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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Und daneben liegt der Reifen aus Tannengeäste.
An den Gestrüppen des Hanges hängt mancher
Halm zerrissen und zerknittert und darunter in der
Tiefe des Grundes -

In der Tiefe ist der alte Mann gelegen.

Der Kopf ist zerschmettert; in der linken Hand
hält er starr gepreßt den Zweig eines Alpenrosen-
strauches. Über die Rechte rieselt das Wasser.

So haben sie ihn gefunden. Wer kann es
sagen, wie der alte Mann verunglückt ist? Etwan
hat er da oben nach dem Golde des Alpenglühens
gefahndet, auf daß er sich eine neue, goldene Harfe
erwerbe. Und da ist der mühselige Greis herab-
gestürzt über das Gewände in die Schlucht. Noch
im Fallen hat er sich halten wollen am Rosen-
strauche. - Und das ist des Waldsängers Ende.
Ein glühendes Röslein prangt am gebrochenen
Zweig in der Hand des Todten.

An diesem Fronleichnamsfeste haben wir ihn
in die Erde gelegt. Gar viel Leute sind nicht dabei
gewesen. Aber die Waldvögelein auf den Wipfeln
des Schachens haben ihrem Sangesbruder ein helles
Schlummerlied gesungen.

So arm hat Keiner geschienen in den Winkel-
wäldern als dieser Mann, und so reich ist Keiner
gewesen. Das allwaltende, allumfassende und un-
faßbare heilige Sängerthum des Volkes hat in

Und daneben liegt der Reifen aus Tannengeäſte.
An den Geſtrüppen des Hanges hängt mancher
Halm zerriſſen und zerknittert und darunter in der
Tiefe des Grundes –

In der Tiefe iſt der alte Mann gelegen.

Der Kopf iſt zerſchmettert; in der linken Hand
hält er ſtarr gepreßt den Zweig eines Alpenroſen-
ſtrauches. Über die Rechte rieſelt das Waſſer.

So haben ſie ihn gefunden. Wer kann es
ſagen, wie der alte Mann verunglückt iſt? Etwan
hat er da oben nach dem Golde des Alpenglühens
gefahndet, auf daß er ſich eine neue, goldene Harfe
erwerbe. Und da iſt der mühſelige Greis herab-
geſtürzt über das Gewände in die Schlucht. Noch
im Fallen hat er ſich halten wollen am Roſen-
ſtrauche. – Und das iſt des Waldſängers Ende.
Ein glühendes Röslein prangt am gebrochenen
Zweig in der Hand des Todten.

An dieſem Fronleichnamsfeſte haben wir ihn
in die Erde gelegt. Gar viel Leute ſind nicht dabei
geweſen. Aber die Waldvögelein auf den Wipfeln
des Schachens haben ihrem Sangesbruder ein helles
Schlummerlied gesungen.

So arm hat Keiner geſchienen in den Winkel-
wäldern als dieſer Mann, und ſo reich iſt Keiner
geweſen. Das allwaltende, allumfaſſende und un-
faßbare heilige Sängerthum des Volkes hat in

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[390/0400] Und daneben liegt der Reifen aus Tannengeäſte. An den Geſtrüppen des Hanges hängt mancher Halm zerriſſen und zerknittert und darunter in der Tiefe des Grundes – In der Tiefe iſt der alte Mann gelegen. Der Kopf iſt zerſchmettert; in der linken Hand hält er ſtarr gepreßt den Zweig eines Alpenroſen- ſtrauches. Über die Rechte rieſelt das Waſſer. So haben ſie ihn gefunden. Wer kann es ſagen, wie der alte Mann verunglückt iſt? Etwan hat er da oben nach dem Golde des Alpenglühens gefahndet, auf daß er ſich eine neue, goldene Harfe erwerbe. Und da iſt der mühſelige Greis herab- geſtürzt über das Gewände in die Schlucht. Noch im Fallen hat er ſich halten wollen am Roſen- ſtrauche. – Und das iſt des Waldſängers Ende. Ein glühendes Röslein prangt am gebrochenen Zweig in der Hand des Todten. An dieſem Fronleichnamsfeſte haben wir ihn in die Erde gelegt. Gar viel Leute ſind nicht dabei geweſen. Aber die Waldvögelein auf den Wipfeln des Schachens haben ihrem Sangesbruder ein helles Schlummerlied gesungen. So arm hat Keiner geſchienen in den Winkel- wäldern als dieſer Mann, und ſo reich iſt Keiner geweſen. Das allwaltende, allumfaſſende und un- faßbare heilige Sängerthum des Volkes hat in

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/400>, abgerufen am 21.11.2024.