Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.Der Schnee war weich und leuchtete in der Wir gingen an dem Schachen des Friedhofes Ich wollte mir die Ruhestätte des Vater Paul Später kamen wir auf einen Bergsattel. "Wir sind auf der Lauterhöhe?" frug ich 28*
Der Schnee war weich und leuchtete in der Wir gingen an dem Schachen des Friedhofes Ich wollte mir die Ruheſtätte des Vater Paul Später kamen wir auf einen Bergſattel. „Wir ſind auf der Lauterhöhe?“ frug ich 28*
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Der Schnee war weich und leuchtete in der
Morgenſonne. Bald ſtanden die niedergedrückten
Pflanzen und Blumen wieder auf, und die Vögel
ſangen und hüpften in dem Geäſte und ſchüttelten
das Geflocke von den Bäumen. Friſch und neu-
lebendig grünte es zwiſchen dem roſigangehauchten
Weiß, und in einer großen Klarheit lagen die
Waldberge. Es war in einer wunderſamen Weiſe
der Sommer vermählt mit dem Winter.
Wir gingen an dem Schachen des Friedhofes
vorüber; der Peter zog ſeinen Hut vom Kopfe und
trug ihn ſo lange in der Hand, bis wir an dem
Gottesacker vorbei waren. Die alten Bäume floch-
ten hoch über den wenigen Gräbern die Aeſte und
Kronen ſo in einander, daß es war, wie in einem
gothiſchen Dome. Wol legte ſich über den Wipfeln
der Schneeſchleier hin, im Schatten auf den Grä-
bern aber prangte friſches Gras und Moosgeflechte,
und darüber ragten und lehnten an den Stämmen,
oder lagen verwahrloſt hingeſtreckt die grauen, bild-
und inſchriftloſen Holzkreuze.
Ich wollte mir die Ruheſtätte des Vater Paul
und des Reim-Rüppel zeigen laſſen. Der Peter ſah
mich fragend an; davon wußte der junge Mann nichts.
Später kamen wir auf einen Bergſattel.
„Wir ſind auf der Lauterhöhe?“ frug ich
meinen ſtillen Gefährten. Er nickte bejahend mit
28*
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