Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.Der Mann hat des Feuers gepflegt; das Mädchen Du liebes Freundeshaus in Feindesland, was Mir aber ist gewesen, als thäten sie mich Der Mann hat des Feuers gepflegt; das Mädchen Du liebes Freundeshaus in Feindesland, was Mir aber iſt geweſen, als thäten ſie mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="56"/> Der Mann hat des Feuers gepflegt; das Mädchen<lb/> hat mir Milch in den Mund geflößt. In ihrer<lb/> rauhen Sprache haben ſie Worte gewechſelt; ich<lb/> hab kein einziges verſtanden. An Heinrich habe ich<lb/> gedacht, an den lieben Laut ſeiner Worte . . . .<lb/> Mein Leib hat mich fürchterlich geſchmerzt; der<lb/> Mann hat ihn in ein naſſes Tuch geſchlagen.<lb/> Das Mädchen hat mir ein kleines Kreuz mit zwei<lb/> Gegenbalken vor die Augen gehalten und dabei<lb/> etwas gemurmelt, wie ein Gebet. — Sie betet<lb/> den Sterbeſegen, Andreas!</p><lb/> <p>Du liebes Freundeshaus in Feindesland, was<lb/> in dir weiter mit mir geweſen iſt, das weiß ich<lb/> nicht mehr zu denken. Das braune Mädchen hat<lb/> ſeine Hand oftmals an meine Stirne gelegt. Wär’s<lb/> dazumal dazu gekommen, es wär ein ſchönes Ster-<lb/> ben geweſen. Es hat ſich anders zugetragen. Noch<lb/> heute hör ich den Schlag, der die Hüttenthür hat<lb/> zertrümmert. Kriegsgefährten ſind eingedrungen,<lb/> haben den alten Mann mißhandelt und das braun-<lb/> färbige Mädchen von meinem Lager geſtoßen. Mich<lb/> haben ſie davon getragen, hin durch den Sturm<lb/> und hin durch die Wildniſſen — dem Heere nach.</p><lb/> <p>Mir aber iſt geweſen, als thäten ſie mich<lb/> ſchleppen aus der Heimat fort . . . . Gottes iſt<lb/> die Welt allüberall. Aber die Gefährten haben<lb/> mich nicht zurückgelaſſen; das hat mich doch wieder<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0066]
Der Mann hat des Feuers gepflegt; das Mädchen
hat mir Milch in den Mund geflößt. In ihrer
rauhen Sprache haben ſie Worte gewechſelt; ich
hab kein einziges verſtanden. An Heinrich habe ich
gedacht, an den lieben Laut ſeiner Worte . . . .
Mein Leib hat mich fürchterlich geſchmerzt; der
Mann hat ihn in ein naſſes Tuch geſchlagen.
Das Mädchen hat mir ein kleines Kreuz mit zwei
Gegenbalken vor die Augen gehalten und dabei
etwas gemurmelt, wie ein Gebet. — Sie betet
den Sterbeſegen, Andreas!
Du liebes Freundeshaus in Feindesland, was
in dir weiter mit mir geweſen iſt, das weiß ich
nicht mehr zu denken. Das braune Mädchen hat
ſeine Hand oftmals an meine Stirne gelegt. Wär’s
dazumal dazu gekommen, es wär ein ſchönes Ster-
ben geweſen. Es hat ſich anders zugetragen. Noch
heute hör ich den Schlag, der die Hüttenthür hat
zertrümmert. Kriegsgefährten ſind eingedrungen,
haben den alten Mann mißhandelt und das braun-
färbige Mädchen von meinem Lager geſtoßen. Mich
haben ſie davon getragen, hin durch den Sturm
und hin durch die Wildniſſen — dem Heere nach.
Mir aber iſt geweſen, als thäten ſie mich
ſchleppen aus der Heimat fort . . . . Gottes iſt
die Welt allüberall. Aber die Gefährten haben
mich nicht zurückgelaſſen; das hat mich doch wieder
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