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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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über die männliche und weibliche Form, in Schillers Horen
1795, jetzt in seinen Gesammelten Werken, I., S. 215. ff.
so gründlich gezeigt hat. Nur im Mann kann die Würde,
nur im Weibe die Anmuth zur absoluten Reinheit sich erheben.
In der Jünglingsperiode kann die männliche Gestalt als
Ephebe eine gewisse weibliche Weichheit, in der Periode des
greisen Alters die weibliche als Matrone eine gewisse männ¬
liche Strenge annehmen, ohne die individuelle Wahrheit des
geschlechtlichen Typus zu beeinträchtigen. Allein aus den
Schönheiten des männlichen und weiblichen Ideals ein drittes
Ideal zusammenzusetzen, das weder männlich noch weiblich,
vielmehr mannweiblich sein soll, ist eine Versuchung der
irreführenden Reflexion, die unausbleiblich zu Verzerrungen
führen muß. Es bleibt ein unnatürliches Beginnen, das
nur einem in Päderastie versunkenen Geschlechte schmeicheln
konnte. Sculptur und Malerei haben einen großen Auf¬
wand gemacht, diesem Pseudoideal zu huldigen, aber auch
in den Werken höchster Virtuosität bleibt es Caricatur. Die
Schönheit dieser Zwittergestalten hat gerade, weil sie die
Prätension der absoluten, allerschöpfenden Schönheit machen
muß, eine fast gespenstisches Grauen, ja Ekel erweckende Hä߬
lichkeit an sich. Schneidet sich eine Amazone, den Bogen
besser spannen zu können, die eine Brust weg, so bleibt sie
doch Weib, ja sie bleibt, wie eine Penthesilea, der Liebe
fähig. Wird ein Mann gewaltsam zum Hämmling gemacht,
so verweibt der Eunuch als ein Unglücklicher. Ein Herma¬
phrodit aber, der zugleich Mann und Weib sein soll, ist ein
Monstrum. Unter den Pompejanischen Bildern finden wir
auch manche Hermaphroditen, aber doch auch eines, worin
der Ekel der gesunden Natur vor solchem zweideutigen Ideal
treffend dargestellt ist, Musee secret, pl. 13., p. 68. Ein

über die männliche und weibliche Form, in Schillers Horen
1795, jetzt in ſeinen Gesammelten Werken, I., S. 215. ff.
ſo gründlich gezeigt hat. Nur im Mann kann die Würde,
nur im Weibe die Anmuth zur abſoluten Reinheit ſich erheben.
In der Jünglingsperiode kann die männliche Geſtalt als
Ephebe eine gewiſſe weibliche Weichheit, in der Periode des
greiſen Alters die weibliche als Matrone eine gewiſſe männ¬
liche Strenge annehmen, ohne die individuelle Wahrheit des
geſchlechtlichen Typus zu beeinträchtigen. Allein aus den
Schönheiten des männlichen und weiblichen Ideals ein drittes
Ideal zuſammenzuſetzen, das weder männlich noch weiblich,
vielmehr mannweiblich ſein ſoll, iſt eine Verſuchung der
irreführenden Reflexion, die unausbleiblich zu Verzerrungen
führen muß. Es bleibt ein unnatürliches Beginnen, das
nur einem in Päderaſtie verſunkenen Geſchlechte ſchmeicheln
konnte. Sculptur und Malerei haben einen großen Auf¬
wand gemacht, dieſem Pſeudoideal zu huldigen, aber auch
in den Werken höchſter Virtuoſität bleibt es Caricatur. Die
Schönheit dieſer Zwittergeſtalten hat gerade, weil ſie die
Prätenſion der abſoluten, allerſchöpfenden Schönheit machen
muß, eine faſt geſpenſtiſches Grauen, ja Ekel erweckende Hä߬
lichkeit an ſich. Schneidet ſich eine Amazone, den Bogen
beſſer ſpannen zu können, die eine Bruſt weg, ſo bleibt ſie
doch Weib, ja ſie bleibt, wie eine Pentheſilea, der Liebe
fähig. Wird ein Mann gewaltſam zum Hämmling gemacht,
ſo verweibt der Eunuch als ein Unglücklicher. Ein Herma¬
phrodit aber, der zugleich Mann und Weib ſein ſoll, iſt ein
Monſtrum. Unter den Pompejaniſchen Bildern finden wir
auch manche Hermaphroditen, aber doch auch eines, worin
der Ekel der geſunden Natur vor ſolchem zweideutigen Ideal
treffend dargeſtellt iſt, Musée secret, pl. 13., p. 68. Ein

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[406/0428] über die männliche und weibliche Form, in Schillers Horen 1795, jetzt in ſeinen Gesammelten Werken, I., S. 215. ff. ſo gründlich gezeigt hat. Nur im Mann kann die Würde, nur im Weibe die Anmuth zur abſoluten Reinheit ſich erheben. In der Jünglingsperiode kann die männliche Geſtalt als Ephebe eine gewiſſe weibliche Weichheit, in der Periode des greiſen Alters die weibliche als Matrone eine gewiſſe männ¬ liche Strenge annehmen, ohne die individuelle Wahrheit des geſchlechtlichen Typus zu beeinträchtigen. Allein aus den Schönheiten des männlichen und weiblichen Ideals ein drittes Ideal zuſammenzuſetzen, das weder männlich noch weiblich, vielmehr mannweiblich ſein ſoll, iſt eine Verſuchung der irreführenden Reflexion, die unausbleiblich zu Verzerrungen führen muß. Es bleibt ein unnatürliches Beginnen, das nur einem in Päderaſtie verſunkenen Geſchlechte ſchmeicheln konnte. Sculptur und Malerei haben einen großen Auf¬ wand gemacht, dieſem Pſeudoideal zu huldigen, aber auch in den Werken höchſter Virtuoſität bleibt es Caricatur. Die Schönheit dieſer Zwittergeſtalten hat gerade, weil ſie die Prätenſion der abſoluten, allerſchöpfenden Schönheit machen muß, eine faſt geſpenſtiſches Grauen, ja Ekel erweckende Hä߬ lichkeit an ſich. Schneidet ſich eine Amazone, den Bogen beſſer ſpannen zu können, die eine Bruſt weg, ſo bleibt ſie doch Weib, ja ſie bleibt, wie eine Pentheſilea, der Liebe fähig. Wird ein Mann gewaltſam zum Hämmling gemacht, ſo verweibt der Eunuch als ein Unglücklicher. Ein Herma¬ phrodit aber, der zugleich Mann und Weib ſein ſoll, iſt ein Monſtrum. Unter den Pompejaniſchen Bildern finden wir auch manche Hermaphroditen, aber doch auch eines, worin der Ekel der geſunden Natur vor ſolchem zweideutigen Ideal treffend dargeſtellt iſt, Musée secret, pl. 13., p. 68. Ein

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/428>, abgerufen am 22.11.2024.