ihn schier, daß er noch wo Anwerth hat; zu an- deren Leuten taugt er nimmer.
Des Abends ist der Rüppel stets in die Hütte gekommen, hat was zu essen erhalten und die Nachtruhe auf dem Heuboden.
Da ist es eines frühen Morgens, daß der alte Rüppel vor der Hütte auf einem thaufeuchten Stein sitzt. Er spielt auf der Strohharfe und wendet seine matten Augen empor gegen das Morgenglühen der Felsen. Gellt ihm jählings ein wüster Schrei in das Ohr. Er schrickt empor, da stehen die Jodel- buben neben ihm und lachen. Der Alte blickt sie gutherzig an und lächelt eben auch ein wenig.
"Thust strohdreschen, Rüppel?" frägt der Veit und deutet auf die sonderlichen Saiten.
"Und schon so zeitig!" sagt der Klaus.
Der Alte wendet sich: "Ihr wisset das, von der Morgenstund?" Dann legt er die Hände an die Lippen und lispelt den Burschen vertraulich in's Ohr: "Sie hat Gold im Mund!"
"Geh!" entgegnet der Klaus spottend, "du, da beißt sie sich ja die Zähne aus!" -- Die Hir- ten erheben über diesen ihren Einfall ein tolles Lachen.
"Da, da oben habt ihr's ja, das Gold, da oben!" Der Alte deutet zitternd gegen die glühen- den Wände.
ihn ſchier, daß er noch wo Anwerth hat; zu an- deren Leuten taugt er nimmer.
Des Abends iſt der Rüppel ſtets in die Hütte gekommen, hat was zu eſſen erhalten und die Nachtruhe auf dem Heuboden.
Da iſt es eines frühen Morgens, daß der alte Rüppel vor der Hütte auf einem thaufeuchten Stein ſitzt. Er ſpielt auf der Strohharfe und wendet ſeine matten Augen empor gegen das Morgenglühen der Felſen. Gellt ihm jählings ein wüſter Schrei in das Ohr. Er ſchrickt empor, da ſtehen die Jodel- buben neben ihm und lachen. Der Alte blickt ſie gutherzig an und lächelt eben auch ein wenig.
„Thuſt ſtrohdreſchen, Rüppel?“ frägt der Veit und deutet auf die ſonderlichen Saiten.
„Und ſchon ſo zeitig!“ ſagt der Klaus.
Der Alte wendet ſich: „Ihr wiſſet das, von der Morgenſtund?“ Dann legt er die Hände an die Lippen und liſpelt den Burſchen vertraulich in’s Ohr: „Sie hat Gold im Mund!“
„Geh!“ entgegnet der Klaus ſpottend, „du, da beißt ſie ſich ja die Zähne aus!“ — Die Hir- ten erheben über dieſen ihren Einfall ein tolles Lachen.
„Da, da oben habt ihr’s ja, das Gold, da oben!“ Der Alte deutet zitternd gegen die glühen- den Wände.
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ihn ſchier, daß er noch wo Anwerth hat; zu an-
deren Leuten taugt er nimmer.
Des Abends iſt der Rüppel ſtets in die Hütte
gekommen, hat was zu eſſen erhalten und die
Nachtruhe auf dem Heuboden.
Da iſt es eines frühen Morgens, daß der alte
Rüppel vor der Hütte auf einem thaufeuchten Stein
ſitzt. Er ſpielt auf der Strohharfe und wendet ſeine
matten Augen empor gegen das Morgenglühen der
Felſen. Gellt ihm jählings ein wüſter Schrei in
das Ohr. Er ſchrickt empor, da ſtehen die Jodel-
buben neben ihm und lachen. Der Alte blickt ſie
gutherzig an und lächelt eben auch ein wenig.
„Thuſt ſtrohdreſchen, Rüppel?“ frägt der Veit
und deutet auf die ſonderlichen Saiten.
„Und ſchon ſo zeitig!“ ſagt der Klaus.
Der Alte wendet ſich: „Ihr wiſſet das, von
der Morgenſtund?“ Dann legt er die Hände an
die Lippen und liſpelt den Burſchen vertraulich in’s
Ohr: „Sie hat Gold im Mund!“
„Geh!“ entgegnet der Klaus ſpottend, „du,
da beißt ſie ſich ja die Zähne aus!“ — Die Hir-
ten erheben über dieſen ihren Einfall ein tolles
Lachen.
„Da, da oben habt ihr’s ja, das Gold, da
oben!“ Der Alte deutet zitternd gegen die glühen-
den Wände.
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/394>, abgerufen am 21.11.2024.
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