Schaden gekommen sein.
Manch wüste Scharte ist den Wäldern ge- schlagen, und als ich am Nachmittage zu den Schirmtannen in der Wolfsgrube komme, sehe ich,
ſchweres Getoſe iſt gehört worden von Mitternacht her. Im Schachen des Gottesackers iſt kein Wipfel- chen geknickt.
Am Abend.
Wie ich aber nun, da ich in den neuen Ge- ſchlägen drüben Geſchäfte habe, über die Lauterhöhe geh’, iſt mir der Weg zehnfach verlegt durch wild zerzauſte, zerſplitterte, in Kreuz und krumm gefallene Bäume. Ein ſtarker Harzduft weht in den Gräben; zahlloſe Waldvögel flattern heimatlos umher, denn ihre Neſter ſind zerriſſen. Hier und da machen ſich ſchon Holzhauer an das Gefälle, daß ſie die Stämme glätten und ſchälen. In den Holzhauerhütten ſoll das eine fürchterliche Nacht geweſen ſein. Einigen hat es den Dachſtuhl zerriſſen, daß am Morgen die treibenden Wolken des Himmels hineingeſchaut auf den Feuerherd und die wirren Strohſtätten. Bei den Köhlern im Karwaſſer iſt ein abgeriſſener Fichtenſtamm auf einen Meiler gefallen, ſo daß das Feuer herausgebrochen iſt und die hingepeitſchten Flammen ſchier einen Waldbrand erzeugt hätten. Der Berthold ſoll wie wüthend mit dem Dämpfen des Feuers gearbeitet haben und dabei mit ſeinem linken Fuß arg zu Schaden gekommen ſein.
Manch wüſte Scharte iſt den Wäldern ge- ſchlagen, und als ich am Nachmittage zu den Schirmtannen in der Wolfsgrube komme, ſehe ich,
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ſchweres Getoſe iſt gehört worden von Mitternacht
her. Im Schachen des Gottesackers iſt kein Wipfel-
chen geknickt.
Am Abend.
Wie ich aber nun, da ich in den neuen Ge-
ſchlägen drüben Geſchäfte habe, über die Lauterhöhe
geh’, iſt mir der Weg zehnfach verlegt durch wild
zerzauſte, zerſplitterte, in Kreuz und krumm gefallene
Bäume. Ein ſtarker Harzduft weht in den Gräben;
zahlloſe Waldvögel flattern heimatlos umher, denn
ihre Neſter ſind zerriſſen. Hier und da machen ſich
ſchon Holzhauer an das Gefälle, daß ſie die Stämme
glätten und ſchälen. In den Holzhauerhütten ſoll
das eine fürchterliche Nacht geweſen ſein. Einigen
hat es den Dachſtuhl zerriſſen, daß am Morgen
die treibenden Wolken des Himmels hineingeſchaut
auf den Feuerherd und die wirren Strohſtätten.
Bei den Köhlern im Karwaſſer iſt ein abgeriſſener
Fichtenſtamm auf einen Meiler gefallen, ſo daß das
Feuer herausgebrochen iſt und die hingepeitſchten
Flammen ſchier einen Waldbrand erzeugt hätten.
Der Berthold ſoll wie wüthend mit dem Dämpfen
des Feuers gearbeitet haben und dabei mit ſeinem
linken Fuß arg zu Schaden gekommen ſein.
Manch wüſte Scharte iſt den Wäldern ge-
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/273>, abgerufen am 25.11.2024.
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