unschädlicher Art, die mehr von der Natur oder von den Um¬ ständen abhängen, sich dazu eignen, wie wir dies vorzüglich im Lustspiel sehen. Wird die Entwicklung der Schwäche an die Fiction eines Schicksals angeknüpft, wird sie dadurch mit dem Schein der Nothwendigkeit umgeben, so wird der komische Effect dadurch gesteigert. Ein glänzendes Meister¬ werk dieser Komik wird ewig Diderot'sJacques le fataliste et son maeitre bleiben. Daß der Herr ohne den Diener nicht leben kann, ist eine Schwäche, die Niemandem schadet; daß der Herr vor allen Dingen gern erzählen hört, ist eine Schwäche, die Andern Gelegenheit gibt, ihr Erzählertalent zu entfalten; daß der Herr den Diener, der ihn offen be¬ herrscht, von der Falschheit seines Fatalismus überzeugen will, ist eine Schwäche, die liebenswürdig ist. Mit welch unvergleichlichem Humor weiß Diderot den Fatalismus des Jacques ins Spiel zu setzen. Alles geschieht, parceque c'etoit ecrit la en-haut, sur le grand rouleau. Diderot wäre aber nicht Diderot gewesen, wenn er nicht an die Plaudereien des Dieners und der Wirthin, an den Fatalismus des Dieners und an die Kritik des Herrn, die tiefsten Probleme des menschlichen Daseins anzuknüpfen gewußt hätte. Man irrt sehr, wenn man nach gewissen landläufigen Schilde¬ rungen meint, daß Jacques nur eine frivole Tendenz habe (39). Sein Grundtext ist vielmehr die Idee des Schick¬ sals, was Diderot durch das Prädicat fatalistisch auch selber angedeutet hat.
III. Das Niedrige.
Das Erhabene in seiner Schrankenlosigkeit ist groß; in der widerstandlosen Aeußerung seiner Macht gewaltig; in der
unſchädlicher Art, die mehr von der Natur oder von den Um¬ ſtänden abhängen, ſich dazu eignen, wie wir dies vorzüglich im Luſtſpiel ſehen. Wird die Entwicklung der Schwäche an die Fiction eines Schickſals angeknüpft, wird ſie dadurch mit dem Schein der Nothwendigkeit umgeben, ſo wird der komiſche Effect dadurch geſteigert. Ein glänzendes Meiſter¬ werk dieſer Komik wird ewig Diderot'sJacques le fataliste et son maître bleiben. Daß der Herr ohne den Diener nicht leben kann, iſt eine Schwäche, die Niemandem ſchadet; daß der Herr vor allen Dingen gern erzählen hört, iſt eine Schwäche, die Andern Gelegenheit gibt, ihr Erzählertalent zu entfalten; daß der Herr den Diener, der ihn offen be¬ herrſcht, von der Falſchheit ſeines Fatalismus überzeugen will, iſt eine Schwäche, die liebenswürdig iſt. Mit welch unvergleichlichem Humor weiß Diderot den Fatalismus des Jacques ins Spiel zu ſetzen. Alles geſchieht, parceque c'étoit écrit là en-haut, sur le grand rouleau. Diderot wäre aber nicht Diderot geweſen, wenn er nicht an die Plaudereien des Dieners und der Wirthin, an den Fatalismus des Dieners und an die Kritik des Herrn, die tiefſten Probleme des menſchlichen Daſeins anzuknüpfen gewußt hätte. Man irrt ſehr, wenn man nach gewiſſen landläufigen Schilde¬ rungen meint, daß Jacques nur eine frivole Tendenz habe (39). Sein Grundtext iſt vielmehr die Idee des Schick¬ ſals, was Diderot durch das Prädicat fataliſtiſch auch ſelber angedeutet hat.
III. Das Niedrige.
Das Erhabene in ſeiner Schrankenloſigkeit iſt groß; in der widerſtandloſen Aeußerung ſeiner Macht gewaltig; in der
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unſchädlicher Art, die mehr von der Natur oder von den Um¬
ſtänden abhängen, ſich dazu eignen, wie wir dies vorzüglich
im Luſtſpiel ſehen. Wird die Entwicklung der Schwäche an
die Fiction eines Schickſals angeknüpft, wird ſie dadurch
mit dem Schein der Nothwendigkeit umgeben, ſo wird der
komiſche Effect dadurch geſteigert. Ein glänzendes Meiſter¬
werk dieſer Komik wird ewig Diderot's Jacques le fataliste
et son maître bleiben. Daß der Herr ohne den Diener
nicht leben kann, iſt eine Schwäche, die Niemandem ſchadet;
daß der Herr vor allen Dingen gern erzählen hört, iſt eine
Schwäche, die Andern Gelegenheit gibt, ihr Erzählertalent
zu entfalten; daß der Herr den Diener, der ihn offen be¬
herrſcht, von der Falſchheit ſeines Fatalismus überzeugen
will, iſt eine Schwäche, die liebenswürdig iſt. Mit welch
unvergleichlichem Humor weiß Diderot den Fatalismus des
Jacques ins Spiel zu ſetzen. Alles geſchieht, parceque
c'étoit écrit là en-haut, sur le grand rouleau. Diderot wäre
aber nicht Diderot geweſen, wenn er nicht an die Plaudereien
des Dieners und der Wirthin, an den Fatalismus des
Dieners und an die Kritik des Herrn, die tiefſten Probleme
des menſchlichen Daſeins anzuknüpfen gewußt hätte. Man
irrt ſehr, wenn man nach gewiſſen landläufigen Schilde¬
rungen meint, daß Jacques nur eine frivole Tendenz
habe (39). Sein Grundtext iſt vielmehr die Idee des Schick¬
ſals, was Diderot durch das Prädicat fataliſtiſch auch ſelber
angedeutet hat.
III. Das Niedrige.
Das Erhabene in ſeiner Schrankenloſigkeit iſt groß; in
der widerſtandloſen Aeußerung ſeiner Macht gewaltig; in der
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/219>, abgerufen am 24.11.2024.
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