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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Wenige Tage darnach ist das Mädchen als
Leiche aus einem Teiche gezogen worden. -- Unsäg-
lich weine ich an der Brust meines priesterlichen
Freundes, dieser schiebt mich sanft von sich und sagt:
Gott hat Alles wohl gemacht!"

Nach diesen Worten ist der Mann, den sie
den Einspanig nennen, wie erschrocken zusammen-
gefahren. Ein Häher ist über unseren Häuptern
dahingeflattert. Hierauf greift der Einspanig rasch
nach meiner Hand und ruft:

"Heute noch bin ich vermählt mit ihr. In
jeder Nacht steht sie mit dem Kinde vor meinem
Lager. Mein Orden hat einen schönen leuchtenden
Stern, aber nur einen einzigen, das ist der Marien-
Cult. Mancher Jüngling, der von äußeren Ge-
schicken in den Orden gedrängt, entsagen muß,
blickt begeistert und liebeglühend auf zu der Jung-
frau mit dem Jesukinde. Mir aber wird das
liebliche Bildniß zum Gespenst, ich sehe in dem-
selben stets nur das betrogene Mädchen.

Ich bin zum Priester geweiht worden und
habe für meine weltlichen Titel und Würden nichts
als den Namen Paulus erhalten. Aber meines
Standes wegen darf ich ein Glied überspringen
und werde aus dem Novizen gleich zum Professen
gemacht. Es braucht keine besonderen Vorstudien
dazu, da sie mir ja mein Erzieher gegeben seit

Wenige Tage darnach iſt das Mädchen als
Leiche aus einem Teiche gezogen worden. — Unſäg-
lich weine ich an der Bruſt meines prieſterlichen
Freundes, dieſer ſchiebt mich ſanft von ſich und ſagt:
Gott hat Alles wohl gemacht!“

Nach dieſen Worten iſt der Mann, den ſie
den Einſpanig nennen, wie erſchrocken zuſammen-
gefahren. Ein Häher iſt über unſeren Häuptern
dahingeflattert. Hierauf greift der Einſpanig raſch
nach meiner Hand und ruft:

„Heute noch bin ich vermählt mit ihr. In
jeder Nacht ſteht ſie mit dem Kinde vor meinem
Lager. Mein Orden hat einen ſchönen leuchtenden
Stern, aber nur einen einzigen, das iſt der Marien-
Cult. Mancher Jüngling, der von äußeren Ge-
ſchicken in den Orden gedrängt, entſagen muß,
blickt begeiſtert und liebeglühend auf zu der Jung-
frau mit dem Jeſukinde. Mir aber wird das
liebliche Bildniß zum Geſpenſt, ich ſehe in dem-
ſelben ſtets nur das betrogene Mädchen.

Ich bin zum Prieſter geweiht worden und
habe für meine weltlichen Titel und Würden nichts
als den Namen Paulus erhalten. Aber meines
Standes wegen darf ich ein Glied überſpringen
und werde aus dem Novizen gleich zum Profeſſen
gemacht. Es braucht keine beſonderen Vorſtudien
dazu, da ſie mir ja mein Erzieher gegeben ſeit

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[271/0281] Wenige Tage darnach iſt das Mädchen als Leiche aus einem Teiche gezogen worden. — Unſäg- lich weine ich an der Bruſt meines prieſterlichen Freundes, dieſer ſchiebt mich ſanft von ſich und ſagt: Gott hat Alles wohl gemacht!“ Nach dieſen Worten iſt der Mann, den ſie den Einſpanig nennen, wie erſchrocken zuſammen- gefahren. Ein Häher iſt über unſeren Häuptern dahingeflattert. Hierauf greift der Einſpanig raſch nach meiner Hand und ruft: „Heute noch bin ich vermählt mit ihr. In jeder Nacht ſteht ſie mit dem Kinde vor meinem Lager. Mein Orden hat einen ſchönen leuchtenden Stern, aber nur einen einzigen, das iſt der Marien- Cult. Mancher Jüngling, der von äußeren Ge- ſchicken in den Orden gedrängt, entſagen muß, blickt begeiſtert und liebeglühend auf zu der Jung- frau mit dem Jeſukinde. Mir aber wird das liebliche Bildniß zum Geſpenſt, ich ſehe in dem- ſelben ſtets nur das betrogene Mädchen. Ich bin zum Prieſter geweiht worden und habe für meine weltlichen Titel und Würden nichts als den Namen Paulus erhalten. Aber meines Standes wegen darf ich ein Glied überſpringen und werde aus dem Novizen gleich zum Profeſſen gemacht. Es braucht keine beſonderen Vorſtudien dazu, da ſie mir ja mein Erzieher gegeben ſeit

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/281>, abgerufen am 24.11.2024.