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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Im Winter 1830.

Von dem Sohne unseres Herrn wollen die
Gerüchte nicht schweigen. Wenn es auch nur zur
Hälfte wahr ist, was von ihm gesagt wird, so ist
das ein toller Mensch. So fährt kein Vernünfti-
ger drein.

Ich will mir's doch anmerken und demnächst
seinem Vater schreiben. Hermann möge einmal in
unseren Wald hereinkommen und sehen, wie es
allhier aussieht und wie arme Leute leben.

So Gebirgsreisen können auch von Nutzen sein.



Weihnachten 1830.

In der heiligen Christnacht sind die Leute
schon wieder von allen Seiten herbeigekommen. Die
von den Spanlunten abgefallenen Glühkohlen sind
lustig hingeglitten über die Schneekruste wie Stern-
schnuppen.

Viele Wäldler sind in ihrer Sehnsucht nach
der mitternächtigen Feier ein gut Stück zu früh
daran. Da die Kirche noch nicht aufgesperrt und
im Freien es so kalt ist, so kommen sie zu mir in
das Schulhaus. Ich schlage Licht und da ist bald

Im Winter 1830.

Von dem Sohne unſeres Herrn wollen die
Gerüchte nicht ſchweigen. Wenn es auch nur zur
Hälfte wahr iſt, was von ihm geſagt wird, ſo iſt
das ein toller Menſch. So fährt kein Vernünfti-
ger drein.

Ich will mir’s doch anmerken und demnächſt
ſeinem Vater ſchreiben. Hermann möge einmal in
unſeren Wald hereinkommen und ſehen, wie es
allhier ausſieht und wie arme Leute leben.

So Gebirgsreiſen können auch von Nutzen ſein.



Weihnachten 1830.

In der heiligen Chriſtnacht ſind die Leute
ſchon wieder von allen Seiten herbeigekommen. Die
von den Spanlunten abgefallenen Glühkohlen ſind
luſtig hingeglitten über die Schneekruſte wie Stern-
ſchnuppen.

Viele Wäldler ſind in ihrer Sehnſucht nach
der mitternächtigen Feier ein gut Stück zu früh
daran. Da die Kirche noch nicht aufgeſperrt und
im Freien es ſo kalt iſt, ſo kommen ſie zu mir in
das Schulhaus. Ich ſchlage Licht und da iſt bald

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[333/0343] Im Winter 1830. Von dem Sohne unſeres Herrn wollen die Gerüchte nicht ſchweigen. Wenn es auch nur zur Hälfte wahr iſt, was von ihm geſagt wird, ſo iſt das ein toller Menſch. So fährt kein Vernünfti- ger drein. Ich will mir’s doch anmerken und demnächſt ſeinem Vater ſchreiben. Hermann möge einmal in unſeren Wald hereinkommen und ſehen, wie es allhier ausſieht und wie arme Leute leben. So Gebirgsreiſen können auch von Nutzen ſein. Weihnachten 1830. In der heiligen Chriſtnacht ſind die Leute ſchon wieder von allen Seiten herbeigekommen. Die von den Spanlunten abgefallenen Glühkohlen ſind luſtig hingeglitten über die Schneekruſte wie Stern- ſchnuppen. Viele Wäldler ſind in ihrer Sehnſucht nach der mitternächtigen Feier ein gut Stück zu früh daran. Da die Kirche noch nicht aufgeſperrt und im Freien es ſo kalt iſt, ſo kommen ſie zu mir in das Schulhaus. Ich ſchlage Licht und da iſt bald

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/343>, abgerufen am 24.11.2024.