Gewehr hab ich um einen Stein geschlagen, daß es zerschmettert; waffenlos bin ich in die Schlacht gerast; mit seinem eigenen Schwert hab ich einem Franzosenführer den Schädel gespalten.
Was hat's genützt? ich hab doch gegen mein Vaterland gestritten, gegen die Brüder, die meine Sprache reden, während ich meine welschen Gefähr- ten kaum verstanden. Und ich hab meinen Heinrich erschossen. Ach, wie spät gehen mir die Augen auf!
-- Bist ein unerfahrner Mensch. Geh nach Wien zum Karl! -- Du getreuer Hofer, hätt' ich deinen Wink befolgt! -- Wol, auch deine Fahne ist gut gewesen, und herrlicher, als alle anderen im weiten Land. Von der Stund an, da mir der Glauben an sie aus dem Herzen gerissen worden, ist mein Unglück angegangen. Die Lieb' zur freien Welt hat mich in die Gefangenschaft gebracht; die Sühne meines eigenen Fehls hat mich in Noth und Qual geführt; die Treue zu meinem Feld- herrn und die Sehnsucht nach einem Großen und Gemeinsamen hat mich zum Verräther meines Vaterlandes, zum Mörder meines Freundes ge- macht. -- Andreas, wenn dich schon die Tugend zum Verbrechen führt, wohin erst hätte dich böse Absicht gestürzt? -- den treuen Führer hast du stolz abgelehnt, da hat dir Erfahrung und Füh- rung gemangelt. -- Andreas! du hast dich dem
Gewehr hab ich um einen Stein geſchlagen, daß es zerſchmettert; waffenlos bin ich in die Schlacht geraſt; mit ſeinem eigenen Schwert hab ich einem Franzoſenführer den Schädel geſpalten.
Was hat’s genützt? ich hab doch gegen mein Vaterland geſtritten, gegen die Brüder, die meine Sprache reden, während ich meine welſchen Gefähr- ten kaum verſtanden. Und ich hab meinen Heinrich erſchoſſen. Ach, wie ſpät gehen mir die Augen auf!
— Biſt ein unerfahrner Menſch. Geh nach Wien zum Karl! — Du getreuer Hofer, hätt’ ich deinen Wink befolgt! — Wol, auch deine Fahne iſt gut geweſen, und herrlicher, als alle anderen im weiten Land. Von der Stund an, da mir der Glauben an ſie aus dem Herzen geriſſen worden, iſt mein Unglück angegangen. Die Lieb’ zur freien Welt hat mich in die Gefangenſchaft gebracht; die Sühne meines eigenen Fehls hat mich in Noth und Qual geführt; die Treue zu meinem Feld- herrn und die Sehnſucht nach einem Großen und Gemeinſamen hat mich zum Verräther meines Vaterlandes, zum Mörder meines Freundes ge- macht. — Andreas, wenn dich ſchon die Tugend zum Verbrechen führt, wohin erſt hätte dich böſe Abſicht geſtürzt? — den treuen Führer haſt du ſtolz abgelehnt, da hat dir Erfahrung und Füh- rung gemangelt. — Andreas! du haſt dich dem
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Gewehr hab ich um einen Stein geſchlagen, daß
es zerſchmettert; waffenlos bin ich in die Schlacht
geraſt; mit ſeinem eigenen Schwert hab ich einem
Franzoſenführer den Schädel geſpalten.
Was hat’s genützt? ich hab doch gegen mein
Vaterland geſtritten, gegen die Brüder, die meine
Sprache reden, während ich meine welſchen Gefähr-
ten kaum verſtanden. Und ich hab meinen Heinrich
erſchoſſen. Ach, wie ſpät gehen mir die Augen auf!
— Biſt ein unerfahrner Menſch. Geh nach
Wien zum Karl! — Du getreuer Hofer, hätt’ ich
deinen Wink befolgt! — Wol, auch deine Fahne
iſt gut geweſen, und herrlicher, als alle anderen
im weiten Land. Von der Stund an, da mir der
Glauben an ſie aus dem Herzen geriſſen worden,
iſt mein Unglück angegangen. Die Lieb’ zur freien
Welt hat mich in die Gefangenſchaft gebracht; die
Sühne meines eigenen Fehls hat mich in Noth
und Qual geführt; die Treue zu meinem Feld-
herrn und die Sehnſucht nach einem Großen und
Gemeinſamen hat mich zum Verräther meines
Vaterlandes, zum Mörder meines Freundes ge-
macht. — Andreas, wenn dich ſchon die Tugend
zum Verbrechen führt, wohin erſt hätte dich böſe
Abſicht geſtürzt? — den treuen Führer haſt du
ſtolz abgelehnt, da hat dir Erfahrung und Füh-
rung gemangelt. — Andreas! du haſt dich dem
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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