Der Pfarrer ist Tag und Nacht nicht daheim, sitzt in den entlegensten Hütten bei den Kranken, sorgt für Seelentrost und auch für leiblich Wohl, hat ihm gleichwol der Freiherr gerathen, sich nicht mit weltlichen Dingen zu befassen.
Letztlich, da er doch einmal daheim in sei- nem warmen Bett schläft, klopft es jählings an's Fenster.
"'s ist eine rechte Grobheit, Herr Pfarrer!" ruft es draußen in der wüsten, pechfinsteren Nacht. "Ein Versehgang ist in die Lautergräben hinüber. Wir wissen uns nicht zu helfen. Steht uns bei; mein Bruder will versterben!"
"Wer ist denn draußen?" frägt der Pfarrer.
"Die Anna Maria Holzer bin ich. Der Bartelmei will uns verlassen."
"Ich komme," sagt der Pfarrer, "wecket nur auch den Schulmeister, daß er die Laterne und das Heiligste bereite. Das Läuten soll er lassen, es schläft ja Alles."
Das Weib hat mich aber doch gebeten, daß ich die Zügenglocke läute, auf daß auch andere Leute für den Sterbenden beten möchten. Und als der Pfarrer darnach zwischen den Häusern hingeht und das Weib mit der Laterne und dem Glöcklein vorauswandelt, da knieen an den Hausthüren schlaf- trunkene Menschen und beten.
Der Pfarrer iſt Tag und Nacht nicht daheim, ſitzt in den entlegenſten Hütten bei den Kranken, ſorgt für Seelentroſt und auch für leiblich Wohl, hat ihm gleichwol der Freiherr gerathen, ſich nicht mit weltlichen Dingen zu befaſſen.
Letztlich, da er doch einmal daheim in ſei- nem warmen Bett ſchläft, klopft es jählings an’s Fenſter.
„’s iſt eine rechte Grobheit, Herr Pfarrer!“ ruft es draußen in der wüſten, pechfinſteren Nacht. „Ein Verſehgang iſt in die Lautergräben hinüber. Wir wiſſen uns nicht zu helfen. Steht uns bei; mein Bruder will verſterben!“
„Wer iſt denn draußen?“ frägt der Pfarrer.
„Die Anna Maria Holzer bin ich. Der Bartelmei will uns verlaſſen.“
„Ich komme,“ ſagt der Pfarrer, „wecket nur auch den Schulmeiſter, daß er die Laterne und das Heiligſte bereite. Das Läuten ſoll er laſſen, es ſchläft ja Alles.“
Das Weib hat mich aber doch gebeten, daß ich die Zügenglocke läute, auf daß auch andere Leute für den Sterbenden beten möchten. Und als der Pfarrer darnach zwiſchen den Häuſern hingeht und das Weib mit der Laterne und dem Glöcklein vorauswandelt, da knieen an den Hausthüren ſchlaf- trunkene Menſchen und beten.
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Der Pfarrer iſt Tag und Nacht nicht daheim,
ſitzt in den entlegenſten Hütten bei den Kranken,
ſorgt für Seelentroſt und auch für leiblich Wohl,
hat ihm gleichwol der Freiherr gerathen, ſich nicht
mit weltlichen Dingen zu befaſſen.
Letztlich, da er doch einmal daheim in ſei-
nem warmen Bett ſchläft, klopft es jählings an’s
Fenſter.
„’s iſt eine rechte Grobheit, Herr Pfarrer!“
ruft es draußen in der wüſten, pechfinſteren Nacht.
„Ein Verſehgang iſt in die Lautergräben hinüber.
Wir wiſſen uns nicht zu helfen. Steht uns bei;
mein Bruder will verſterben!“
„Wer iſt denn draußen?“ frägt der Pfarrer.
„Die Anna Maria Holzer bin ich. Der
Bartelmei will uns verlaſſen.“
„Ich komme,“ ſagt der Pfarrer, „wecket nur
auch den Schulmeiſter, daß er die Laterne und das
Heiligſte bereite. Das Läuten ſoll er laſſen, es
ſchläft ja Alles.“
Das Weib hat mich aber doch gebeten, daß
ich die Zügenglocke läute, auf daß auch andere
Leute für den Sterbenden beten möchten. Und als
der Pfarrer darnach zwiſchen den Häuſern hingeht
und das Weib mit der Laterne und dem Glöcklein
vorauswandelt, da knieen an den Hausthüren ſchlaf-
trunkene Menſchen und beten.
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/366>, abgerufen am 21.11.2024.
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