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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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stattfinden sollte, widerspricht demnach der Grundgestalt und
macht sie häßlich. Wird z. B. ein Schaaf mit acht Füßen
geboren, so ist diese Verdoppelung der ihm nothwendigen
Anzahl eine Monstrosität und Häßlichkeit.

Eben die genaue, von Innen sich entwickelnde Maa߬
bestimmtheit der Thiergestalt hat auch zur Folge, daß jedes
Glied seine normale, im sogenannten Balancement der Organe
liegende Größe hat und daß also, wenn dieselbe über dies
Maaß hinaus vergrößert oder verkleinert wird, ein Mißver¬
hältniß sich erzeugt, das nothwendig häßlicher Art ist. Solche
Uebervergrößerung oder Ueberverkleinerung ist jedoch in der
Regel schon Folge von Krankheit, deren Ursprung auch eine
erbliche, aus der Tiefe des eigensten Lebens sich entwickelnde
Anlage sein kann. Die Verbildung kann schon im Ei, im
Samen, im Uterus, während der Fötalperiode beginnen.
Krankheit zerstört den Organismus erst partiell, endlich
total und mit dieser Zerstörung ist durchschnittlich Entfärbung
und Verunstaltung verbunden. Je schöner das Thier seinem
Begriff nach ist, um so häßlicher wird dann der Anblick
seiner verkümmerten, vermagerten, verschwollenen, verfahlten,
wohl gar mit Geschwüren bedeckten Gestalt. Das Pferd ist
unstreitig das schönste Thier, allein eben deshalb ist es auch
dasjenige, welches krank, veraltert, mit Triefaugen, mit
Hängebauch, mit vorstehenden Knochen, mit sich durchzeich¬
nenden Rippen, mit stellenweiser Enthaarung, einen überaus
widrigen Anblick gewährt.

Aus dem Bisherigen ergibt sich, daß die Häßlichkeit
der Thiergestalt, sei es daß wir sie als eine ursprüngliche
oder als eine durch Zufall und Krankheit entstandene antreffen,
für uns hinreichend erklärlich ist und daß wir nicht, wie
Daub in seinem Judas Ischarioth (12), die Hypothese von

ſtattfinden ſollte, widerſpricht demnach der Grundgeſtalt und
macht ſie häßlich. Wird z. B. ein Schaaf mit acht Füßen
geboren, ſo iſt dieſe Verdoppelung der ihm nothwendigen
Anzahl eine Monſtroſität und Häßlichkeit.

Eben die genaue, von Innen ſich entwickelnde Maa߬
beſtimmtheit der Thiergeſtalt hat auch zur Folge, daß jedes
Glied ſeine normale, im ſogenannten Balancement der Organe
liegende Größe hat und daß alſo, wenn dieſelbe über dies
Maaß hinaus vergrößert oder verkleinert wird, ein Mißver¬
hältniß ſich erzeugt, das nothwendig häßlicher Art iſt. Solche
Uebervergrößerung oder Ueberverkleinerung iſt jedoch in der
Regel ſchon Folge von Krankheit, deren Urſprung auch eine
erbliche, aus der Tiefe des eigenſten Lebens ſich entwickelnde
Anlage ſein kann. Die Verbildung kann ſchon im Ei, im
Samen, im Uterus, während der Fötalperiode beginnen.
Krankheit zerſtört den Organismus erſt partiell, endlich
total und mit dieſer Zerſtörung iſt durchſchnittlich Entfärbung
und Verunſtaltung verbunden. Je ſchöner das Thier ſeinem
Begriff nach iſt, um ſo häßlicher wird dann der Anblick
ſeiner verkümmerten, vermagerten, verſchwollenen, verfahlten,
wohl gar mit Geſchwüren bedeckten Geſtalt. Das Pferd iſt
unſtreitig das ſchönſte Thier, allein eben deshalb iſt es auch
dasjenige, welches krank, veraltert, mit Triefaugen, mit
Hängebauch, mit vorſtehenden Knochen, mit ſich durchzeich¬
nenden Rippen, mit ſtellenweiſer Enthaarung, einen überaus
widrigen Anblick gewährt.

Aus dem Bisherigen ergibt ſich, daß die Häßlichkeit
der Thiergeſtalt, ſei es daß wir ſie als eine urſprüngliche
oder als eine durch Zufall und Krankheit entſtandene antreffen,
für uns hinreichend erklärlich iſt und daß wir nicht, wie
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[24/0046] ſtattfinden ſollte, widerſpricht demnach der Grundgeſtalt und macht ſie häßlich. Wird z. B. ein Schaaf mit acht Füßen geboren, ſo iſt dieſe Verdoppelung der ihm nothwendigen Anzahl eine Monſtroſität und Häßlichkeit. Eben die genaue, von Innen ſich entwickelnde Maa߬ beſtimmtheit der Thiergeſtalt hat auch zur Folge, daß jedes Glied ſeine normale, im ſogenannten Balancement der Organe liegende Größe hat und daß alſo, wenn dieſelbe über dies Maaß hinaus vergrößert oder verkleinert wird, ein Mißver¬ hältniß ſich erzeugt, das nothwendig häßlicher Art iſt. Solche Uebervergrößerung oder Ueberverkleinerung iſt jedoch in der Regel ſchon Folge von Krankheit, deren Urſprung auch eine erbliche, aus der Tiefe des eigenſten Lebens ſich entwickelnde Anlage ſein kann. Die Verbildung kann ſchon im Ei, im Samen, im Uterus, während der Fötalperiode beginnen. Krankheit zerſtört den Organismus erſt partiell, endlich total und mit dieſer Zerſtörung iſt durchſchnittlich Entfärbung und Verunſtaltung verbunden. Je ſchöner das Thier ſeinem Begriff nach iſt, um ſo häßlicher wird dann der Anblick ſeiner verkümmerten, vermagerten, verſchwollenen, verfahlten, wohl gar mit Geſchwüren bedeckten Geſtalt. Das Pferd iſt unſtreitig das ſchönſte Thier, allein eben deshalb iſt es auch dasjenige, welches krank, veraltert, mit Triefaugen, mit Hängebauch, mit vorſtehenden Knochen, mit ſich durchzeich¬ nenden Rippen, mit ſtellenweiſer Enthaarung, einen überaus widrigen Anblick gewährt. Aus dem Bisherigen ergibt ſich, daß die Häßlichkeit der Thiergeſtalt, ſei es daß wir ſie als eine urſprüngliche oder als eine durch Zufall und Krankheit entſtandene antreffen, für uns hinreichend erklärlich iſt und daß wir nicht, wie Daub in ſeinem Judas Iſcharioth (12), die Hypotheſe von

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/46>, abgerufen am 21.11.2024.