Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.Das Lager des Alten aber und das Mehl- Der Klaus geht zu der Herde; der Veit geht Der Veit geht zum Brunnen. Die Aelpler Das Lager des Alten aber und das Mehl- Der Klaus geht zu der Herde; der Veit geht Der Veit geht zum Brunnen. Die Aelpler <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0398" n="388"/> <p>Das Lager des Alten aber und das Mehl-<lb/> gericht iſt noch unverſehrt und verrammelt mit Rechen<lb/> und Heuſtangen.</p><lb/> <p>Der Klaus geht zu der Herde; der Veit geht<lb/> in das Freie. Und das iſt heute wiederum eine<lb/> Morgenfrühe! Friſch und klar und thauig die Almen<lb/> und Wälder, der Himmel reingeküßt von Morgen-<lb/> luft. Und hoch auf den Zinnen des nahen Fels-<lb/> gewändes leuchtet die Sonne. Ein Vöglein wirbelt<lb/> übermüthig auf dem Giebel der Hütte, und der<lb/> Brunnen plätſchert luſtig in den Trog.</p><lb/> <p>Der Veit geht zum Brunnen. Die Aelpler<lb/> waſchen ſich des Morgens Hände und Geſicht ſo<lb/> gerne am kalten Quell. Das ſchwemmt ſofort<lb/> alle Schläfrigkeit hinweg, und macht Auge und<lb/> Herz heiter — heiter wie der junge Tag. Veit<lb/> kraut mit den Fingern emſig ſein wirres Haar zu-<lb/> recht und hält die beiden Hände unter die ſpru-<lb/> delnde Rinne. Wohl thut die rieſelnde Kühle, Veit!<lb/> Aber — da ſpinnt ſich im Wäſſerlein heran ein<lb/> blutrother Faden, und er ſchwimmt und ſchlingelt<lb/> und ringelt ſich in der hohlen Hand. Erſchrocken<lb/> zieht der Burſche die Arme zurück und ſtarrt in die<lb/> Rinne, auf der ein zweites, drittes Fädchen und<lb/> Fäſerchen heranſchwimmt, und er ſtarrt in den Trog,<lb/> wo die Fäden und Faſern ſich winden und einen<lb/> und theilen und löſen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0398]
Das Lager des Alten aber und das Mehl-
gericht iſt noch unverſehrt und verrammelt mit Rechen
und Heuſtangen.
Der Klaus geht zu der Herde; der Veit geht
in das Freie. Und das iſt heute wiederum eine
Morgenfrühe! Friſch und klar und thauig die Almen
und Wälder, der Himmel reingeküßt von Morgen-
luft. Und hoch auf den Zinnen des nahen Fels-
gewändes leuchtet die Sonne. Ein Vöglein wirbelt
übermüthig auf dem Giebel der Hütte, und der
Brunnen plätſchert luſtig in den Trog.
Der Veit geht zum Brunnen. Die Aelpler
waſchen ſich des Morgens Hände und Geſicht ſo
gerne am kalten Quell. Das ſchwemmt ſofort
alle Schläfrigkeit hinweg, und macht Auge und
Herz heiter — heiter wie der junge Tag. Veit
kraut mit den Fingern emſig ſein wirres Haar zu-
recht und hält die beiden Hände unter die ſpru-
delnde Rinne. Wohl thut die rieſelnde Kühle, Veit!
Aber — da ſpinnt ſich im Wäſſerlein heran ein
blutrother Faden, und er ſchwimmt und ſchlingelt
und ringelt ſich in der hohlen Hand. Erſchrocken
zieht der Burſche die Arme zurück und ſtarrt in die
Rinne, auf der ein zweites, drittes Fädchen und
Fäſerchen heranſchwimmt, und er ſtarrt in den Trog,
wo die Fäden und Faſern ſich winden und einen
und theilen und löſen.
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