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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Von der Herrschaft ist auf ein Ansuchen von
mir hin ein Schreiben gekommen: Jetzt sei nicht
die Zeit für Kirchen- und Pfarrergeschichten; wir
sollten uns behelfen.

Das ist ein sehr weiser Rath. Aber die Leute
wollen nicht mehr in die Kirche gehen. "Wenn es
keine Mess' und keine Predigt gibt," sagen sie,
"still beten kann Eins auch unter dem grünen
Baum." Sie stellen sich aber nicht unter den grü-
nen Baum, sondern in die Branntweinschenke.

Die Herde zerstreut sich wieder, wenn kein
Hirte ist.

Der Förster ist auch davon, da er in anderen
Gegenden zu walten hat. So bin ich allein mit
meinen Winkelstegern, wie Moses mit den Israeliten
allein ist gewesen in der Wüste.

Die Gebote sind verkündet, aber die Leute
bauen wieder an dem goldenen Kalb. Und Manna
fällt nicht mehr vom Himmel.



Pfingsten 1820.

Heute ist der Einsiedler aus dem Felsenthale
in unserer Kirche vor dem Altare gestanden, hat
die Messe gelesen.

Das Kirchengeräthe haben wir aus Holden-
schlag, wie es dort in der Pfarrkammer gelegen

Von der Herrſchaft iſt auf ein Anſuchen von
mir hin ein Schreiben gekommen: Jetzt ſei nicht
die Zeit für Kirchen- und Pfarrergeſchichten; wir
ſollten uns behelfen.

Das iſt ein ſehr weiſer Rath. Aber die Leute
wollen nicht mehr in die Kirche gehen. „Wenn es
keine Meſſ’ und keine Predigt gibt,“ ſagen ſie,
„ſtill beten kann Eins auch unter dem grünen
Baum.“ Sie ſtellen ſich aber nicht unter den grü-
nen Baum, ſondern in die Branntweinſchenke.

Die Herde zerſtreut ſich wieder, wenn kein
Hirte iſt.

Der Förſter iſt auch davon, da er in anderen
Gegenden zu walten hat. So bin ich allein mit
meinen Winkelſtegern, wie Moſes mit den Iſraeliten
allein iſt geweſen in der Wüſte.

Die Gebote ſind verkündet, aber die Leute
bauen wieder an dem goldenen Kalb. Und Manna
fällt nicht mehr vom Himmel.



Pfingſten 1820.

Heute iſt der Einſiedler aus dem Felſenthale
in unſerer Kirche vor dem Altare geſtanden, hat
die Meſſe geleſen.

Das Kirchengeräthe haben wir aus Holden-
ſchlag, wie es dort in der Pfarrkammer gelegen

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[308/0318] Von der Herrſchaft iſt auf ein Anſuchen von mir hin ein Schreiben gekommen: Jetzt ſei nicht die Zeit für Kirchen- und Pfarrergeſchichten; wir ſollten uns behelfen. Das iſt ein ſehr weiſer Rath. Aber die Leute wollen nicht mehr in die Kirche gehen. „Wenn es keine Meſſ’ und keine Predigt gibt,“ ſagen ſie, „ſtill beten kann Eins auch unter dem grünen Baum.“ Sie ſtellen ſich aber nicht unter den grü- nen Baum, ſondern in die Branntweinſchenke. Die Herde zerſtreut ſich wieder, wenn kein Hirte iſt. Der Förſter iſt auch davon, da er in anderen Gegenden zu walten hat. So bin ich allein mit meinen Winkelſtegern, wie Moſes mit den Iſraeliten allein iſt geweſen in der Wüſte. Die Gebote ſind verkündet, aber die Leute bauen wieder an dem goldenen Kalb. Und Manna fällt nicht mehr vom Himmel. Pfingſten 1820. Heute iſt der Einſiedler aus dem Felſenthale in unſerer Kirche vor dem Altare geſtanden, hat die Meſſe geleſen. Das Kirchengeräthe haben wir aus Holden- ſchlag, wie es dort in der Pfarrkammer gelegen

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/318>, abgerufen am 21.11.2024.