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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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verwüsteten Ameisenhaufen hin. Nur wenige der
Thierchen kriechen rathlos herum auf der Trümmer-
stätte ihres Fleißes.

Ich merke es, ein Ameisengräber ist dagewesen,
hat den herrlich eingerichteten Staat zerstört und
beraubt. Aus den geraubten Harzkörnern bereitet er
Weihrauch für den Altar des Herrn; mit den ge-
raubten Eiern füttert er gefangene Vögel, die frei
sein sollten im Himmelslichte, die aber in der Ge-
fangenschaft schmachten ihr Lebtag lang, weil sie das
Unglück haben, die Lieblinge der Menschen zu sein.

Es ist die Sage, daß über den Grabhügel
eines Ameisengräbers keine einzige Ameise geht.

Aus dergleichen Gedanken weckt mich ein Zupfen
an meinem Hut; ich wende mich, um zu sehen,
wer mich neckt. -- Eine braune Kuh steht da und
zerkaut mit Behagen meinen Alpenstrauß.

Bin aufgefahren, hab das vorwitzige Rind
mit meinem Stab wollen züchtigen, da fällt es mir
ein: Gutes Thier, etwan machen meine Blumen
dir mehr Vergnügen, als ihr; so gesegne dir sie
Gott! Sie trinkt dafür deine gute Milch.

Als ich zum späten Abend in das Dorf herab-
komme, sind ihre Fenster hell beleuchtet; dieselben
Fenster, durch die ich vor Jahren so oft habe nach
ihr ausgeguckt.



verwüſteten Ameiſenhaufen hin. Nur wenige der
Thierchen kriechen rathlos herum auf der Trümmer-
ſtätte ihres Fleißes.

Ich merke es, ein Ameiſengräber iſt dageweſen,
hat den herrlich eingerichteten Staat zerſtört und
beraubt. Aus den geraubten Harzkörnern bereitet er
Weihrauch für den Altar des Herrn; mit den ge-
raubten Eiern füttert er gefangene Vögel, die frei
ſein ſollten im Himmelslichte, die aber in der Ge-
fangenſchaft ſchmachten ihr Lebtag lang, weil ſie das
Unglück haben, die Lieblinge der Menſchen zu ſein.

Es iſt die Sage, daß über den Grabhügel
eines Ameiſengräbers keine einzige Ameiſe geht.

Aus dergleichen Gedanken weckt mich ein Zupfen
an meinem Hut; ich wende mich, um zu ſehen,
wer mich neckt. — Eine braune Kuh ſteht da und
zerkaut mit Behagen meinen Alpenſtrauß.

Bin aufgefahren, hab das vorwitzige Rind
mit meinem Stab wollen züchtigen, da fällt es mir
ein: Gutes Thier, etwan machen meine Blumen
dir mehr Vergnügen, als ihr; ſo geſegne dir ſie
Gott! Sie trinkt dafür deine gute Milch.

Als ich zum ſpäten Abend in das Dorf herab-
komme, ſind ihre Fenſter hell beleuchtet; dieſelben
Fenſter, durch die ich vor Jahren ſo oft habe nach
ihr ausgeguckt.



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[420/0430] verwüſteten Ameiſenhaufen hin. Nur wenige der Thierchen kriechen rathlos herum auf der Trümmer- ſtätte ihres Fleißes. Ich merke es, ein Ameiſengräber iſt dageweſen, hat den herrlich eingerichteten Staat zerſtört und beraubt. Aus den geraubten Harzkörnern bereitet er Weihrauch für den Altar des Herrn; mit den ge- raubten Eiern füttert er gefangene Vögel, die frei ſein ſollten im Himmelslichte, die aber in der Ge- fangenſchaft ſchmachten ihr Lebtag lang, weil ſie das Unglück haben, die Lieblinge der Menſchen zu ſein. Es iſt die Sage, daß über den Grabhügel eines Ameiſengräbers keine einzige Ameiſe geht. Aus dergleichen Gedanken weckt mich ein Zupfen an meinem Hut; ich wende mich, um zu ſehen, wer mich neckt. — Eine braune Kuh ſteht da und zerkaut mit Behagen meinen Alpenſtrauß. Bin aufgefahren, hab das vorwitzige Rind mit meinem Stab wollen züchtigen, da fällt es mir ein: Gutes Thier, etwan machen meine Blumen dir mehr Vergnügen, als ihr; ſo geſegne dir ſie Gott! Sie trinkt dafür deine gute Milch. Als ich zum ſpäten Abend in das Dorf herab- komme, ſind ihre Fenſter hell beleuchtet; dieſelben Fenſter, durch die ich vor Jahren ſo oft habe nach ihr ausgeguckt.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/430>, abgerufen am 21.11.2024.