und Geschichte sich offenbart, diese ganze Häßlichkeit der zer¬ rissenen und verschlissenen Weltschmerzler ist von I. Schmidt in seiner Geschichte der Romantik, 1848, II., 385 - 89. vortrefflich charakterisirt worden. Den Anfang dieser ästheti¬ schen Satanerie findet er im Lovelace.
Die Auflösung des Diabolischen in's Komische liegt schon in seinem ursprünglichen Widerspruch. Sein Unter¬ fangen, im Universum einen Ausnahmezustand begründen zu wollen, erscheint um so thörigter, je größer der formale Verstand und Wille ist, die sich dabei bethätigen. Gegen die Erhabenheit der göttlichen Weisheit und Allmacht nimmt sich die teuflische Intelligenz und Kraft doch nur als eine Duodezallwissenheit und Miniaturallmacht aus. Die Mittel, deren sie sich für ihre Zwecke bedient, helfen endlich das Gegentheil realisiren. Von dieser Seite hat die christliche Kunst vorzüglich die Darstellung des Teufels gefaßt. Das Mittelalter hat seine Komik wesentlich an ihr entwickelt. Dem Teufel wurde das Laster als Narr zugeordnet und aus ihm ging der spätere clown und Rüpel hervor. Der Teufel kommt trotz seiner großen Anstrengungen überall zu kurz und wird, nachdem er eine Zeitlang Verlegenheiten bereitet hat, zuletzt ausgelacht. Das Volk macht ihn in seinen Sagen zum armen und dummen aber auch lustigen Teufel. In Ben Jonsons dummen Teufel (übersetzt von Baudissin in Ben Jonson und seine Schule) wird der Teufel von allen Menschen hinter's Licht geführt und endlich in's Gefängniß gebracht, aus welchem Satan ihn be¬ freien muß. Im Englischen Puppet-shaw erschlägt Punch sogar zuletzt den Teufel und singt:
Juchhe! Aus ist die[ ]Noth,
Denn selber der Teufel ist todt!
und Geſchichte ſich offenbart, dieſe ganze Häßlichkeit der zer¬ riſſenen und verſchliſſenen Weltſchmerzler iſt von I. Schmidt in ſeiner Geſchichte der Romantik, 1848, II., 385 – 89. vortrefflich charakteriſirt worden. Den Anfang dieſer äſtheti¬ ſchen Satanerie findet er im Lovelace.
Die Auflöſung des Diaboliſchen in's Komiſche liegt ſchon in ſeinem urſprünglichen Widerſpruch. Sein Unter¬ fangen, im Univerſum einen Ausnahmezuſtand begründen zu wollen, erſcheint um ſo thörigter, je größer der formale Verſtand und Wille iſt, die ſich dabei bethätigen. Gegen die Erhabenheit der göttlichen Weisheit und Allmacht nimmt ſich die teufliſche Intelligenz und Kraft doch nur als eine Duodezallwiſſenheit und Miniaturallmacht aus. Die Mittel, deren ſie ſich für ihre Zwecke bedient, helfen endlich das Gegentheil realiſiren. Von dieſer Seite hat die chriſtliche Kunſt vorzüglich die Darſtellung des Teufels gefaßt. Das Mittelalter hat ſeine Komik weſentlich an ihr entwickelt. Dem Teufel wurde das Laſter als Narr zugeordnet und aus ihm ging der ſpätere clown und Rüpel hervor. Der Teufel kommt trotz ſeiner großen Anſtrengungen überall zu kurz und wird, nachdem er eine Zeitlang Verlegenheiten bereitet hat, zuletzt ausgelacht. Das Volk macht ihn in ſeinen Sagen zum armen und dummen aber auch luſtigen Teufel. In Ben Jonſons dummen Teufel (überſetzt von Baudiſſin in Ben Jonſon und ſeine Schule) wird der Teufel von allen Menſchen hinter's Licht geführt und endlich in's Gefängniß gebracht, aus welchem Satan ihn be¬ freien muß. Im Engliſchen Puppet-shaw erſchlägt Punch ſogar zuletzt den Teufel und ſingt:
Juchhe! Aus iſt die[ ]Noth,
Denn ſelber der Teufel iſt todt!
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und Geſchichte ſich offenbart, dieſe ganze Häßlichkeit der zer¬
riſſenen und verſchliſſenen Weltſchmerzler iſt von I. Schmidt
in ſeiner Geſchichte der Romantik, 1848, II., 385 – 89.
vortrefflich charakteriſirt worden. Den Anfang dieſer äſtheti¬
ſchen Satanerie findet er im Lovelace.
Die Auflöſung des Diaboliſchen in's Komiſche liegt
ſchon in ſeinem urſprünglichen Widerſpruch. Sein Unter¬
fangen, im Univerſum einen Ausnahmezuſtand begründen zu
wollen, erſcheint um ſo thörigter, je größer der formale
Verſtand und Wille iſt, die ſich dabei bethätigen. Gegen die
Erhabenheit der göttlichen Weisheit und Allmacht nimmt
ſich die teufliſche Intelligenz und Kraft doch nur als eine
Duodezallwiſſenheit und Miniaturallmacht aus. Die Mittel,
deren ſie ſich für ihre Zwecke bedient, helfen endlich das
Gegentheil realiſiren. Von dieſer Seite hat die chriſtliche
Kunſt vorzüglich die Darſtellung des Teufels gefaßt. Das
Mittelalter hat ſeine Komik weſentlich an ihr entwickelt.
Dem Teufel wurde das Laſter als Narr zugeordnet und aus
ihm ging der ſpätere clown und Rüpel hervor. Der Teufel
kommt trotz ſeiner großen Anſtrengungen überall zu kurz
und wird, nachdem er eine Zeitlang Verlegenheiten bereitet
hat, zuletzt ausgelacht. Das Volk macht ihn in ſeinen
Sagen zum armen und dummen aber auch luſtigen
Teufel. In Ben Jonſons dummen Teufel (überſetzt
von Baudiſſin in Ben Jonſon und ſeine Schule) wird
der Teufel von allen Menſchen hinter's Licht geführt und
endlich in's Gefängniß gebracht, aus welchem Satan ihn be¬
freien muß. Im Engliſchen Puppet-shaw erſchlägt Punch
ſogar zuletzt den Teufel und ſingt:
Juchhe! Aus iſt die Noth,
Denn ſelber der Teufel iſt todt!
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/405>, abgerufen am 21.11.2024.
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