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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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So düster äußert sich der Schmerz der Mißgestalt.
Und doch kann sie ein großes Mittel für die Komik werden.
In der Abwesenheit der Symmetrie liegt zwar noch nichts
Komisches, in der Verworrenheit aber regt sie sich schon,
weil in ihr eine Gestalt die andere verdrängt und verlöscht.
In der Halbsymmetrie hat der Ansatz zur Verwirklichung,
die nicht zu Ende kommt, ganz abgesehen von der Beson¬
derheit des Inhalts, ebenfalls einen komischen Anstrich. Die
positive Unsymmetrie aber, die in ihrer Congruenz doch nicht
congruent, die in der Gleichheit ihrer Theile doch ungleich ist,
diese in sich unsymmetrische Symmetrie ist an sich in der
That schon komisch, insofern das Lächerliche der Widerspruch
des Unmöglichen als eines empirisch Wirklichen mit der dem
Begriff nach seinsollenden Wirklichkeit ist. Es sollte wohl,
dem Begriff nach, unmöglich sein, daß der eine Arm länger,
als sein Gegenarm; ist nun aber factisch der eine Arm doch
länger, als der andere, so ist damit die dem Begriff wider¬
sprechende, nichtseinsollende Wirklichkeit wirklich und dieser
Widerspruch wird komisch -- gerade wie, in Ansehung der
Füße, das Hinken etwas Komisches an sich hat. Die Komik
zieht die Beschäftigung der Menschen, die eine Krümmung
und scheinbare-Verkürzung eines Arms zur Folge haben kann,
herein und stellt uns den Schreiber, Schneider, Schuster,
Tischler u. s. w. in ihren komischen Bewegungen dar.

Eine besonders beliebte Komik entsteht im Drama
dadurch, daß dem tragischen Verlauf der Haupthandlung
symmetrisch der komische Verlauf einer Nebenhandlung gegen¬
übergestellt wird. Alle positiven Vorgänge der ernsten Sphäre
wiederholen sich in der Nullität der komischen und steigern
durch diesen Parallelismus den Effect ihres Pathos. Im
Englischen, vorzüglich aber im Spanischen Theater

So düſter äußert ſich der Schmerz der Mißgeſtalt.
Und doch kann ſie ein großes Mittel für die Komik werden.
In der Abweſenheit der Symmetrie liegt zwar noch nichts
Komiſches, in der Verworrenheit aber regt ſie ſich ſchon,
weil in ihr eine Geſtalt die andere verdrängt und verlöſcht.
In der Halbſymmetrie hat der Anſatz zur Verwirklichung,
die nicht zu Ende kommt, ganz abgeſehen von der Beſon¬
derheit des Inhalts, ebenfalls einen komiſchen Anſtrich. Die
poſitive Unſymmetrie aber, die in ihrer Congruenz doch nicht
congruent, die in der Gleichheit ihrer Theile doch ungleich iſt,
dieſe in ſich unſymmetriſche Symmetrie iſt an ſich in der
That ſchon komiſch, inſofern das Lächerliche der Widerſpruch
des Unmöglichen als eines empiriſch Wirklichen mit der dem
Begriff nach ſeinſollenden Wirklichkeit iſt. Es ſollte wohl,
dem Begriff nach, unmöglich ſein, daß der eine Arm länger,
als ſein Gegenarm; iſt nun aber factiſch der eine Arm doch
länger, als der andere, ſo iſt damit die dem Begriff wider¬
ſprechende, nichtſeinſollende Wirklichkeit wirklich und dieſer
Widerſpruch wird komiſch — gerade wie, in Anſehung der
Füße, das Hinken etwas Komiſches an ſich hat. Die Komik
zieht die Beſchäftigung der Menſchen, die eine Krümmung
und ſcheinbare-Verkürzung eines Arms zur Folge haben kann,
herein und ſtellt uns den Schreiber, Schneider, Schuſter,
Tiſchler u. ſ. w. in ihren komiſchen Bewegungen dar.

Eine beſonders beliebte Komik entſteht im Drama
dadurch, daß dem tragiſchen Verlauf der Haupthandlung
ſymmetriſch der komiſche Verlauf einer Nebenhandlung gegen¬
übergeſtellt wird. Alle poſitiven Vorgänge der ernſten Sphäre
wiederholen ſich in der Nullität der komiſchen und ſteigern
durch dieſen Parallelismus den Effect ihres Pathos. Im
Engliſchen, vorzüglich aber im Spaniſchen Theater

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[88/0110] So düſter äußert ſich der Schmerz der Mißgeſtalt. Und doch kann ſie ein großes Mittel für die Komik werden. In der Abweſenheit der Symmetrie liegt zwar noch nichts Komiſches, in der Verworrenheit aber regt ſie ſich ſchon, weil in ihr eine Geſtalt die andere verdrängt und verlöſcht. In der Halbſymmetrie hat der Anſatz zur Verwirklichung, die nicht zu Ende kommt, ganz abgeſehen von der Beſon¬ derheit des Inhalts, ebenfalls einen komiſchen Anſtrich. Die poſitive Unſymmetrie aber, die in ihrer Congruenz doch nicht congruent, die in der Gleichheit ihrer Theile doch ungleich iſt, dieſe in ſich unſymmetriſche Symmetrie iſt an ſich in der That ſchon komiſch, inſofern das Lächerliche der Widerſpruch des Unmöglichen als eines empiriſch Wirklichen mit der dem Begriff nach ſeinſollenden Wirklichkeit iſt. Es ſollte wohl, dem Begriff nach, unmöglich ſein, daß der eine Arm länger, als ſein Gegenarm; iſt nun aber factiſch der eine Arm doch länger, als der andere, ſo iſt damit die dem Begriff wider¬ ſprechende, nichtſeinſollende Wirklichkeit wirklich und dieſer Widerſpruch wird komiſch — gerade wie, in Anſehung der Füße, das Hinken etwas Komiſches an ſich hat. Die Komik zieht die Beſchäftigung der Menſchen, die eine Krümmung und ſcheinbare-Verkürzung eines Arms zur Folge haben kann, herein und ſtellt uns den Schreiber, Schneider, Schuſter, Tiſchler u. ſ. w. in ihren komiſchen Bewegungen dar. Eine beſonders beliebte Komik entſteht im Drama dadurch, daß dem tragiſchen Verlauf der Haupthandlung ſymmetriſch der komiſche Verlauf einer Nebenhandlung gegen¬ übergeſtellt wird. Alle poſitiven Vorgänge der ernſten Sphäre wiederholen ſich in der Nullität der komiſchen und ſteigern durch dieſen Parallelismus den Effect ihres Pathos. Im Engliſchen, vorzüglich aber im Spaniſchen Theater

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/110>, abgerufen am 23.11.2024.