Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.Geäste auf seine Achseln und macht ein Männchen Seine Worte werden immer unverständlicher, Dann laufen alle Käfer und Ameisen an Der Pfarrer hat mir eine Besorgniß mit- Er sagt, es sei möglich, daß ich ein reicher Diese Aeußerung hat mir eine ruhlose Nacht Geäſte auf ſeine Achſeln und macht ein Männchen Seine Worte werden immer unverſtändlicher, Dann laufen alle Käfer und Ameiſen an Der Pfarrer hat mir eine Beſorgniß mit- Er ſagt, es ſei möglich, daß ich ein reicher Dieſe Aeußerung hat mir eine ruhloſe Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0359" n="349"/> Geäſte auf ſeine Achſeln und macht ein Männchen<lb/> und ſagt ihm was in’s Ohr.</p><lb/> <p>Seine Worte werden immer unverſtändlicher,<lb/> ſo wie ſeine Lieder. Er paßt ſeine Geſänge auch<lb/> nicht mehr den Menſchen und ihren Gelegenheiten<lb/> an. Er ſingt tolle Liebes- und Kindeslieder, als<lb/> träume er ſeine Jugend. Wenn der Weißbart zur<lb/> Sommerszeit unbeweglich auf einer Bergeshöhe ſitzt,<lb/> ſo meint man von Weitem ein Sträußchen Edel-<lb/> weiß zu ſehen.</p><lb/> <p>Dann laufen alle Käfer und Ameiſen an<lb/> ſeinem Rock und krabbeln an ſeinem Bart empor;<lb/> und Hummeln umkreiſen ſein Haupt, als ob wilder<lb/> Honig in demſelben wäre.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Der Pfarrer hat mir eine Beſorgniß mit-<lb/> getheilt.</p><lb/> <p>Er ſagt, es ſei möglich, daß ich ein reicher<lb/> Mann würde. Und als reicher Mann zöge ich fort<lb/> in die Welt, um all die Wünſche mir zu erfüllen,<lb/> die ich in der Einſamkeit ausgeheckt und großgepflegt<lb/> hätte. Ganz ſelbſtlos ſei kein Menſch.</p><lb/> <p>Dieſe Aeußerung hat mir eine ruhloſe Nacht<lb/> gekoſtet. Ich habe mein Herz erforſcht und wahr-<lb/> haftig einen Wunſch in demſelben gefunden, der<lb/> weit über die Winkelwälder hinausgeht.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [349/0359]
Geäſte auf ſeine Achſeln und macht ein Männchen
und ſagt ihm was in’s Ohr.
Seine Worte werden immer unverſtändlicher,
ſo wie ſeine Lieder. Er paßt ſeine Geſänge auch
nicht mehr den Menſchen und ihren Gelegenheiten
an. Er ſingt tolle Liebes- und Kindeslieder, als
träume er ſeine Jugend. Wenn der Weißbart zur
Sommerszeit unbeweglich auf einer Bergeshöhe ſitzt,
ſo meint man von Weitem ein Sträußchen Edel-
weiß zu ſehen.
Dann laufen alle Käfer und Ameiſen an
ſeinem Rock und krabbeln an ſeinem Bart empor;
und Hummeln umkreiſen ſein Haupt, als ob wilder
Honig in demſelben wäre.
Der Pfarrer hat mir eine Beſorgniß mit-
getheilt.
Er ſagt, es ſei möglich, daß ich ein reicher
Mann würde. Und als reicher Mann zöge ich fort
in die Welt, um all die Wünſche mir zu erfüllen,
die ich in der Einſamkeit ausgeheckt und großgepflegt
hätte. Ganz ſelbſtlos ſei kein Menſch.
Dieſe Aeußerung hat mir eine ruhloſe Nacht
gekoſtet. Ich habe mein Herz erforſcht und wahr-
haftig einen Wunſch in demſelben gefunden, der
weit über die Winkelwälder hinausgeht.
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