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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Ich habe die Leute veranlaßt, daß sie unter
sich ein Oberhaupt wählen, auf daß jemand sei,
der Verordnungen ertheile, Streitigkeiten schlichte
und die Gemeinde zusammenhalte.

Sie haben den Martin Graßsteiger gewählt
und nennen ihn nun den Richter.

Und bei derselben Versammlung hat der neue
Richter den von dem Waldherrn anerkannten, zu-
künftigen Schullehrer der Gemeinde Winkelsteg vor-
gestellt.

Dieser Schullehrer bin denn ich. Die Leute
sagen, das hätten sie längst schon gewußt, daß ich
der Schulmeister sei. Der Graßsteiger sagt, es müsse
Alles auch Form Rechtens geschehen.



Wenige Tage nach dem Obigen läßt der
Richter durch mich die Pfarrerwahl ausschreiben.
Darüber lacht Alles. -- "Sollen wir aus den
Pechhackern und Kohlenbrennern Einen wählen?
's wird aber Keiner taugen. Studiert ist für uns
Winkler gleich Einer genug, aber so närrische Ge-
wohnheiten haben unsere Männer, keine Pfarrer-
köchin mögen sie leiden."

So machen sie ihre Spässe, wissen aber recht
gut, auf wen es abgesehen ist.

Und sie haben ihn auch gewählt.


Ich habe die Leute veranlaßt, daß ſie unter
ſich ein Oberhaupt wählen, auf daß jemand ſei,
der Verordnungen ertheile, Streitigkeiten ſchlichte
und die Gemeinde zuſammenhalte.

Sie haben den Martin Graßſteiger gewählt
und nennen ihn nun den Richter.

Und bei derſelben Verſammlung hat der neue
Richter den von dem Waldherrn anerkannten, zu-
künftigen Schullehrer der Gemeinde Winkelſteg vor-
geſtellt.

Dieſer Schullehrer bin denn ich. Die Leute
ſagen, das hätten ſie längſt ſchon gewußt, daß ich
der Schulmeiſter ſei. Der Graßſteiger ſagt, es müſſe
Alles auch Form Rechtens geſchehen.



Wenige Tage nach dem Obigen läßt der
Richter durch mich die Pfarrerwahl ausſchreiben.
Darüber lacht Alles. — „Sollen wir aus den
Pechhackern und Kohlenbrennern Einen wählen?
’s wird aber Keiner taugen. Studiert iſt für uns
Winkler gleich Einer genug, aber ſo närriſche Ge-
wohnheiten haben unſere Männer, keine Pfarrer-
köchin mögen ſie leiden.“

So machen ſie ihre Späſſe, wiſſen aber recht
gut, auf wen es abgeſehen iſt.

Und ſie haben ihn auch gewählt.


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[310/0320] Ich habe die Leute veranlaßt, daß ſie unter ſich ein Oberhaupt wählen, auf daß jemand ſei, der Verordnungen ertheile, Streitigkeiten ſchlichte und die Gemeinde zuſammenhalte. Sie haben den Martin Graßſteiger gewählt und nennen ihn nun den Richter. Und bei derſelben Verſammlung hat der neue Richter den von dem Waldherrn anerkannten, zu- künftigen Schullehrer der Gemeinde Winkelſteg vor- geſtellt. Dieſer Schullehrer bin denn ich. Die Leute ſagen, das hätten ſie längſt ſchon gewußt, daß ich der Schulmeiſter ſei. Der Graßſteiger ſagt, es müſſe Alles auch Form Rechtens geſchehen. Wenige Tage nach dem Obigen läßt der Richter durch mich die Pfarrerwahl ausſchreiben. Darüber lacht Alles. — „Sollen wir aus den Pechhackern und Kohlenbrennern Einen wählen? ’s wird aber Keiner taugen. Studiert iſt für uns Winkler gleich Einer genug, aber ſo närriſche Ge- wohnheiten haben unſere Männer, keine Pfarrer- köchin mögen ſie leiden.“ So machen ſie ihre Späſſe, wiſſen aber recht gut, auf wen es abgeſehen iſt. Und ſie haben ihn auch gewählt.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/320>, abgerufen am 21.11.2024.